Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 86 St. Stephani 1584

Beschreibung

Orgel. Inschrift A am Rückpositiv. Holz. Bei Restaurierungsarbeiten im Jahre 1975 unter alten Farbschichten zutage getreten1). Der über die Emporenbrüstung gebaute Prospekt des Rückpositivs gegliedert durch drei Türme, deren beiden äußere von einem Giebel, der mittlere von der Figur eines Trompeters bekrönt wird. Die beiden zwischen den Türmen befindlichen Teile eingezogen und niedriger. Unter deren Brüstungsgesims in den beiden Feldern rechts und links des mittleren Turms die gemalte Inschrift A. Nach den vorgefundenen Farbresten in Rot auf grauem Grund restauriert. Die Ziffern der Inschrift sind je zwei und zwei von runden Klammern und einem Punkt auf der Zeilenmitte eingerahmt. Inschrift B ist von Böhmer 1710 ohne Angabe des Anbringungsortes überliefert2). Nach Inhalt und Umfang ist sie wahrscheinlich an dem im Laufe der Jahrhunderte mehrfach veränderten Hauptgehäuse der Orgel angebracht gewesen.

Inschrift B nach Böhmer.

Maße: Ziffern: ca. 7 cm (A).

  1. A

    · 1 5 · // · 8 4 ·

  2. B †

    Principis auspiciis posito squalore papatus relligio nostros incolit alma lares at quae cura piae plebis quae cura senatus crescat vt acceptae relligionis honos hoc opus ostendit sumptu quod diuite structum laetificat mundum laetificatque Deum Organa qui fieri mandas operosa Redemptor organa nos regni Christe fac esse tui f(ecit) M(agister) Henricus Meibomius

Übersetzung:

Nachdem unter der glücklichen Führung unseres Fürsten der papistische Unrat abgelegt worden ist, bewohnt der segenspendende (neue) Glaube unsere Häuser. Was aber dem frommen Volk, was dem Rat am Herzen liegt, daß nämlich die Ehre der empfangenen Religion wachse, das zeigt dieses Werk, das mit großem Aufwand erbaut ist und sowohl die Welt als auch Gott ergötzt. Der du, Erlöser, uns aufträgst, kunstreiche Instrumente zu bauen, mach uns, Christus, zu Instrumenten deiner Königsherrschaft! Magister Heinrich Meibom hat dies gedichtet. (B)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Kommentar

Der Verfasser von Inschrift B, Heinrich Meibom d. Ä. (1555–1625)3), erwarb 1580 den Magistergrad an der Universität Helmstedt und wurde 1583 ebenda zum Professor für Dichtkunst und Geschichte ernannt. Ein Beleg dafür, daß er auch nach 1583 seine Gedichte weiterhin nur mit dem Magistertitel, wie in Inschrift B, unterzeichnet, hat sich nicht finden lassen. Das Gedicht dürfte also zwischen 1580 und 1583 verfaßt sein, eben um die Zeit, als sich auch die Orgelempore in der Planung bzw. im Bau befand (vgl. Nr. 87). Die gesamte Baumaßnahme diente der repräsentativen Umgestaltung der Stadtkirche St. Stephani auch zur Universitätskirche. Anders als bei der Empore Nr. 87 scheinen allerdings hier nach dem Wortlaut des Meibomschen Gedichtes Gemeinde und Rat der Stadt (plebs, senatus) für die Finanzierung aufgekommen zu sein. Neben dem Hinweis auf den heiligen Zweck der Orgel gehört die Nennung des Stifters zu den Bestandteilen Meibomscher Orgelinschriften4).

Anmerkungen

  1. Dazu E. Bittcher, Orgelbauer an St. Stephani. In: Festschrift St. Stephani Helmstedt – Orgelweihe: 25. Mai 1975 – 825-Jahr-Feier: 1. Juni 1975. (Hg. vom Kirchenvorstand St. Stephani, Helmstedt 1975, ohne Seitenzahl).
  2. Böhmer, Inscriptiones, S. 27 hat sie durch den Zusatz DISTICHA ORGANIS QVAE VOCANT musicis inscripta als Orgelinschrift gekennzeichnet. Die von Querner überlieferte Inschrift dürfte nach dem gleichen Zusatz, gleicher Zeichensetzung und Orthographie nur eine Abschrift von Böhmer sein, so daß Querner als Zeuge für das Vorhandensein der Inschrift noch um 1850 kaum in Frage kommt.
  3. Zu ihm NDB 16, 1990, S. 629f.
  4. So in der Inschrift für die Orgel des Klosters Mariental, Landkreis Helmstedt. Erstveröffentlichung durch Meibom in: Ders., Parodiarum Horatianarum libri duo. Item sylvarum libri duo, Helmstedt 1588, dort sylvarum liber primus, S. 29. Zur Marientaler Inschrift vgl. Wehking/Wulf, Inschriften und Graffiti, Nr. 36. Eine Veröffentlichung der Orgelinschrift von St. Stephani durch Meibom läßt sich nicht nachweisen.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 27.
  2. Querner 2 (nach Böhmer?).

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 86 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0008606.