Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 61: Stadt Helmstedt (2005)
Nr. 9 St. Marienberg M. 14. Jh.
Beschreibung
Margaretenbehang II. Leinen- und Seidenstickerei auf Leinen1). Zusammengesetzt aus Einzelstücken, bietet er nicht den ursprünglichen Zustand. Im oberen breiteren Teil werden in drei Registern mit jeweils vier gleich großen Quadraten Szenen aus dem Leben der heiligen Margareta von Antiochia erzählt2). Bündig nach unten sind links zwei Streifen einer schmaleren Randborte angenäht, rechts anschließend weitere drei Register zu je zwei Feldern mit Bildern aus der Margaretenlegende. Die Inschrift befindet sich auf den Randborten, buchstabenweise verteilt in Blütenkreise. Auf dem linken Randbortenstreifen sind die Buchstaben um 90° gedreht und von außen zu lesen, auf dem rechten sind sie senkrecht angeordnet. Die jetzige Folge der Margaretenbilder: 1. Reihe: 1. Margareta vor Olibrius; 2. Olibrius und Margareta, dazwischen Götzenbild; 3. Margareta im Turm, davor Mann mit Ast (?); 4. Margareta vor Olibrius. 2. Reihe: 1. Die gekreuzigte Margareta wird mit Haken zerfleischt; 2. Margareta im Turm, davor Theotimus und die Amme; 3. Marterung der gekreuzigten Margareta; 4. Margareta mit Schwert über Teufel in Drachengestalt. 3. Reihe: 1. Enthauptung der vier von Margareta Bekehrten; 2. Margareta vor Olibrius; 3. Margareta liegend vor Henker mit Schwert; 4. Ein Beter vor ihrem Sarg. 4. Reihe: 1. Olibrius und Margareta; 2. Margareta kniet vor männlicher Figur. 5. Reihe: 1. Geißelung; 2. Margareta im Turm, davor vier Frauen. 6. Reihe: 1. Margareta vor Olibrius; 2. Olibrius verhört die von Margareta Bekehrten. Eine annähernd sinnvolle Chronologie der Ereignisse ergibt sich, wenn man die unteren drei Register (4–6) samt dem sie unmittelbar begleitenden Bortenstreifen links neben die oberen drei Register setzt und die jetzt äußere linke Randborte als oberen Abschluß nimmt3). In diesem vermutlich ursprünglichen Zustand stehen alle Buchstaben senkrecht; von der Inschrift ist der Anfang auf der oberen Längs- und der linken Schmalseite erhalten. Figurenbuchstaben, gestickt, in jeweils fast gleicher Kolorierung grün, hellblau, rot, braun, goldgelb, mattgelb, weiß auf naturfarben bräunlichem Grund, braun konturiert.
Maße: H.: 192 cm; B.: 125 cm; Bu.: 9,5–10,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel, als Tierversalien gestaltet.
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M A Ma) // A M A Mb)
Textkritischer Apparat
- In der Fortsetzung ist A M A M A verlorengegangen. Der Verlust an der ursprünglich gegenüberliegenden Unterkante beträgt A M A M A M A M.
- Auf der ursprünglich gegenüberliegenden Schmalseite ist M A M A verlorengegangen.
Anmerkungen
- Zu Materialien, Farben und Technik vgl. Kroos, Bildstickereien, S. 133. Ausführliche Beschreibung bei Römer, Paramente, S. 28ff.
- Zur Legende und ihrer Verarbeitung vgl. Nr. 7, Anm. 2.
- Vgl. die rekonstruierende Photomontage bei Römer, Paramente, S. 28.
- UB Marienberg, Nr. 495.
- Kroos, wie Anm. 1.
- Kroos, Bildstickereien, S. 78.
- Vgl. DI 35 (Stadt Braunschweig I), Nr. 290 A M A M A M A (für AVE MARIA).
- Kroos, Bildstickereien, S. 53.
- DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 123.
Nachweise
- Meier, Kunstdenkmäler, S. 46.
- A. Fink, Niederdeutsche Kunst des Mittelalters. Kunsthefte des Herzog Anton Ulrich-Museums 3, 1948, S. 16.
- Kroos, Bildstickereien, S. 133.
- Römer, Paramente, S. 30 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 9 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0000906.
Kommentar
Der hl. Margareta war ein Altar in der Kirche geweiht4). Der Behang, nach den Maßen und der Form, die sich bei seiner Rekonstruktion ergeben, als Antependium anzusehen5), ist in vielen Motiven nach dem Vorbild des älteren Helmstedter Margaretenbehanges Nr. 7 gearbeitet. Aus stilkritischen Gründen und nach Details der Gewandmode datiert ihn Kroos in die Mitte des 14. Jahrhunderts6). Die zentrale Taufszene mit Namengebung bzw. -inschrift ist aus dem insgesamt umfangreicheren Margaretenbehang Nr. 7 nicht übernommen worden. Die Heiligenkennzeichnung durch die Initialen M A liegt hier auf dem Randstreifen. Die verwendeten Initialen lassen auf ein großes Vertrauen in die Bekanntheit der bezeichneten Heiligen schließen. M A hier ist vergleichbar dem für Maria verwendeten Kürzel M7). Die Margaretenverehrung hatte nicht nur in St. Marienberg einen besonderen Platz, Kroos führt aus dem niedersächsischen Bereich weitere vier Margaretenbehänge auf, zwei in Braunschweig, je einen in Hildesheim und Goslar8). Davon verzichten drei ganz auf eine Kennzeichnung der Heiligen, nur der Hildesheimer trägt Namenbeischriften. Diese Inschriften teilen mit denen des Helmstedter Antependiums das Prinzip der Wiederholung: Dreizehnmal, durch unterschiedliche Buchstabenfolge variiert, erscheint der Name der Heiligen auf dem Hildesheimer Antependium9).