Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 489† St. Stephani 1758

Beschreibung

Grabschrift des Lorenz Heister. Der Text gehört zu der auf Seite 26f. der Einleitung vorgestellten Gruppe von Grabschriften, deren inschriftliche Ausführung nicht bezeugt ist, aber nach den Überlieferungsumständen mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Der Standort St. Stephani geht aus den Titelangaben der Leichenpredigt hervor1).

Inschrift nach Cm 64.

  1. D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRVM) HIC SITAE SVNT EXVVIAE INCOMPARABILIS MEDICI LAVRENTII HEISTERI QVI EXCELLENTIBVS MERITIS QVIBVS SALVTEM VITAMQVE HVMANAM IVVIT SIBI IMMORTALITATEM PEPERIT DVAS ORNAVIT ACADEMIAS ORBEM ERVDITVM ILLVSTRAVIT VIXIT ANNOS LXXIV MENS(ES) VII OBIIT D(IE) XVIII APRIL(IS) MDCCLVIII E CONIVGIO EVAE MARIAE HILDEBRANDIAE SED PRAEMORTVAE DECEM LIBERORVM PATER SVPERSTITES RELIQVIT DVAS FILIAS NEPOTES VI PATRI ET AVO B(ENE) D(E) S(E) M(ERITO) FAMILIA MOESTISSIMA HOC MONVM(ENTVM) F(IERI) C(VRAVIT)

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Größten, geweiht. Hier ist die sterbliche Hülle des unvergleichlichen Arztes Lorenz Heister beigesetzt, der sich durch seine hervorragenden Verdienste um die Gesundheit und das Leben der Menschen Unsterblichkeit verschafft hat. Zweier Universitäten Zierde war er und ein Glanzlicht der gelehrten Welt. Er lebte vierundsiebzig Jahre und sieben Monate und starb am 18. April 1758. Aus seiner Ehe mit der allzu früh verstorbenen Eva Maria Hildebrand war er Vater von zehn Kindern und hinterließ zwei überlebende Töchter sowie sechs Enkel. Dem um sie hoch verdienten Vater und Großvater ließ die tieftraurige Familie dieses Denkmal errichten.

Kommentar

Lorenz Heister war einer der bedeutendsten deutschen Ärzte des 18. Jahrhunderts. Der in Frankfurt/Main am 19. September 1683 geborene Heister2) erwarb sich als Feldmedikus in Flandern während des Spanischen Erbfolgekrieges reiche praktische Erfahrung in Chirurgie und Anatomie. Die Erkenntnisse aus dieser Zeit flossen ein in seine späteren Publikationen3) und seine Lehrtätigkeit an zwei – wie von der Inschrift erwähnt – Universitäten, Altdorf seit 1710 und Helmstedt seit 1720. Die Universität Helmstedt verdankt Heister u. a. die Einrichtung eines neuen, größeren botanischen Gartens (vgl. Nrr. 474 und 483). Die in der Inschrift genannte, bereits 1749 verstorbene4) Eva Maria Hildebrand, mit der sich Heister am 17. Mai 1712 vermählte, war die Tochter des Altdorfer Professors der Pandekten Heinrich Hildebrand. Heister wurde über seine Tochter Sophia Maria Großvater des späteren Professors der Medizin in Göttingen, Lorenz (von) Crell (vgl. Nr. 482). Er selbst hatte 1734 einem Ruf auf die erste medizinische Professur an der neugegründete Universität Göttingen auf Intervention seines Landesherrn nicht Folge leisten können5).

Ein Porträt Heisters hängt im Juleum (Nr. 524).

Anmerkungen

  1. A. C. Mehlbaum, Bey dem .. Leichenbegängnisse des .. Lorenz Heister .. Dessen .. Leichnam am 4ten May auf dem St. Stephani Kirchhof in Helmstädt eingesenket ward, Helmstedt o. J. (1758).
  2. Lebensdaten in NDB 8, S. 458. Vgl. auch Triebs, Medizinische Fakultät, S. 52f. und Ahrens, Lehrkräfte, S. 108f.
  3. Das in NDB 8, S. 458 genannte Werkverzeichnis von 1751 hat 1758 eine fortgeschriebene Neuausgabe erfahren, abgedruckt bei Mehlbaum, wie Anm. 1, S. 108–120.
  4. Mehlbaum, wie Anm. 1, S. 45. Das Folgende ebenda, S. 37.
  5. Mehlbaum, wie Anm. 1, S. 41.

Nachweise

  1. Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 64, Trauerschriften L. Heister, letzter Beitrag.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 489† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0048904.