Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 459 Holzberg 14, Kreishandwerkerschaft 1728 u. später, 1780

Beschreibung

Pokal der Bäckergilde, Deckel vom Pokal der Schustergesellenbruderschaft1). Zinn. Auf dreifach gewulstetem und profiliertem Fuß über kurzem, balusterförmigem Schaft Korpus, bestehend aus kurzem, zylindrischem Mittelteil zwischen zwei fast kugelförmigen Wulsten unten und oben. Diese jeweils von Ring eingefaßt. Darauf oben acht Löwenköpfe im Relief. Der gewulstete Deckel nach seinem Durchmesser nicht ursprünglich zu dem Pokal passend. Darauf Krieger mit Standarte in der Linken (verloren, moderner Ersatz) und Schild in Form des Ledersymbols vor den Füßen. Inschriften A–C als Umschriften am Pokal, A fünfzeilig im zylindrischen Mittelteil, Inschrift B vierzeilig am unteren Wulst oberhalb des Ringes, Inschrift C dreizeilig ebenda unterhalb des Ringes, Inschrift D auf dem Deckel am Schild. Zwischen den Teilen der Jahreszahl ebenda Handwerksembleme: Hammer, Draht und Kelle. Inschriften graviert, teilweise konturiert. Als Worttrenner werden neben Kreuzen und unterschiedlich hohen Punkten Doppel- und Dreierpunkte sowie kleine Pfeile verwendet2).

Maße: H.: 51 cm; Dm.: 15,3 cm (Fuß); Bu.: 0,3–0,5 cm (A, C), 0,3–1 cm (B), 0,5–0,8 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Sabine Wehking [1/6]

  1. A

    DER BECKER GILDE · WILLKOMM . JOHANN . BARDTOLDT . SCHIMPFF · ALTMEISTER 1728 . / SIMONN THOMAS HELMUHT · ALTMEISTER · ANDREAS KRULL . GESCHWORNER . THOMAS WERNER · / CHRISTOPH MÜLLER3) . GESCHWORNER . JUST HEINRICH PETRI · JOHANN JULIUS . RODEWALDT · / HARMEN HEINRICH HELMUHT JOHANN JULIUS LEONHARDT · LUDEWIG ULRICH · HEINRICH WOLTER · / CHRISTOPH JOACHIM MÜLLER · JOHANN CHRISTOPH WERNER · JOHANN CHRISTOPH HELMUHT ·

  2. B

    · JOHANN · CONRADT · BECKMANN · JOHANN · CONRADT · HELMUHT4) · JOHANN · CHRISTOPH · MÜLLER · VALENTIN MATTIAS WILCKE / · JOHANN JULIUS · WERNER · JOHANN · FRIEDERICH . WUNDERLING . CASPAR . WILHELM · HELMHTa) · · FRANS : BARTOLDT · HELMUHT / · JOHANN · BARTOHLDT · SCHIMPFF · HEINRICH · DANIEL · HELMUHT · RUDOLPF · HEINRICH · PETRI · / · JOHANN : HEINRICH : TRAUTE · JOHANN : GOTTFRIEDT : KRULL · JOHANN : FRIEDERICH : MÜLLER ·

  3. C

    · GEORG . LUDEWIEG . WITTENBERG . JOHANN . CHRISTOPH . JACOB . J(OHANN) . B(ERNHARD) . OPPERMANN5) . G(EORG) . W(ILHELM) . BRAUNSSCHWEIGER b)6) . JOHANN · LORENTZ · MÜLLER / J · C · WILLCKE7) . J(OHANN) . G(EORG) . WITTENBERG8) · J(OHANN) . A(NDREAS) . A(BEL) . WOGE9) · MULLER10) . ANDREAS . CHRISTOPH . BECKMANN11) . JOHANN . ANDREAS . LEHRMANN . / GEORG . JACOB . WUNDERLING . IULIUS . RICHART . CHRISTOPH . VAHRENKAMPH · JOHANN . CHRISTOPH . FRIEDERICH . WERNER ·

  4. D

    CHRJSTOFFEL . / KOCH . ALT . GESEL . c) / LUDEWJG . BRAUER / JUNG GESEL / 17 // 80

Kommentar

Inschrift A ist nach dem einheitlichen Schriftbild und der planmäßigen Aufteilung des Textes über den vorhandenen Raum in einem Stück ausgeführt worden. Die Inschriften B und C weisen verschiedene Buchstabengrößen und -formen auf. Hier sind mehrere Hände am Werk gewesen, d. h. die Namen sind sukzessive eingetragen worden. Anders als in A ist in B und C kein Zeilenbeginn vorgegeben. Kapitales I trägt in allen drei Inschriften einen Punkt, dazu in Inschrift B mehr oder weniger ausgeprägt drei Balken nach links. Die NN-Ligatur wird fast durchgängig bis zum Ende von C angewendet. Die ermittelbaren Lebensdaten der einundvierzig eingetragenen Gildemitglieder bestätigen den Eindruck der Schriftanordnung, daß Inschrift A aus dem Jahre 1728 in den Einträgen der Inschriften B und C in späteren Jahren fortgeschrieben wurde. Die ermittelbaren biographischen Eckdaten der vierzehn Meister der Inschrift A – 1666/1705–1734/1758 (frühestes/spätestes Geburts- bzw. Todesjahr) – liegen eine Generation vor denen der Inschrift B – 1690/1728–1750/1807 – und fast zwei Generationen vor den entsprechenden aus Inschrift C – 1708/1744–1772/1811. Konkret zeigt sich dies in etlichen Vater-Sohnnennungen12). Fragt man nach der absoluten Datierung, so sind die drei ersten Zeilen der Inschrift B vor 1752 ausgeführt, da der in der vierten Zeile genannte Johann Heinrich Traute in diesem Jahr verstorben ist13). Die beiden ersten Zeilen von Inschrift C müssen entsprechend vor 1772 gearbeitet sein, dem Todesjahr des in der dritten und letzten Zeile genannten Julius Richard Christoph Vahrenkamph14).

Die in Inschrift D genannten Personen auf dem nicht ursprünglich dazugehörigen Deckel lassen sich nicht eindeutig identifizieren15).

Textkritischer Apparat

  1. HELMHT] Fehlerhaft für HELMUHT.
  2. BRAUNSSCHWEIGER] U in Form von retrogradem N.
  3. KOCH . ALT . GESEL] Befund: ALT . KOCH . GESEL .

Anmerkungen

  1. So zugewiesen von Wiswe, Zinngießerei, S. 65.
  2. Unter dem Fuß zweimal Helmstedter Beschauzeichen (gekreuzte Abtsstäbe) und gestempelt I C P über Löwe, die Marke mit den Initialen des Helmstedter Zinngießers Johann Conrad Preuße. Zu ihm vgl. Wiswe, Zinngießerei, S. 64f.
  3. Sein Name auch in der Hausinschrift Nr. 478.
  4. Sein Name auch auf der Lade der Bäckergilde Nr. 494.
  5. Der Name des Johann Bernhard Oppermann auch auf dem Kelch Nr. 514.
  6. Georg Wilhelm Braunschweiger (1722–1776), Honigkuchen- und Weißbäcker, Schaper, Bürgerbuch 1, S. 128.
  7. J. C. Willcke ließ sich nicht identifizieren.
  8. Johann Georg Wittenberg (Bürger 1759), Bäckermeister, Schaper, Bürgerbuch 5, S. 1237.
  9. Johann Andreas Abel Woge (1744–1794), Bäckermeister, Schaper, Häuserbuch 1,1, S. 6.
  10. Das alleinstehende MULLER gibt möglicherweise ein zusätzliches Gewerbe des Johann Andreas Abel Woge an.
  11. Sein Name auch auf der Lade der Bäckergilde Nr. 494.
  12. So ist z. B. Johann Julius Werner aus Inschrift B Sohn des Thomas Werner aus Inschrift A, vgl. Schaper, Bürgerbuch 5, S. 1201. Heinrich Daniel Helmuht aus Inschrift B ist Sohn des Harmen Heinrich Helmuht aus Inschrift A, vgl. Schaper, Bürgerbuch 2, S. 427f. Andreas Christoph Beckmann aus Inschrift C ist Sohn des Johann Conrad Beckmann aus Inschrift B, vgl. Schaper, Bürgerbuch 1, S. 35. Georg Jacob Wunderling aus Inschrift C ist Sohn des Johann Friedrich Wunderling aus Inschrift B, vgl. Schaper, Bürgerbuch 5, S. 1257.
  13. Schaper, Bürgerbuch 4, S. 1125.
  14. Schaper, Bürgerbuch 1, S. 263 unter Fahrenkamp.
  15. Der von Wiswe vorgeschlagene Johann Christoph Koch, 1750–59 Eigentümer von Langer Steinweg 13, kommt als Schuhmachermeister nicht für den Pokaldeckel von 1780 in Frage. Zu ihm Schaper, Bürgerbuch 3, S. 559.

Nachweise

  1. Wiswe, Zinngießerei, S. 65 (A teilweise, D, Abb.).
  2. Pieper, Chronik, S. 48 (A teilweise, Abb.).

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 459 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0045906.