Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 434 Am Ludgerihof 8–10 1710 o. später

Beschreibung

Fenster- und Türstürze. Sandstein. Das sie tragende Gebäude gehörte früher zum Wirtschaftshof des Klosters St. Ludgeri. Im östlichen Teil befand sich ehemals der Schweinestall, im westlichen Wohnräume, vermutlich für den Schweinehirten. Das Kellergewölbe bot Vorratsraum. Inschrift A bis 1989 im Obergeschoß an Fenstersturz im Osten, jetzt über modernem Eingangstor im Osten. Inschriften B und C am wohl originalen Platz in den Stürzen der beiden Fenster westlich davon. Ebenfalls wohl am ursprünglichen Anbringungsort die Inschriften D, F–H und J–K: D über Fenster des Obergeschosses mit inhaltlicher Fortsetzung in den Inschriften E (verschollen), F (Fenster Erdgeschoß), G (früher Kellereingang) und H (Haustür), jeweils nach Westen fortschreitend. Darüber im Obergeschoß an den drei Fensterstürzen die Inschriften I, J und K. Inschriften eingehauen in vertieftem Feld.

Inschrift E nach Behrends.

Maße: Bu.: 6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Sabine Wehking [1/8]

  1. A

    SALVATORa) HOMINUM ET IUMENTORUM

  2. B

    CONTAGIOSA LUE PRAESERVA

  3. C

    HUNC PORCORUM GREGEM

  4. D

    SCITOTEb) GREX GRUNNIENTIUM

  5. E †

    DE MANU VESTRA REQUIRETUR

  6. F

    DILECTUSc) INTRODUCAT TE

  7. G

    IN CELLAM AROMATUM1) .

  8. H

    AC INCOLATUS PROLONGETUR2)

  9. I

    DOMINUS DET INCOLIS

  10. J

    SANITATEM VITAM ET

  11. K

    LARGAM [BENEDIC]TIONEM3)

Übersetzung:

Erlöser der Menschen und Tiere, (A)

bewahre vor ansteckender Pest (B)

diese Schweineherde! (C)

Wisse, du Herde der grunzenden Schweine, (D)

aus eurer Schar wird eingefordert werden! (E)

Kritische Auswahl soll dich hineinbringen (F)

in den Gewürzkeller (G)

und deine Verweilzeit soll sich verlängern. (H)

Der Herr gebe den Bewohnern (I)

Gesundheit, Leben und (J)

reichen Segen! (K)

Kommentar

Das Gebäude lehnt sich im Osten rechtwinklig an den 1710 erbauten Rinderstall (Nr. 345) und wird nach Westen fortgesetzt durch den Schafstall von 1712 (Nr. 441). Danach dürfte es zwischen 1710 und 1712 erbaut sein. Der Erbauer, Propst Robert Verbockhorst (vgl. Nr. 428), verwendet in den Inschriften neben den traditionellen Formen Gebet (A–C) und Hausbenediktion (I–K) auch die direkte Ansprache an die Bewohner, die Schweine (D–H), sein wohl originellster Beitrag zu den Inschriften der Klostergebäude. Bemerkenswert ist die Anrufung im Gebet der Inschrift A, SALVATOR HOMINUM ET IUMENTORUM. Mit SALVATOR scheinen auch die Tiere einbezogen zu werden in das Erlösungswerk Christi. Ziel des Gebets ist indes deren leibliche Unversehrtheit zum Vorteil des Beters.

Textkritischer Apparat

  1. SALVATOR] Servator falsche Lesart bei Behrends, S. 226.
  2. SCITOTE] SOETOTE falsche Lesart bei Henze, S. 90.
  3. DILECTUS] Nach DI Querstrich auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Nach Is. 39,2 ostendit eis cellam aromatum.
  2. Nach Ps. (G) 119,5 heu mihi quia incolatus meus prolongatus est.
  3. Nach Sir. 34,20 dans sanitatem vitam et benedictionem.

Nachweise

  1. Behrends, Diplomatarium, S. 226.
  2. Henze, Inschriften Ludgeri, S. 88ff. (A–D, F–K, Abb. zu A–C).
  3. Kapp, Kunstinventar Ludgeri, Bau- und Datierungsinschriften, S. 35.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 434 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0043402.