Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 410† St. Stephani 1705

Beschreibung

Grabdenkmal Georg Engelbrechts d. Ä. Nach Böhmer befand es sich 1710 unter den Steinen im nördlichen Teil des Friedhofes, in enger Nachbarschaft zu weiteren Grabdenkmälern der Familie Engelbrecht1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. D(eo) o(ptimo) m(aximo) s(acrum) perennique memoriae GEORGII ENGELBRECHTI I(uris)c(onsul)ti ingenio iudicio doctrina et rerum vsu excellentissimi academiae Senioris cod(icis) P(rofessoris) p(ublici) o(rdinarii) ordinis sui antecessoris primarii Ser(enissimorum) ac pot(entissimorum) Duc(um) Brunsu(icensium) ac Luneb(urgensium) consiliarii qui illustribus parentibus Hildesiae a(nno) MDCXXXVIII a(nte) d(iem) IIII Mart(ii) prognatus ab ineunte aetate laudatissimis maiorum vestigiis insistens omnes cultioris doctrinae opes collegit vt vnam sciret honeste viuere alterum non laedere suum cuique tribuere2) quam per integros 35 annos sempiterna academiae gloria tot praestantium ingeniorum vberrimo emolumento consiliis doctrina et scriptis illustrauit pietate prudentia candore Deo principibus et bonis omnibus3) carus et aestimatus triplici matrimonio felix a(nno) MDCCV a(nte) d(iem) XXIIII Aug(usti) aet(atis) LXVII placide in Christo obdormiuit viuendo consequutus ne inuitus moreretur Barbara Catharina Vlneria vidua marito et parenti optimo et VI e IX superstites liberi m(onumentum) h(oc) m(oestissimi) p(osuerunt)

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Größten, geweiht und dem immerwährenden Andenken an den Rechtsgelehrten Georg Engelbrecht, der sich auszeichnete durch Begabung, Urteilskraft, Gelehrsamkeit und praktische Erfahrung. Er war Senior der Universität, öffentlicher ordentlicher Professor des Codex, seiner Fakultät Erster Rechtslehrer und Rat der durchlauchtigsten und großmächtigsten Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg. Als Kind vornehmer Eltern wurde er in Hildesheim im Jahre 1638 am 4. März geboren, folgte von früher Jugend an den außerordentlich ruhmvollen Spuren seiner Vorfahren und sammelte dazu allen Reichtum einer gepflegteren Bildung, um eine zu praktizieren: ehrenhaft zu leben, seinen Nächsten nicht zu verletzen und jedem das Seine zukommen zu lassen. Diese Bildung legte er volle fünfunddreißig Jahre zu immerdauerndem Ruhm der Universität und überreichem Nutzen so vieler talentierter Menschen in Beratung, Lehre und in seinen Schriften an den Tag. Um seiner Frömmigkeit, Klugheit und Lauterkeit willen Gott, den Fürsten und allen Redlichen lieb und wert, in dreimaliger Ehe glücklich verheiratet, entschlief er im Jahre 1705 am 24. August im Alter von siebenundsechzig Jahren sanft in Christus, wobei er es lebend erreicht hatte, zum Sterben bereit zu sein. Barbara Catharina Ulner als Witwe ließ dem besten Gatten, sechs überlebende von neun Kindern ließen dem besten Vater in tiefster Trauer dieses Denkmal setzen.

Kommentar

Georg Engelbrecht d. Ä., am 4. März 16384) als Sohn von Arnold Engelbrecht, Kanzler des Herzogs Georg von Braunschweig-Calenberg, in Hildesheim, der damaligen Residenzstadt des Fürstentums Calenberg, geboren, begann seine akademische Karriere am 31. März 1669 in Helmstedt als außerordentlicher Professor der Rechtswissenschaft, wurde noch im gleichen Jahr zum Doktor der Rechte promoviert und bekam am 3. Juni 1672 die Professur der Institutionen übertragen. Der in der Inschrift angegebenen Zahl von fünfunddreißig Arbeitsjahren liegt also keine exakte Berechnung zugrunde. Im Jahre 16885) ernannte ihn Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg (Celle) zu seinem Rat.

Von den in der Inschrift genannten neun Kindern stammen sechs aus seiner ersten Ehe mit Margarethe Schrader (vgl. Nr. 268). Dazu gehören u. a. der spätere Professor der Rechtswissenschaft Georg Engelbrecht d. J. (vgl. die Grabschriften seiner Familie Nrr. 438 und 440) und ein frühverstorbenes Geschwisterpaar (vgl. Nr. 262).

Seine zweite Frau Catharina Hedwig Titius (vgl. Nr. 281) verstarb kurz nach der Geburt ihres einzigen Kindes Anna Margarethe, der späteren Ehefrau des Professors der griechischen Sprache Christoph Heinrich Ritmeier (vgl. die Grabschriften ihrer Kinder Nrr. 386 und 407).

Die das Grabdenkmal setzende dritte Ehefrau Barbara Catharina, Tochter des Hessen-Darmstädtischen Hofrates Christoph Helferich Ulner, gebar zwei Söhne, von denen der jüngere, Christoph Johannes Conrad, wie sein Vater und sein Halbbruder Georg Professor der Rechtswissenschaft in Helmstedt wurde6).

Auf die Mitwirkung Georg Engelbrechts d. Ä. bei der Renovierung des Juleums im Jahre 1695 weist Inschrift Nr. 77 hin.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 262, Anm. 1.
  2. Nach Cicero, De officiis 1,5,15 und öfter tribuendo suum cuique und Ulpian in: Corpus iuris civilis, Digesten 1,1,10 Iuris praecepta sunt haec honeste vivere alterum non laedere suum cuique tribuere. Das Zitat findet sich abgewandelt in Nr. 169 und vollständig und wörtlich in einer Hausinschrift von 1596 in Osterwieck, vgl. C. Prater, Hausinschriften in Osterwieck, Harz-Zeitschrift 41/42, 1990, S. 73.
  3. Zu bonis omnibus vgl. S. 37f. der Einleitung.
  4. Lebensdaten nach F. Weise, Gedächtnis=Predigt welche .. bei .. Georg Engelbrechts .. Beerdigung .. gehalten worden, Helmstedt o. J. Vgl. auch Kundert, Katalog, S. 131 und Ahrens, Lehrkräfte, S. 71f.
  5. Weise, wie Anm. 4. J. C. Böhmer, Programma honori et memoriae .. Georgii Engelbrechti, o. O. und J., gibt dafür das Jahr 1682 an.
  6. Zu ihm vgl. Kundert, Katalog, S. 131.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 80f.
  2. Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 62, Trauerschriften G. Engelbrecht, letzter Beitrag.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 410† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0041002.