Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 385 St. Stephani 1702

Beschreibung

Epitaph der Anna Sophia Schmerheim. Sandstein. Außen an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs. Von Böhmer 1710 unter den Steinen an den Außenmauern der Kirche gesehen1). Meier erwähnt das Epitaph 1896 nicht. Die Verstorbene ist an der Seite ihrer beiden Ehemänner Johannes Mehlbaum (Nr. 187) und Gebhard Theodor Meier (Nr. 325) beigesetzt2). Hochrechteckige Platte mit von Rankenwerk eingefaßtem, halbrundem, mehrfach ausgebuchtetem Aufbau. Darin oben ein, darunter zwei Vollwappen, mit den erhaben ausgehauenen Beischriften A–C jeweils auf Band unter dem Wappen. Unter dem Aufbau verläuft die eingehauene Inschrift D.

Maße: H.: 258 cm; B.: 120 cm; Bu.: 3,5 cm (A–C), 4–5,5 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien und Minuskel-q.

Sabine Wehking [1/1]

  1. A

    A(NNA) S(OPHIA) S(CHMERHEIMIA)

  2. B

    J(OHANNES) M(EHLBOMIUS) J(URIS) U(TRIUSQUE) D(OCTOR)

  3. C

    G(EBHARDUS) T(HEODORUS) M(EJERUS) S(ACRO)S(ANCTAE) T(HEOLOGIAE) D(OCTOR)

  4. D

    D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRUM) / MEMORIAEq(ue) SEMPITERNAE / FEMINAE INCOMPARABILIS / ANNAE SOPHIAE SCHMERHEIMIAE / HONORATIS PARENTIBUS / HENRICO SCHMERHEIMIO J(URIS) U(TRIUSQUE) D(OCTORE) & IN HAC ACAD(EMIA) PROF(ESSORE) O(RDINARIO) / POSTEA A CONSILIIS REGIMINIS ET CANCELLARIAE GUELPH(ICAE) / ET ELISABETHA RADEMANNIA NATAE. / NUPSIT PRIMUM / JOHANNI MEHLBOMIO J(URIS) U(TRIUSQUE) D(OCTORI) ET IN A(CADEMIA) JULIA PROF(ESSORI) O(RDINARIO) / DICAST(ERII) GUELPH(ICI) ASSESS(ORI) QVO MDCLVI FATIS RAPTO / AD SECUNDA VOTA MDCLXI TRANSIIT CUM / GEBH(ARDO) THEOD(ORO) MEJERO S(ACRO)S(ANCTAE) TH(EOLOGIAE) D(OCTORE) & S(ACRARUM) ANT(IQUITATUM) JN A(CADEMIA) JUL(IA) P(ROFESSORE) O(RDINARIO) / ET HOC EX VIVIS SUBLATO ANNOS IX VIDUOS ITA EXEGIT / UT EXEMPLUM ESSET MATRONARUM / A QVA VIRTUS VIRTUTEM DISCERE POTUISSET3). / TANDEM / QVOD TOTIES EXOPTAVERAT LENI & PLACIDA MORTE / DORMIENTI SIMILIS EXSPIRAVIT / NATA HELMST(ADII) MDCXXI D(IE) XV AUG(USTI) / MATER FACTA LIBER(ORUM) XI. AVIA XI. PROAVIA IV. LIBER(ORUM) / DEN(ATA) MDCCII. D(IE) XVII JUN(II) VIX(IT)a) ANNOS LXXX. M(ENSES) X. D(IES) II. / PIETATIS & HONORIS ERGO MATRI OPTUMAE / SEX LIBERI SUPERSTITES M(ONUMENTUM) H(OC) F(IERI) F(ECERUNT)

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Größten, geweiht und dem immerwährenden Andenken an die unvergleichliche Frau Anna Sophia Schmerheim, Tochter hochachtbarer Eltern, des Heinrich Schmerheim, Doktors beider Rechte und ordentlichen Professors an dieser Universität, später welfischen Regierungs- und Kanzleirats, und der Elisabeth Rademann. Zuerst vermählte sie sich mit Johannes Mehlbaum, Doktor beider Rechte, ordentlichem Professor an der Academia Julia und Assessor am welfischen Gericht. Nachdem jenen das Schicksal 1656 dahingerafft hatte, ging sie 1661 eine zweite Verbindung ein mit Gebhard Theodor Meier, Doktor der hochheiligen Theologie und ordentlichem Professor der Kirchengeschichte an der Academia Julia. Als dieser aus der Mitte der Lebenden gerissen worden war, lebte sie neun Jahre als Witwe in einer Weise, daß sie ein Beispiel abgab für eine Frau, von der die Tugend selbst hätte Tugend lernen können. Endlich geschah, was sie sich so oft gewünscht hatte, sie verschied einer Schlafenden ähnlich eines sanften und friedlichen Todes. Geboren in Helmstedt 1621 am 15. August, war sie elfmal Mutter, elfmal Großmutter und viermal Urgroßmutter geworden. Gestorben 1702 am 17. Juni, hat sie achtzig Jahre, zehn Monate und zwei Tage gelebt. Aus kindlicher Liebe und um sie zu ehren haben die sechs hinterbliebenen Kinder der besten Mutter dieses Denkmal errichten lassen. (D)

Wappen:
Anna Sophia Schmerheim4), Johannes Mehlbaum5), Gebhard Theodor Meier6)

Kommentar

Inschrift D dokumentiert detailliert und sachlich korrekt ein Epochen überspannendes Frauenleben im Zentrum der Universität. Anna Sophie Schmerheim wurde auf hiesiger Julius-Universität geboren7) als Tochter des Professors und späteren ständigen Beraters von Herzog August dem Jüngeren, Dr. iur. Heinrich Schmerheim8), und der Elisabeth Rademan, Tochter eines Patriziers aus Frankfurt/Oder. Ihre Großmutter mütterlicherseits war eine Tochter des Universitätsquästors Johannes Molinus (vgl. Nr. 82). Die in der Inschrift genannten sechs hinterbliebenen Kinder entstammen der ersten Ehe der Verstorbenen, die sie mit dem Professor der Rechtswissenschaft Johannes Mehlbaum (vgl. Nr. 187) am 26. Juli 1642, dem Promotionstag des Bräutigams, einging. Nach dessen Tod heiratete die vierzigjährige Witwe, Mutter von sechs Kindern und Erbin des Hauses Schuhstraße 269), den zwölf Jahre jüngeren Professor der Theologie Gebhard Theodor Meier (vgl. Nr. 325). Die Hochzeit fand wiederum am Tag der feierlichen Promotion des Bräutigams, dem 25. Juni 1661, statt. Die beiden in dieser Ehe geborenen Töchter sind früh verstorben.

Textkritischer Apparat

  1. VIX(IT)] Auf dem Stein statt X ein V, das auf dem Kopf steht.

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 30 MONVMENTA LAPIDESQVE parietibus templi externis adfixi mit S. 44.
  2. Vgl. Programma in funere .. Annae Sophiae Schmerheimiae, Helmstedt o. J. corpus .. mandabitur terrae .. ad latus utriusque mariti componendum.
  3. Vgl. Programma in funere, wie Anm. 2, erat (sc. Anna Sophia Schmerheim) .. exemplum matronarum a qua virtutem potuisset discere virtus.
  4. Wappen Anna Sophia Schmerheim, verheiratete Mehlbaum: im Schild gekreuzte Äste, Helmzier ebenso.
  5. Wappen Johannes Mehlbaum: im Schild gekreuzte Äste, Helmzier Baum.
  6. Wappen Gebhard Theodor Meier: männliche Figur mit Ährenbündel in der Rechten und Sense in der Linken.
  7. So F. Weise, An der .. Annen Sophien Meierin, gebohrenen Schmerheims .. Beerdigungstage, Helmstedt o. J. Von dort auch, soweit nicht anders vermerkt, die übrigen Lebensdaten.
  8. Zu ihm Kundert, Katalog, S. 145.
  9. Schaper, Häuserbuch 1,3, S. 161.

Nachweise

  1. Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 62, Trauerschriften A. S. Schmerheim, letzter Beitrag (D).
  2. Böhmer, Inscriptiones, S. 44 (D).

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 385 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0038504.