Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 342† St. Stephani 1697

Beschreibung

Grabdenkmal des Andreas Barward Seiden. Es wird von Böhmer 1710 unter den Steinen im südlichen Teil des Friedhofes aufgeführt1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. Sta lector dole & mirare sub hac vrna sitae sunt exuuiae ANDREAE BARWARDI SEIDEN natus hic est Hildesiae VIII Martii 1672 Werneri & Andreae mercatorum ambo filius et nepos qui Deo et litteris viuens horas pietate dies studiis annos virtutibus mensus est iactis in schola patria solidae eruditionis fundamentis Hallense primum gymnasium deinde academiam Ienensem lustrauit ibique quatuor et quod excurrit annos commoratus illam tandem cum Iulia nostra hanc cum caelesti commutauit academia Iuuenis modestia gratia morum pietate insignis philosoph(iae) philolog(iae) theologicarumque rerum peritia vltra aetatem clarus saecula viuere dignus Ast abiit non obiit praemissus non amissus2) modo viator nunc comprehensor3) denatus Helmstad(ii) MDCXCVII die VIII mensis Februarii Monumentum hoc filio poni curauit moestissima mater

Übersetzung:

Verweile, Leser, trauere und staune! Unter dieser Urne sind die sterblichen Überreste von Andreas Barward Seiden beigesetzt. Geboren ist dieser in Hildesheim am 8. März 1672 als Sohn und Enkel von Werner und Andreas, beide Kaufleute. In einem Leben für Gott und die Wissenschaften durchmaß er seine Stunden mit Gebet, seine Tage mit Studieren, seine Jahre mit praktiziertem Anstand. Nachdem ihm in seiner heimischen Schule die Grundlagen für eine solide Bildung gelegt worden waren, besuchte er zuerst das Gymnasium in Halle, dann die Universität Jena, blieb dort vier Jahre und etwas mehr, tauschte dann jene mit unserer Julia und diese mit der himmlischen Akademie, ein Jüngling, ungewöhnlich bescheiden, von angenehmem Benehmen und gottesfürchtig, über sein Alter hinaus glänzend in Philosophie, Philologie und den theologischen Dingen, würdig, Jahrhunderte zu leben. Aber er ist weggegangen, doch nicht vergangen, vorangeschickt, nicht verloren, eben noch (suchend) auf Wanderschaft, nun (am Ziel, nämlich) der unmittelbaren Gottesanschauung teilhaftig, gestorben in Helmstedt 1697 am 8. Februar. Dieses Denkmal ließ die tieftraurige Mutter für ihren Sohn setzen.

Kommentar

Andreas Barward Seiden dürfte nach der Lage seines Grabes ein Verwandter des gleichfalls aus Hildesheim stammenden Helmstedter Bürgermeisters Richard Seiden (vgl. Nr. 398)4) gewesen sein. Er wurde am 28. April 1692 in Jena und gut vier Jahre später am 18. Juni 1696 in Helmstedt immatrikuliert5).

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 112 LAPIDES SEPVLCHRALES in parte coemiterii posteriore mit S. 125f.
  2. Die lateinischen Wortspiele lassen sich im Deutschen nicht nachahmen.
  3. Rückgriff auf die mittelalterliche Antithese viatorcomprehensor bei Albertus Magnus u. a., vgl. Mittellateinisches Wörterbuch, Bd. 2, Sp. 1111, 2f., 66ff.
  4. Nach der Inschriftenfolge bei Böhmer, Inscriptiones, S. 125ff. wurden beide Gräber nur getrennt durch Nr. 356.
  5. Matrikel Jena, Bd. 2, S. 758; Matrikel Helmstedt, Bd. 3, S. 43.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 125f.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 342† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0034209.