Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 325† St. Stephani 1693

Beschreibung

Grabdenkmal des Gebhard Theodor Meier. Es wurde von Böhmer 1710 unter den Steinen im südlichen Teil des Friedhofes zusammen mit dem des Johannes Mehlbaum Nr. 187 gesehen1). Meier und Mehlbaum waren unmittelbar neben beider Ehefrau Anna Sophia Schmerheim (vgl. Nr. 385) beigesetzt2).

Inschrift nach Böhmer.

  1. Aeternaturae3) memoriae b(eati)a) GEBHARDI THEODORI MEIERI Doctoris et professoris theologi Erat ille vir inculpatae vitae vtilitatis proximi quam suae studiosior in antiquitatum ecclesiasticarum peritia dubium an scientia morali atque politica praestantior Qui per XL fere annos studiosam iuuentutem in hac academia erudiuit et spartam professoriam cum aliis lautioribus muneribus commutare numquam voluit ratus professorem profitentem mori oportere4) natus Hannouerae anno MDCXXXIII XVI Maii obiit Helmstadii XXII Decemb(ris) a(nn)o MDCXCIII sortitus facilem exitum qualem semper optauerat Hoc triste honoris et amoris monumentum desideratissimo coniugi suo moestissima vidua Anna Sophia Schmerheimia poni curauit

Übersetzung:

Dem verewigenden Andenken an den seligen Gebhard Theodor Meier, Doktor und Theologieprofessor. Jener war ein Mann von unbescholtener Lebensweise, mehr bemüht um den Vorteil seines Nächsten als um den eigenen, ein Gelehrter, bei dem zweifelhaft war, ob er in der Kenntnis der Kirchenaltertümer oder in Moralphilosophie und politischer Wissenschaft hervorragender war. Er erzog fast vierzig Jahre lang die studentische Jugend an dieser Universität und wollte niemals seinen Lehrberuf mit anderen, üppigeren Ämtern vertauschen, denn er war der Meinung, daß ein akademischer Lehrer auch als Lehrender sterben müsse. Geboren in Hannover im Jahre 1633 am 16. Mai, starb er in Helmstedt am 22. Dezember im Jahre 1693, beglückt durch einen leichten Tod, wie er sich ihn immer gewünscht hatte. Dieses armselige Denkmal der Ehrung und Liebe ließ ihrem schmerzlichst vermißten Gatten die tieftraurige Witwe Anna Sophia Schmerheim setzen.

Kommentar

Gebhard Theodor Meier, Sohn des Jacob Meier5), Apotheker in Hannover, und der Ilsa Bockelman, Tochter eines Ratskämmerers in Celle, kam nach Medizin- und Theologiestudien in Wittenberg 1653 nach Helmstedt, erwarb 1654 den Magistergrad und begann in verschiedenen philosophischen Fächern zu lesen und Übungen abzuhalten. Diesen Zeitpunkt legt die Inschrift zugrunde, wenn sie seine Lehrtätigkeit mit fast vierzig Jahren angibt. Seit November 1660 außerordentlicher Professor für Moraltheologie, wurde Meier am 25. Juni 1661 zum Doktor der Theologie promoviert und erhielt 1665 eine Berufung zum ordentlichen Professor mit dem Schwerpunkt Kirchengeschichte. Eine Würdigung seines thematisch breit angelegten literarischen Nachlasses6), der auch Schriften zur Universitätsgeschichte enthält, steht noch aus. Als Beispiel für die in der Inschrift erwähnten lautiora munera nennt die Leichenpredigt einen Ruf auf den gutdotierten Abtsstuhl des Klosters Berge bei Magdeburg im Jahre 1686. Ihn habe Meier abgelehnt und seitdem die in der Inschrift zitierte Devise als Stammbuchspruch verwendet. Verheiratet war Meier seit dem 25. Juni 1661, dem Tag seiner feierlichen Promotion, mit der um zwölf Jahre älteren Anna Sophia Schmerheim (vgl. Nr. 385). Als Frau des Professors Johannes Mehlbaum war Anna Sophie Schmerheim bereits 1653 Meiers Tischwirtin gewesen, als Meier im ersten Jahr seines Helmstedter Aufenthaltes bei Mehlbaum seine Mahlzeiten eingenommen hatte. Die beiden Kinder aus dieser Ehe sind früh verstorben. Die von Meier mit großgezogenen sechs Kinder aus der ersten Ehe seiner Frau werden in der Inschrift nicht als trauernde Hinterbliebene genannt.

Textkritischer Apparat

  1. b(eati ) ] Böhmer, B Cm 62, D Chrysander.

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 112 unter den LAPIDES SEPVLCHRALES in parte coemiterii posteriore aufgeführt.
  2. Vgl. Programma in funere .. Annae Sophiae Schmerheimiae, Helmstedt o. J. corpus .. mandabitur terrae .. ad latus utriusque mariti componendum.
  3. Das seltene aeternare wohl nach Horaz, Carmen 4,14,5, dort gesagt über die ruhmvollen Taten des Augustus.
  4. professorem profitentem mori oportet von Meier nach 1686 (vgl. dazu Kommentar) bevorzugter Stammbucheintrag, vgl. J. Ritmeier, Bey der Beerdigung Des .. Gebhard Theodor Meiers, Helmstedt 1694. Die gleiche Bemerkung auch in der Abdankungsrede, angebunden an J. Ritmeier, a. a. O. Sein beständiger Wundsch war, daß wie ein tapfferer Soldat streitend, also auch Er als ein rechtschaffener Professor, lehrend und in seinem Beruff dieses flüchtige Leben beschließen möchte.
  5. Lebensdaten nach Ritmeier, wie Anm. 4. Vgl. auch Ahrens, Lehrkräfte, S. 157f.
  6. Jöcher, Gelehrten-Lexicon, Fortsetzung Rotermund, Bd. 4, Sp. 1211–1213 zählt 23 Titel auf.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 112.
  2. Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 62, Trauerschriften G. T. Meier, letzter Beitrag.
  3. Koch bei Meier, Monumenta Julia.
  4. Chrysander, Diptycha, S. 200.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 325† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0032508.