Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 322† St. Stephani 1693

Beschreibung

Grabdenkmal des Johannes Balthasar Heinemann. Es wird von Böhmer 1710 unter den Steinen im südlichen Teil des Friedhofes aufgeführt1).

Inschriften nach Böhmer.

  1. A

    D(eo) o(ptimo) m(aximo) s(acrum) Hoc tumulo molliter quiescunt exuuiae eximii & multae heu quondam spei iuuenis IOANNIS BALTHASARIS HEINEMANNI qui natus M(agistro) Conrado Christophoro Heinemanno ecclesiast(a) Hannou(erano) et Anna Dorothea Wideburgia dum praestantes ingenii dotes in illustri Iulia ad publicos ecclesiae vsus optimis artibus litteris scientiis perficere studet amicus laboris hostis otii pietatis industriae modestiae laudibus bonorum omnium2) fauorem abunde promeritus in pleno cursu ad edita doctrinae sapientum templa serena iuuenis XX ann(orum) legis annariae venia diuinitus impetrata3) ad summa virtutum brabea euocatus academiam cum caelo commutauit parentibus ingens desiderium aequalibus haut vulgare vitae innocenter actae exemplum relinquens Natus Brunsuig(ae) a(d) d(iem) V Iun(ii) a(nno) MDCLXXIII denatus Helmstad(ii) a(d) d(iem) X Febr(uarii) a(nno) MDCXCIII fil(io) cariss(imo) parent(es) moestiss(imi) contra vota h(oc) m(onumentum) p(oni) f(ecerunt)

  2. B

    ΟΝ Ο ΘΕΟΣ ΦΙΛΕΙ ΑΠΟΘΝΗΣΚΕΙ ΝΕΟΣ4)

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Größten, geweiht. Unter diesem Hügel ruht sanft die sterbliche Hülle des einzigartigen und vormals ach zu großer Hoffnung berechtigenden Jünglings Johannes Balthasar Heinemann. Geboren als Sohn des Magisters Conrad Christoph Heinemann, Predigers in Hannover, und der Anna Dorothea Wideburg, vertauschte er die Universität mit dem Himmel, während er seine herausragenden Geistesgaben auf der berühmten Julia zum öffentlichen Dienst in der Kirche durch ein Studium der schönen Künste, der Literatur und der Wissenschaften vollkommen ausbilden wollte, ein Freund des Arbeitens, ein Gegner des Müßigganges, dem in Anerkennung seiner Frömmigkeit, seines Fleißes und seiner Bescheidenheit die Zuneigung aller Redlichen verdientermaßen reichlich zuteil wurde. Mitten im vollen Anlauf auf die Gipfel der Wissenschaft, in die heiteren Bereiche der Weisen, wurde er, ein Jüngling von zwanzig Jahren, aufgerufen zum Empfang der höchsten Ehrenpreise für seine Tugenden, nachdem er nach Gottes Willen eine Befreiung von der lex annaria erlangt hatte. Er hinterließ seinen Eltern eine große Sehnsucht nach sich und den Altersgenossen das nicht eben verbreitete Beispiel eines Lebens frei von Schuld. Geboren ist er in Braunschweig am 5. Juni im Jahre 1673, verstorben in Helmstedt am 10. Februar 1693. Für ihren herzliebsten Sohn ließen die tieftraurigen Eltern dieses Denkmal gegen ihren Willen setzen. (A)

Wen Gott liebt, der stirbt jung. (B)

Kommentar

Die biographischen Daten der Inschrift werden durch das dem Verstorbenen gewidmete Funeralprogramm bestätigt5). Johannes Balthasar Heinemann begann sein Studium in Helmstedt am 16. Juli 16916). Sein Vater wirkte als Pastor an der Marktkirche in Hannover. Über seine Mutter, die in der Inschrift genannte Anna Dorothea Wideburg, war der Verstorbene Neffe zweier Helmstedter Professoren, des Heinrich Wideburg (vgl. Nr. 338) und des Christoph Tobias Wideburg (vgl. Nr. 77). Im Hause Heinrichs lebte er und infizierte sich mit Fleckfieber – eine im 17. Jahrhundert verbreitete Todesursache7).

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 112 LAPIDES SEPVLCHRALES in parte coemiterii posteriore mit S. 134f.
  2. Zu bonorum omnium vgl. S. 37f. der Einleitung.
  3. Gemeint ist, daß ihm Bestimmungen der römischen leges annariae bzw. annnales von Gott erlassen worden sind, wonach ein Mindestalter für ein staatliches Ehrenamt, hier im übertragenen Sinn für den Tod, erreicht sein mußte.
  4. Nach Menander, Fragmente 125. Die breite Rezeption des Zitates belegt bei J. M. Edmonds, The Fragments of Attic Comedy, Bd. 3b, Leiden 1961, S. 596. Die Inschrift bedient sich der christlichen Variante θεός statt des οἱ θεoί.
  5. Programma in exequiis .. Joh. Balthasaris Heinemanni, Helmstedt 1693.
  6. Matrikel Helmstedt, Bd. 3, S. 25.
  7. Vgl. Nr. 205.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 134f.
  2. Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 368, H. Wideburg, Ad .. C. C. Heinemannum .. filium .. lugentem epistola, Helmstedt 1693, letztes Blatt.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 322† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0032207.