Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 241 St. Stephani 1671

Beschreibung

Epitaph des Georg Werner und seiner Ehefrau Anna Elisabeth Kreitz. Sandstein. Außen an der Ostwand des nördlichen Seitenschiffes. An der Kirchenaußenwand auch 1710 von Böhmer1) und 1896 von Meier2) gesehen. Hochrechteckige Schrifttafel über Sockel mit Totenkopf auf gekreuzten Knochen. Im giebelartigen, von Voluten gerahmten Aufbau zwei Vollwappen, an den Seiten unter Engelskopf Fratze und Voluten. Inschrift eingehauen.

Maße: H.: 290 cm; B.: 160 cm; Bu.: 3–5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Herbert Rohm, Helmstedt [1/1]

  1. D(EO). O(PTIMO). M(AXIMO). S(ACRUM). / SUB. HOC. SAXO. RESURRE/CTIONEM. EXSPECTAT. / GEORGIUS. WERNER. U(TRIUSQUE). I(URIS). D(OCTOR). / EIUSDEMQ(UE). IN. ACAD(EMIA). IULIA. PER. ANNOS. XXV. PROF(ESSOR). / PUBL(ICUS). ORD(INARIUS). ET. DICAST(ERII). GUELPHICI. ADSESSOR. / NATUS. BOPHINGAE. IN SVEVIA. ANN(O). MDCVIII. D(IE). VII. AUG(USTI). / CUM. DEO. PRINCIPI. COLLEGIS. CLIENTIB(US). AMICIS. OMNIBUS. / BENE. VIXISSET. PER. ANNOS. LXIII. MENS(EM). I. D(IES). XXII. / IUSTITIAE. SACERDOS3). / MORTUUS. EST. MORTE. IUSTORUM4). / ANNO. MDCLXXI. D(IE). XXIX. SEPT(EMBRIS). / GELIDUM. CORPUS. HEIC. IUNCTUM. EST. EXSANGVI. LATERI. / CONIUGIS. QVONDAM. EXOPTATISSIMAE. / ANNAE. ELISABETHAE. CREIZIAE. / QUAE SOLLINGAE. NATA. ANNO. MDCXIX. D(IE). XXIV. IUN(II). / POSTEA. XI. LIBERORUM. MATER. FELICISSIMA. / PIETATIS. CASTITATIS. FIDEI. ET. INDUSTRIAE. / EXEMPLAR. ESSE. MERUIT. / ANNOS. XLVIa). NONDUM. EXPLEVERAT. CUM ANN(O). MDCLXIII / DIE. XI. MARTII. SIBI. SERO. MARITO. LIBERISQ(UE). / PRAEMATURE. QUOD. MORTALE. FUIT. HEIC. DEPONERET. / SED. BREVI. EX TENEBRIS. IN LUCEb). EX SQUALORE. / IN. CLARITATE. EX. CINERIBUS. IN. GLORIA. RESURGENT. / ITA. VISUM. EST. DEO. / UT. QUI. AD. IUSTITIAM. ERUDIUNT. MULTOS. SPLENDEANT / QUASI. SPLENDOR. FIRMAMENTI. ET. QUASI. STELLAE. / IN. PERPETUAS. AETERNITATES5). / PARENTIB(US). BENEMERENT(I)SS(IMIS)c). / MOESTI. FILII. FILIAEQUE. POS(UERUNT).

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Größten, geweiht. Unter diesem Stein erwartet Georg Werner die Auferstehung, Doktor beider Rechte, des gleichen Faches öffentlicher ordentlicher Professor an der Academia Julia fünfundzwanzig Jahre hindurch und Assessor am welfischen Gericht. Geboren in Böpfingen in Schwaben im Jahre 1608 am 7. August, starb er den Tod der Gerechten im Jahre 1671 am 29. September, nachdem er Gott, dem Fürsten, den Kollegen, Klienten und allen Freunden wohlgefällig dreiundsechzig Jahre, einen Monat und zweiundzwanzig Tage gelebt hatte, ein Priester der Gerechtigkeit. Sein erkalteter Leib liegt hier vereint mit dem Leichnam der einst inniggeliebten Gattin Anna Elisabeth Kreitz, die in Söllingen im Jahre 1619 am 24. Juni geboren ist, später die allerglücklichste Mutter von elf Kindern wurde und es verdient hat, ein Muster an Frömmigkeit, Keuschheit, Treue und Fleiß genannt zu werden. Sie hatte das 44. Lebensjahr noch nicht vollendet, als sie im Jahre 1663 am 11. März für sich zu spät, für den Gatten und die Kinder viel zu früh, hier ablegte, was sterblich an ihr war. Aber in Bälde werden sie auferstehen aus Finsternis in Licht, aus Schmutz in Reinheit, aus Asche in Herrlichkeit. So hat es Gott für richtig befunden, daß die, welche viele zur Gerechtigkeit erziehen, leuchten sollen wie der Glanz des Himmelsgewölbes und wie die Sterne ohne Ende in alle Ewigkeit. Den hochverdienten Eltern setzten die trauernden Söhne und Töchter (dieses Denkmal).

Wappen:
Werner6), Kreitz7)

Kommentar

Georg Werner8), Sohn eines Tuchhändlers aus Böpfingen, kam nach Studien in Wittenberg 1638 als Hofmeister zweier Adliger nach Helmstedt und disputierte, um den Doktortitel zu erwerben, am 24. September 16409) unter dem Adoptivvater seiner späteren Frau Anna Elisabeth Kreitz, dem Juristen Johannes Thomas Cludius (vgl. Nr. 159). Seine Dienstzeit als akademischer Lehrer – fünfundzwanzig Jahre – berechnet die Inschrift vom Antritt der außerordentlichen Professur im Jahre 1646 an. 1647 wurde Werner zum Assessor am Hofgericht bestellt. 1650 bekam er den Lehrstuhl der Institutionen übertragen. Es folgte die Professur für kanonisches Recht und Feudalrecht. Die ihm zuletzt zugewiesene Codexprofessur hat er wegen Krankheit nicht mehr ausüben können. Am 25. Januar 1642 hatte Werner Anna Elisabeth Kreitz10), leibliche Tochter des Georg Kreitz (vgl. Nr. 200) geheiratet. Sie war mit eineinhalb Jahren von der Schwester ihrer Mutter, Elisabeth Keidel und deren Ehemann Johannes Thomas Cludius (s. o.) adoptiert worden. Von den elf Kindern des Ehepaares Werner/Kreitz lebten beim Tode des Vaters noch zehn.

Textkritischer Apparat

  1. XLVI] Für XLIV.
  2. IN LUCE] Fehlt bei Koch.
  3. Auf dem Stein: BENEMERENTTSS.

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 30 MONVMENTA LAPIDESQVE parietibus templi externis adfixi mit S. 37.
  2. Meier, Kunstdenkmäler, S. 71.
  3. IUSTITIAE SACERDOS nach römischen Inschriften, vgl. ThLL 7,2, Sp. 715, Z. 75f.
  4. MORTE IUSTORUM Nm. 23,10.
  5. Nach Dn. 12,3 qui autem docti fuerint fulgebunt quasi splendor firmamenti et qui ad iustitiam erudiunt multos quasi stellae in perpetuas aeternitates.
  6. Wappen Werner: Bär?
  7. Wappen Kreitz: Schnecke.
  8. Lebensdaten bei H. Koch, Bey .. Begräbnis Des .. Georgii Werneri, Helmstedt 1672.
  9. Kundert, Katalog, S. 320. Die Titelverleihung erfolgte erst am 9. September 1647, vgl. ebenda, S. 148.
  10. Deren Lebensdaten bei B. Cellarius, Bey .. Begräbnis Der .. Annen Elisabeth Creitzen, Helmstedt 1664.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 37.
  2. Koch bei Meier, Monumenta Julia.
  3. Henze, Helmstedt, S. 45ff.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 241 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0024107.