Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 61: Stadt Helmstedt (2005)
Nr. 240† St. Stephani 1671
Beschreibung
Grabdenkmal des Balthasar Cellarius. Nach Böhmer befand es sich 1710 zusammen mit vier weiteren der Familie Cellarius im nördlichen Teil des Friedhofes direkt beim Hauptportal der Kirche1).
Inschrift nach Böhmer.
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Christo Seruatori sacrum BALTHASAR CELLARIVS s(acro)s(anctae) theol(ogiae) Doctor profess(or) publicus Superintendens ecclesiae Helmstad(iensis) generalis Abbas Marienthalensis designatus Vir antiqua virtute et fide2) prudentia et dexteritate singulari qui toto vitae suae tempore Deum sincere coluit viduas orphanos et egenos solatio consilio aere iuuit ita vixit semper ita docuit vt voce et vita instrueret veri pastoris rarissimum exemplum carus inde omnibus bonis3) ecclesiae et academiae decus post magna in hanc et illam merita humanae vitae fabula peracta4) animo non turbato plenus cui vixerat Deo terram relinquens mortuus hic depositus est anno Christi MDCLXXI aetatis suae LVII Elisabetha Gesenia cum liberis septem relicta luctus et desiderii plena marito optime de se suisque merito tenero amore et memori pietate h(oc) m(onumentum) p(oni) c(urauit) Animae desideratae in aeternum sit benea)
Übersetzung:
Christus, dem Erretter, geweiht. Balthasar Cellarius, Doktor der hochheiligen Theologie, öffentlicher Professor, Generalsuperintendent der Helmstedter Kirche, designierter Abt des Klosters Mariental, ein Mann „von alter Treu und Redlichkeit“, einzigartiger Klugheit und Gewandtheit, der die ganze Zeit seines Lebens Gott aufrichtig diente, Witwen, Waisen und Bedürftigen mit Trost, Rat und Geld zur Seite stand, lebte und lehrte stets so, daß er durch sein Wort und Leben ein höchst seltenes Beispiel des wahren Hirten abgab. Deswegen allen Redlichen lieb und wert, Zierde der Kirche und der Universität, spielte er nach großen Verdiensten um beide Institutionen seine Rolle in der Komödie des menschlichen Lebens zu Ende, verließ die Erde gelassenen Gemütes, von Gott, dem er gelebt hatte, erfüllt, und wurde hier nach seinem Tode beigesetzt im Jahre Christi 1671 im siebenundfünfzigsten Lebensjahr. Elisabeth Gesenius, zurückgelassen mit sieben Kindern, voll Trauer und Sehnsucht, ließ dem um sie und die Seinen hochverdienten Gatten in zärtlicher Liebe und erinnerungsvoller Verbundenheit dieses Denkmal setzen. Möge es der geliebten Seele in Ewigkeit gut ergehen!
Textkritischer Apparat
- Koch überliefert zu Balthasar Cellarius folgenden Grabschrifttext: D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRUM) QUIESCIT SUB HOC SAXO BALTHASAR CELLARIUS S(ACRO)S(ANCTAE) THEOL(OGIAE) DOCT(OR) EIUSDEMq(ue) IN ILLUSTRI IULIA PROFESSOR PRIMARIUS ECCLES(IARUM) HELMSTAD(IENSIUM) PAST(OR) ET VICINARUM SUPERINTENDENS GENERALIS NEC NON COENOBII MARIAEVALLENSIS ABBAS DESIGNATUS VIR VITAE INTEGRITATE RELIGIONIS ZELO ET PRUDENTIAE LAUDE ADMIRABILIS NATUS ROTLEBIAE IN COMIT(ATU) SCHWARZB(URGICO) D(IE) X. OCTOB(RIS) A(NNO) MDCXIV POST EXHAUSTOS VARIOS UTRIUSq(ue) MUNERIS LABORES DENATUS D(IE) XV SEPT(EMBRIS) MDCLXXI ECCLESIAM ET ACADEMIAM OMNESq(ue) BONOS PRAEMATURO OBITU VEHEMENTER CONTRISTAVIT PARENTI OPTIME DE SE MERITO LIBERI SUPERSTITES H(OC) M(ONUMENTUM) P(ONI)C(URA-VERUNT) (Gott, dem Besten und Größten, geweiht. Es ruht unter diesem Stein Balthasar Cellarius, Doktor der hochheiligen Theologie und deren Professor primarius an der berühmten Julia, Pastor der Helmstedter und Generalsuperintendent der benachbarten Kirchen sowie designierter Abt des Klosters Mariental, ein Mann, bewundernswert um seines rechtschaffenen Lebens, seines Religionseifers und um des Ruhms seiner Klugheit willen. Geboren in Rottleben in der Grafschaft Schwarzburg am 10. Oktober im Jahre 1614, verstorben am 15. September 1671, nachdem er die mannigfachen Mühseligkeiten beider Ämter bis zum Ende ertragen hatte. Er stimmte mit seinem vorzeitigen Tod Kirche, Universität und alle Redlichen außerordentlich traurig. Dem um sie hoch verdienten Vater ließen die hinterbliebenen Kinder dieses Denkmals setzen.) Welcher von beiden Inschriftensammlern hier eine literarische Fassung oder einen nicht ausgeführten Entwurf mitteilt, kann nicht mit Sicherheit entschieden werden. Die Möglichkeit, daß für Balthasar Cellarius neben einer beschrifteten Grabplatte auch ein Epitaph mit einer zweiten Inschrift errichtet worden ist, scheidet nach Böhmers Angaben zur Beisetzungsstätte der Familie Cellarius und nach den in beiden Texten verwendeten Formeln aus. Auffällig ist, daß in Kochs Version nicht die Witwe Elisabeth Gesenius als Hinterbliebene genannt ist. Angesichts der außerordentlichen Bekanntheit der Familien Cellarius und Gesenius (vgl. Nr. 382) ist es schwer vorstellbar, daß der von Koch mitgeteilte Text, der aus welchem Grund auch immer den Namen der Elisabeth Gesenius verschweigt, auf dem Grabdenkmal des Balthasar Cellarius als offizielle Grabinschrift der Familie zu lesen war.
Anmerkungen
- Vgl. Nr. 196, Anm. 1.
- Vir antiqua virtute et fide formelhaft, vgl. Nr. 243 mit Anm. 2.
- Zu omnibus bonis vgl. S. 37f. der Einleitung.
- humanae vitae fabula peracta nach Cicero, Cato 64.
- Lebensdaten nach J. Ritmeier, Bey der Beerdigung Des .. Balthasaris Cellarii, Helmstedt 1672. Vgl. auch Ahrens, Lehrkräfte, S. 48f.
- Vgl. Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 1, S. 106.
Nachweise
- Böhmer, Inscriptiones, S. 46f.
- Koch bei Meier, Monumenta Julia.
- Chrysander, Ministri, S. 11f.
- Chrysander, Diptycha, S. 151f.
Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 240† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0024000.
Kommentar
Balthasar Cellarius, geboren am 10. Oktober 16145) als Sohn eines Pastors in Rottleben, Kyffhäuserkreis, hatte 1636 in Jena den Magistergrad erworben und hörte von 1642 bis 1644 theologische Vorlesungen bei Calixt in Helmstedt. Nach einer Predigertätigkeit in Braunschweig wirkte er von 16486) bis zu seinem Tode am 15. September 1671 als Generalsuperintendent und Professor der Theologie in Helmstedt. Sein früher Tod verhinderte die Realisierung der ihm zugesprochenen und in der Inschrift erwähnten Exspektanz auf die Prälatur des Klosters Mariental. Verheiratet war Cellarius seit 1648 mit Elisabeth Gesenius (vgl. Nr. 382), mit der er zehn Kinder hatte. Sieben davon lebten nach der Inschrift noch bei seinem Tode. Die Grabschriften von zwei der drei vor ihm verstorbenen sind bekannt (vgl. Nrr. 196 und 203), außerdem die einer weiteren Tochter (Nr. 287) und die eines Urenkels (Nr. 501).