Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 175† St. Stephani 2. H. 16. Jh.–1. H. 17. Jh.

Beschreibung

Gemälde. Es hing nach Querner um 1850 über der Tür zur Sakristei im Chor1). Zum abgebildeten Gegenstand macht Querner keine Angaben. Es dürfte sich nach den in den Inschriften verarbeiteten Bibelzitaten um eine Darstellung des Jüngsten Gerichts – thronender Christus als Richter vor Seligen rechts und Verdammten links nach Mt. 25,31ff. – gehandelt haben.

Inschriften nach Querner, Ms.

  1. A

    Mortis vel vitae breve verbum est ite venite dicitur reprobis ite venite piis2)

  2. B

    Wir müssen Alle offenbar werden für den Richtstuhl Christi auf daß ein Jeglicher emphahe nachdem er gehandelt hat bei Leibes Leben es sei gut oder böse3)

Übersetzung:

Das Urteil über Tod oder Leben ist kurz: „Geht! Kommt!“. „Geht!“ wird den Verworfenen, „Kommt!“ wird den Frommen gesagt. (A)

Versmaß: Elegisches Distichon (A).

Kommentar

Da Inschrift B die Lutherübersetzung verwendet, dürfte das Gemälde nach 1542, dem Jahr der Einführung der Reformation in Helmstedt, entstanden sein. Der terminus ante quem läßt sich nicht sicher eingrenzen. Zwar war für den überlieferten mittelalterlichen Darstellungstyp des Jüngsten Gerichts mit seiner Betonung der Werkgerechtigkeit in der protestantischen Kirche eigentlich kein Raum mehr – so hat Luther auch an Darstellungen dieser Art deutlich Kritik geübt4) –, doch zeigt sich die kirchliche Ausstattungspraxis erst allmählich davon beeinflußt. Aus der Stephanikirche sind eine weitere Darstellung des Themas noch aus dem Jahre 1649 (Nr. 168) und eine Fegefeuerdarstellung von 1577 (Nr. 75) bezeugt5).

Anmerkungen

  1. Querner 1, S. 6f.
  2. Nach Mt. 25, 31–46, venite aus Vers 34, ite nach ibunt Vers 46.
  3. 2. Ko. 5,10.
  4. Belege dazu bei H. Merkel, „Gericht Gottes“. In: TRE 12, S. 490.
  5. Im Dienste polemischer konfessioneller Propaganda wurde das Thema traditionell drastisch 1577 in der Stadtkirche St. Laurentius in Dassel, Landkreis Northeim, verarbeitet, hier auch mit inschriftlichem Bezug auf Mt. 25,31ff. Dazu R. von Poser-Max, Die St.-Laurentius-Kirche in Dassel und ihre lutherische Weltgerichtsdarstellung. In: Die Diözese Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart 59, 1991, S. 19ff.

Nachweise

  1. Querner 1, S. 6f., Typoskript und Ms.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 175† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0017508.