Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 167† St. Stephani 1649

Beschreibung

Grabdenkmal des Konrad Horneius. Nach Böhmer befand es sich 1710 unter den Steinen im nördlichen Teil des Friedhofes, in enger Nachbarschaft zu weiteren Grabdenkmälern der Familie Horneius1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. Christo Seruatori sacrum memoriae perquam reuerendi clarissimique viri CONRADI HORNEII aeterni academiae Iuliae decoris qui Brunsuigae an(no) MDXC VII Kal(endas) Decemb(ris)2) natus postquam ob singulares ingenii dotes bonarum Graecarum praesertim litterarum peritiam principibus in illa re viris iam tum adolescens innotuisset exinde vero praecipuas philosophiae partes priuatus ethicen autem logicam et s(anctam) theologiam ex ordine per XXX annos publice rara et admiranda perspicuitate docuisset pleraque etiam ad omne aeuum perennaturis scriptis illustrasset pietatem ab aduersariis oppressam strenue adseruisset sanctimonia et innocentia vitae cunctis praeiuisset adeoque verae et infucatae probitatis viuum exemplum semetipsum exhibuisset de patria schola ecclesia vniuersa rep(ublica) litteraria optime meritus an(no) MDCXLIX VI Kal(endas) Octobr(is)3) omnibus bonis4) immortali suo desiderio relicto obiit hoc monumentum liberi superstites vtroque parente nimis cito eheu orbati lugentes poni curauerunt

Übersetzung:

Christus, dem Erretter, geweiht. Dem Andenken an den überaus ehrwürdigen und hochberühmten Mann Konrad Horneius, ewige Zier der Academia Julia, der in Braunschweig im Jahre 1590 am 7. Tag vor den Kalenden des Dezember geboren worden ist. Nachdem er wegen seiner einzigartigen Geistesgaben, seiner Kenntnis der trefflichen Wissenschaften, insbesondere des Griechischen, den darin führenden Gelehrten schon als Jüngling aufgefallen war, dann aber wichtige Gebiete der Philosophie privat, Ethik indes, Logik und die heilige Theologie der Reihe nach öffentlich dreißig Jahre hindurch mit seltener und bewundernswerter Klarheit gelehrt, das meiste auch in für alle Zeit unvergänglichen Schriften erklärend niedergelegt hatte, die rechte christliche Frömmigkeit, die von seinen Gegnern hart angegangen wurde, energisch verteidigt, durch Reinheit und Makellosigkeit des Lebenswandels alle anderen übertroffen und sich selbst so als lebendes Beispiel für wahre und ungeschminkte Rechtschaffenheit erwiesen hatte, starb er, um Vaterland, Schule, Kirche, um die universale Gelehrtenrepublik hochverdient, im Jahre 1649 am 6. Tag vor den Kalenden des Oktober. Allen Redlichen hinterließ er eine unstillbare Sehnsucht nach sich. Dieses Denkmal ließen die hinterbliebenen Kinder, die beider Elternteile, weh, allzu früh beraubt worden sind, in ihrer Trauer setzen.

Kommentar

Konrad Horneius5), Sohn des Lehrers an der Martinsschule in Braunschweig und Pfarrers Johannes Horneius6), vertritt zusammen mit seinem Freund und Kollegen Georg Calixt (vgl. Nr. 340) die Helmstedter Ausprägung einer synkretistischen Versöhnungstheologie7). Er hatte unter Johannes Caselius (vgl. Nr. 124) und Cornelius Martini (vgl. Nr. 141) Philosophie studiert. 1619 erhielt er die Ethikprofessur und nach Martinis Tod 1621 die Logikprofessur übertragen. 1629 wurde er Mitglied der theologischen Fakultät, nachdem er 1622 von Calixt zum Lizentiaten der Theologie promoviert worden war. Die Inschrift enthält mit den Worten pietatem ab adversariis oppressam einen Nachhall des Lehrstreites, den Horneius an der Seite Calixts gegen die Angriffe der lutherischen Orthodoxie zu bestehen hatte. Von den sechs Kindern des Konrad Horneius, die am 10. März 1649 auch ihre Mutter, wie die Inschrift beklagt, verloren hatten, wurde der älteste Sohn Professor in Rinteln, später in Helmstedt (vgl. Nr. 230). Einem weiteren Sohn ist Grabschrift Nr. 176 gewidmet, einer Tochter Nr. 350. Die Grabplatte der 1679 in der Klosterkirche Mariental, Landkreis Helmstedt, beigesetzten Tochter Anna Catharina ist erhalten8).

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 230, Anm. 1.
  2. 25. November.
  3. 26. September.
  4. Zu omnibus bonis vgl. S. 37f. der Einleitung.
  5. Lebensdaten bei Zimmermann, Album, S. 384f. Vgl. auch Ahrens, Lehrkräfte, S. 121f.
  6. Sein Name und Wappen in einer nicht mehr erhaltenen Inschrift der Lehrer der Martinsschule von 1578 in einem Fenster von St. Ulrici-Brüdern, Braunschweig. Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 566.
  7. Vgl. dazu Mager, Reformatorische Theologie, S. 13ff. und J. Wallmann, „Calixt, G.“. In: TRE 7, S. 557.
  8. Beschreibung und Inschrift bei Wehking/Wulf, Inschriften und Graffiti, Nr. 52.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 62f.
  2. Chrysander, Diptycha, S. 142f.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 167† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0016706.