Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 147† St. Stephani 1626, 1636, 1640–1653

Beschreibung

Armenbüchse. Um 1850 im Besitz der Stephanigemeinde. Querner hat die Inschrift auf einem Zettel notiert, den er auf der Rückseite mit dem Vermerk „St. Stephani-Armen-Büchse“ versehen hat1). Tatsächlich weisen die inschriftlich wiedergegebenen Namen das Gerät als der Gemeinde St. Marienberg gehörend aus.

Inschrift nach Querner.

  1. M(agister) Heitman Pastor zum Bergischen Closter a(nn)o 1626 M(agister) Johan(n) Heinsius Pastor im Neyenmarka) a(nn)o 1636 M(agister) Tollenius

Kommentar

Armenbüchsen gehörten zum technischen Instrumentarium, mit dem die evangelischen Kirchenordnungen nach der Reformation das Problem der Armenfürsorge neu zu regeln suchten. Nach der Wolfenbütteler Ordnung von 1569 sollten sie u. a. in den Wirtshäusern stehen und sonntags und mittwochs durch die Gassen getragen werden, um Spenden einzusammeln, die dann dem Gemeinen Kasten, dem zentralen Aufbewahrungsort des für soziale Zwecke zur Verfügung stehenden Kirchengutes, zugeführt werden sollten2). Jede Gemeinde dürfte danach etliche Büchsen im Einsatz gehabt haben. In diesem Fall hat die inschriftliche Kennzeichnung der Büchse deren Wechsel von St. Marienberg nach St. Stephani offenbar nicht verhindern können.

Joachim Heidmann, der am 16. Januar 1617 den Magistertitel an der Universität Helmstedt erworben hatte3), wirkte seit 1619 als Pastor am Bergischen Closter, dem Kloster St. Marienberg4). Zu Johannes Heinsius, Pastor ebenda und in der von St. Marienberg als Pfarrkirche betreuten Neumark, vgl. dessen Grabschrift Nr. 158. Zacharias Tollenius, am 3. Januar 1643 an der Universität Helmstedt zum Magister promoviert5), war von 1640 bis 1653 Pastor an St. Marienberg6).

Die inschriftlichen Eintragungen auf der Armenbüchse dürften von den Pastoren sukzessive vorgenommen worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Neyenmark] oder Neyenmarkt? Die Inschrift bedient sich jedenfalls nicht der späteren Bezeichnung d i e „Neumark“, sondern kennt noch die Herkunft des Namens aus novum forum, vgl. dazu Kleinau, Ortsverzeichnis, Bd. 1, S. 272.

Anmerkungen

  1. Querner 2.
  2. Wolfenbütteler Kirchenordnung von 1569, abgedruckt bei Sehling, Kirchenordnungen, Bd. 6,1,1, S. 262f. Dazu E. Schubert, Die Antwort niedersächsischer Kirchenordnungen auf das Armutsproblem des 16. Jahrhunderts. In: Jb. der Gesellschaft für niedersächs. Kirchengeschichte 89, 1991, S. 105ff., S. 109f.
  3. Zimmermann, Album, S. 201.
  4. Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 1, S. 107 geben 1625 als Ende seiner Marienberger Dienstzeit an. Die Jahresangabe der Inschrift und der erst 1626 erfolgte Dienstbeginn seines Nachfolgers Stephan Tuckermann, Freist/Seebaß, a. a. O., lassen 1625 zweifelhaft erscheinen.
  5. Zimmermann, Album, S. 329.
  6. Freist/Seebaß, wie Anm. 4.

Nachweise

  1. Querner 2.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 147† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0014704.