Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 120† St. Stephani 1608

Beschreibung

Grabdenkmal des Valentin Forster. Nach Böhmer befand es sich 1710 unter den Grabsteinen im nördlichen Teil des Friedhofes1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. Memoriae et spei aeternae Heic situs est VALENTINVS FORSTERVS admirabilis ingenii et fortunae exemplum Wittebergae natus Lutherum et Melanchth(onem) adolescentiae suae magistros sortitus est Galliam Italiam Hispaniam et quidquid ibi magnum academias in primis perlustrauit I(uris)c(onsul)tos opt(imos) max(imos) qui tunc florebant audiuit Biturigib(us) I(uris)c(onsul)ti titulum meruit praeside H(ugone) Donello nationi Teutonicae libert(atem) relig(ionis) in Gall(ia) impetrauit Patauii mathematica Italos priuatim docuit Wittebergae et Ingolst(adii) iura publice vero Marpurgi Heidelbergae Helmstadii loco et laude vbique primaria Cetera vir bonus item christianus et quod heic dici non potuit Abi lector et scito ad tumulum te stetisse viri incomparabilis Obiit V Kal(endas) Nouemb(ris)2) Anno Chr(isti) MDCVIII aetatis LXXIX

Übersetzung:

Zum ewigen Andenken und zu ewiger Hoffnung. Hier liegt Valentin Forster, Beispiel für eine bewundernswürdige Verbindung von Geistesgaben und Glück. Geboren in Wittenberg, wählte er sich Luther und Melanchthon als Lehrer seiner Jugendjahre. Frankreich, Italien, Spanien und was immer dort bedeutend ist, vor allem die Universitäten, hat er besucht. Die besten und größten Juristen, die damals auf der Höhe ihres Schaffens standen, hat er gehört. In Bourges erwarb er den juristischen Doktortitel unter dem Vorsitz von Hugo Donellus. Für die deutsche Landsmannschaft erwirkte er das Recht auf freie Religionsausübung in Frankreich. Privat hielt er den Italienern in Padua mathematische Vorlesungen, in Wittenberg und Ingolstadt juristische Vorlesungen. Öffentlich aber lehrte er in Marburg, Heidelberg und Helmstedt als jeweils ranghöchster Professor und überall mit dementsprechender Anerkennung die Rechte. Im übrigen war er ein guter Mensch, ebenso ein guter Christ und von einer Art, die hier nicht dargestellt werden konnte. Geh, Leser, und wisse, du hast am Grab eines unvergleichlichen Mannes gestanden. Er starb am 5. Tag vor den Kalenden des November im Jahre Christi 1608 im 79. Lebensjahr.

Kommentar

Die Inschrift gibt ein ungewöhnlich bewegtes Gelehrtenleben wieder. Valentin Forster3) wurde am 20. Januar 1530 in Wittenberg geboren, wuchs noch unter dem persönlichen Einfluß Luthers auf, erwarb bei Melanchthon eine gute humanistische Grundausbildung, vor allem in Mathematik, und begab sich nach dem Erwerb des Magistergrades 1554 zunächst nach Frankreich. Hier hörte er die berühmtesten Juristen seiner Zeit, u. a. Franziskus Duarenus, Hugo Donellus und Jakob Cujacius4). In Poitiers setzte er sich 1556 unter Lebensgefahr für die Religionsfreiheit der deutschen Studenten ein – ein Ereignis, über das er noch 1605 eine Abhandlung unter dem Titel „Relatio de libertate nationis Germanicae in Galliarum academiis“ veröffentlichte5). Nach den in der Inschrift erwähnten privaten Mathematikvorlesungen in Padua sowie Erzieher- und Übersetzertätigkeiten in Spanien wurde er 1560 bei Hugo Donellus6) in Bourges zum Doktor der Rechte promoviert. Es folgten juristische Privatvorlesungen in Wittenberg und Ingolstadt und nach einer kurzen Tätigkeit als Vorsitzender des Hofgerichts von Herzog Erich II. von Calenberg in Münden 1569 die erste juristische Professur in Marburg. 1580 wurde er Nachfolger von Hugo Donellus in Heidelberg, legte dieses Amt indes als überzeugter Lutheraner nach Wiedereinführung des calvinistischen Bekenntnisses in der Pfalz 1583 nieder. 1595 erreichte ihn als Rechtsberater in Worms der Ruf, Professor primarius der juristischen Fakultät in Helmstedt zu werden. Er gilt als „bedeutender Vertreter der humanistischen Jurisprudenz“7).

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 46 LAPIDES IN PARTE COEMITERII anteriore mit S. 65f.
  2. 28. Oktober.
  3. Lebensdaten bei Zimmermann, Album, S. 399. Vgl. auch Ahrens, Lehrkräfte, S. 79f.
  4. L. Scheuerle, Eine Christliche Leichpredigt bey der Begrebnis des .. Valentini Forsteri, Helmstedt 1610 und – daran angebunden, ohne eigenen Titel – Funeralprogramm des Prorektors J. Sigfrid, Exemplar Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 210.
  5. Vgl. Meier, Monumenta, S. 105 und Funeralprogramm, wie Anm. 4. Die Schrift ließ sich nicht nachweisen.
  6. Zu Hugo Donellus vgl. NDB 4, S. 70.
  7. Kundert, Katalog, S. 133.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 65f.
  2. Meier, Monumenta, S. 108f.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 120† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0012003.