Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 117 Langer Steinweg 1605, 1617, 1644, 1676

Beschreibung

Speicherhäuser. Die Südseite des Langen Steinwegs wird in ihrem westlichen Teil hauptsächlich gebildet von vier zum Komplex Stobenstraße 18 gehörenden, aneinandergebauten und reichverzierten Fachwerkspeichern, die Inschriften tragen. Von Osten nach Westen:

Speicherhaus 1 ohne Inschriften an der Front zum Langen Steinweg. An der Hofseite Fachwerk des Ostteils massiv ersetzt, im Westteil schlichtes Fachwerk. Inschrift A über rundbogiger Einfahrt der Hofseite.

Speicherhaus 2 traufenständig, dreigeschossig, das oberste Geschoß vorkragend, dreizehn Gefache breit. Die etwas außermittige, rundbogige Toreinfahrt, eingefaßt mit Zahnschnittband und Wulst mit Schuppen, heute zugebaut. Dort auf Torsturz über Torbogen zwischen zwei Vollwappen Inschrift B auf leicht erhabenem Feld, über Rosette links und gerahmt von je zwei Diamantornamenten rechts und links. An der Hofseite stark verändertes, schlichtes Fachwerk. Inschrift C auf Torbogen der Hofseite.

Speicherhaus 3 traufenständig, dreigeschossig, das oberste Geschoß vorkragend, zehn Gefache breit. Zwei rundbogige Toreinfahrten, jeweils mit umlaufendem doppelten Tauband, unterbrochen von Perlschnüren. Inschrift D auf dem Sturz der heute zugebauten östlichen Toreinfahrt, Inschrift E am gleichen Platz der westlichen Toreinfahrt.

Speicherhaus 4 giebelständig mit Halbwalmdach, zweigeschossig, Obergeschoß und Dachgeschoß vorkragend, elf unterschiedlich breite Gefache. Rundbogige Tür mit Zahnschnitteinfassung, jetzt zugebaut. Inschrift F auf Türsturz über Türbogen.

Inschriften B und D–F werden in Teilen von Tor- bzw. Türbögen unterbrochen. Inschriften D–F auf zeilenweise eingelassenen Feldern. Als Worttrenner sind neben Punkten auf der Zeilenmitte in D eine liegende Acht und in F Doppelpunkte verwendet. Inschriften erhaben geschnitzt und farbig gefaßt.

Maße: Bu: ca. 6 cm (B), ca. 5–14 cm (D), ca. 8–12 cm (E), 4–6,5 cm (F).

Schriftart(en): Kapitalis.

Sabine Wehking [1/3]

  1. A

    1676

  2. B

    BRANDT MVLLER // MARGRETA · MVNS/TERMAN / 16//05

  3. C

    1605

  4. D

    WEIL MIR DIE WELT ZV WIDR IST · STEH MIR BEI HER IESV · / CHRISTa) · / ANNO · // MDC·XVII

  5. E

    MARGRETA · // FRIDERICH · / VERGIS MEIN / NICHT // HER IESV / CHRIST ·

  6. F

    BVRCHARDT : TRAVTFETTER : / AN//NO : / 16//44 :

Wappen:
Müller1), Münstermann2)

Kommentar

Die drei älteren Inschriften B und D–E sind großräumig und mit Zierelementen gearbeitet. Kunstvoll ist die Zifferngestaltung in Inschrift B. Der Schaft der 1 und der Bogen der 5 enden unten in einer Schlinge nach links, fortgesetzt in offenem Bogen nach rechts. Ähnlich läuft auch die 6 aus in eine Schlinge nach rechts oben, fortgesetzt in offenem Bogen nach links unten. In Inschrift D trägt I einen Punkt, Z hat linksschrägen oberen und unteren Balken.

Das Hauptgebäude Stobenstraße 18 befindet sich seit 1637 im Besitz der Familie Haenichen (vgl. Nr. 516). Da sich in Inschrift F noch 1644 Burchardt Trautfetter als Eigentümer nennt, muß die Zuordnung zumindest von Speicherhaus 4 zu Stobenstraße 18 erst später vorgenommen worden sein. Der Fleischhauer Burchardt Trautfetter wird von 1659 bis 1666 auch als Eigentümer des gegenüberliegenden Grundstücks Langer Steinweg 16 aufgeführt3). Ebenso war der in Inschrift B genannte Brandt Müller von 1594 bis zu seinem Tod 1635 Eigentümer eines benachbarten Grundstücks, des schräg gegenüberliegenden Hauses Langer Steinweg 84). Müller erscheint mit Namen Moller und leicht abgewandeltem Wappen auch auf der Wappentafel der Schustergilde Nr. 119 von 1605, war also von Beruf Schuhmacher.

Textkritischer Apparat

  1. IESV . / CHRIST wohl aus Platzgründen in verkleinerten Buchstaben untereinander.

Anmerkungen

  1. Wappen Müller: geteilt, oben Hausmarke (Anhang 2, H10) , unten halbes Mühlrad.
  2. Wappen Münstermann: geteilt, oben ?, unten wachsender Löwe?
  3. Schaper, Bürgerbuch 4, S. 1125, Häuserbuch 1,2, S. 170.
  4. Schaper, Bürgerbuch 3, S. 782.

Nachweise

  1. Reiseskizzen, Bl. 10r (D).
  2. Meier, Kunstdenkmäler, S. 115 (D, E).
  3. J. Klepper, „Unter dem Schatten Deiner Flügel“ – Tagebücher 1932–1942, Stuttgart 1956, S. 490, zum 4. 9. 1937 (D, abgewandelt).
  4. Ders., Nachspiel. Darin: Die bunte Stadt im Schatten, Berlin 1960, S. 28 (D).
  5. Schrader, Hausinschriften 1955, Nr. 11 (B), Nr. 13 (D, E), Nr. 17 (F).
  6. Kleinert, Stadtbild, S. 51 (D, E).
  7. Hägele, Hausinschriften, Nr. 25 (B), Nr. 30 (D, E), Nr. 38 (F).
  8. Moshagen, Hausinschriften, S. 19.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 117 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0011706.