Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 93 St. Stephani 1589

Beschreibung

Grabplatte des Tilemann Heshusius. Sandstein. An der nördlichen Choraußenwand. Die Platte lag noch 1710 am wohl ursprünglichen Platz im Chor1), wo auch Heshusius’ Epitaph Nr. 92 hing und hängt. Meier sah sie 1896 bereits an der Kirchenaußenwand2). Der Verstorbene halbplastisch in Lebensgröße in Rundbogennische, bärtig, mit Buch in beiden Händen. In den Zwickeln links und rechts des Rundbogens zwei Wappen. Inschrift als Umschrift oben links beginnend, dünnlinig eingetieft und sehr gedrängt. Am Ende der Inschrift Kleeblattornament.

Inschrift ergänzt nach Meier.

Maße: H.: 220 cm; B.: 104 cm; Bu.: 5,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Herbert Rohm, Helmstedt [1/1]

  1. R(EVERENDISSIMVS) ET CLA(RISSIMVS) VIR TILEMANVS HESHVSIVS S(ANCTAE)a) THE/OL(OGIAE) D(OCTOR) CVM AN(NOS) 35 IN 8 ECCLE(SIIS) ET SCHOLIS SIN[C]ERA DOCTRINA SEPTIESQ(VE) DVRIS EXILIIS CH(RISTV)M GLORIFICASSET IN / HAC VERO ACAD(EMIA) AN(NOS) XI PROF(ESSOREM) PRIMARIVM EG[I/SS]ET CONSTANTI FIDE SEXAGENARI(VS) ET OCTIMESTRIS PLACIDE OBIIT 25 SEPT(EMBRIS) AN(NO) D(OMI)NI 1·589b) ·

Übersetzung:

Der ehrwürdigste und hochberühmte Mann Tilemann Heshusius, Doktor der hl. Theologie, starb in festem Glauben friedlich im Alter von sechzig Jahren und acht Monaten am 25. September im Jahre des Herrn 1589, nachdem er fünfunddreißig Jahre lang an acht verschiedenen Kirchen und Schulen Christus durch die Verkündigung der reinen Lehre, siebenmal durch hartes Exil verherrlicht, an dieser Hochschule aber elf Jahre die Würde eines Professor primarius innegehabt hatte.

Wappen:
Heshusius3), ?4)

Kommentar

Die Inschrift ist in einer schmalen, hohen Kapitalis ausgeführt. E trägt einen sehr kurzen mittleren Querbalken. Das us-Kürzel füllt die gesamte Zeile und steht auf der Grundlinie. Q erscheint in der eingerollten Form. D in FIDES hat einen ausgebuchteten Schaft.

Der Inschrifttext faßt das bewegte Leben des lutherischen Theologen Tilemann Heshusius (vgl. Nr. 92) unter dem Gesichtspunkt des sich wiederholenden Exils um Christi und der sincera doctrina willen zusammen. Dessen in der Siebenzahl vorgenommene Summierung wird in der älteren biographischen Literatur zu Heshusen mit folgenden Orten verbunden: Goslar, Rostock, Heidelberg, Magdeburg, Wesel, Jena und Königsberg5). Ungenau sind einige Mitteilungen der Inschrift zur Chronologie von Heshusius’ Leben. So orientiert sich die Inschrift bei der Berechnung seiner Dienstzeit auf fünfunddreißig Jahre – er trat 1552 sein erstes Amt in Goslar an6) – eher am richtigen Todesjahr 1588 als am von ihr genannten falschen Datum 1589. Die falsche Todesjahrangabe der Grabplatte hat im übrigen weitergewirkt7). Auffällig ist außerdem die Berechnung des Lebensalters mit sexagenarius et octimestris. Heshusius’ Leben währte vom 3. November 1527 bis zum 25. September 1588, also sechzig Jahre, zehn Monate und zweiundzwanzig Tage.

Textkritischer Apparat

  1. S(ANCTAE)] Nicht bei Meier.
  2. 1·589] Heshusius’ Todesdatum ist der 25. September 1588.

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 2 IN CHORO.
  2. Meier, Kunstdenkmäler, S. 71.
  3. Wappen Heshusius: geteilt, oben gekreuzte Bischofsstäbe, unten Taube mit Zweig im Schnabel über Arche Noah. Vgl. Zimmermann, Album, S. 373.
  4. Wappen ?: Totenkopf.
  5. So K. v. Helmholt, Tilemann Heßhus .. und seine sieben Exilia, Leipzig 1859, Inhaltsverzeichnis.
  6. Zimmermann, wie Anm. 3. Das Jahr 1553 nennt P. F. Barton, „Heshusius, Tilemann“. In: TRE 15, S. 256.
  7. So im biographischen Lexikon des Zeitgenossen W. Budaeus, Centuria XVI. thanatologiae, Helmstedt 1604, S. 152v. Vgl. auch Nr. 92, Anm. b.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 2.
  2. Meier, Kunstdenkmäler, S. 71.
  3. Henze, Helmstedt, S. 44f.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 93 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0009307.