Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 61: Stadt Helmstedt (2005)
Nr. 83† St. Stephani 1582
Beschreibung
Portal. Inschrift außen über dem Eingang zur Professorenprieche. In Form einer Freitreppe1) besaß die Professorenprieche einen eigenen Zugang von außen, der mit einem „turmähnlichen, schiefergedeckten Vorbau“ versehen war2). Er befand sich an der Nordseite der Kirche in der Nähe des östlichen Portals3) und hat nach dem Zeugnis Querners um 1850 noch bestanden. Meier konnte 1896 nur noch Spuren davon ausmachen.
Inschrift nach Böhmer.
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Hac nos sede dedit vigilans Böckelius vti quum gereret nostrae sceptra secunda scholae Scilicet is cedri est prae cunctis robore dignus4) publica qui propriis anteferenda putat
Übersetzung:
Diesen Sitz gab uns der fürsorgliche Böckel zum Gebrauch, als er zum zweiten Male das Zepter unserer Schule führte. Wahrlich, der ist vor allen anderen der Unsterblichkeit würdig, der der Meinung ist, daß man das Gemeinwohl den Eigeninteressen voranstellen muß.
Versmaß: Elegische Distichen.
Anmerkungen
- Meier, Kunstdenkmäler, S. 57.
- Querner 1, Typoskript, S. 11.
- Böhmer, Inscriptiones, S. 33. ANTE PORTAM MEMORATAE (nämlich minori, S. 32) vicinam.
- cedri robore dignus – die Zeder wurde nach der konservierenden Kraft ihres Öls metonym für Unvergänglichkeit gebraucht, vgl. Horaz, Ars poetica 332 und Persius 1,42. Zeitgenössisch verbreitet, vgl. DI 30 (Calw), Nr. 195 aus dem Jahr 1524 Haec sunt perpetua nomina digna cedro (das sind Ruhmestitel, der Unsterblichkeit würdig).
- Zu ihm Zimmermann, Album, S. 408 und Kauertz, Wissenschaft, S. 122ff. Das Folgende bei Zimmermann, a. a. O. Vgl. auch Nr. 193.
Nachweise
- Böhmer, Inscriptiones, S. 33.
- Querner 1, Typoskript, S. 11, Ms., S. 12.
Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 83† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0008305.
Kommentar
Die Inschrift ist ein Hinweis darauf, daß zur Ausstattung von St. Stephani als Universitätskirche bereits sehr früh ein separater Professorensitz gehörte, der im 18. Jahrhundert erneuert worden ist (vgl. Nr. 460). Der Stifter der Prieche, Johann Böckel5), war der erste Professor der Medizin in Helmstedt. Er bekleidete im Jahre 1582 zum zweiten Male das Amt des Vizerektors. Sein von der Inschrift gepriesener Gemeinsinn zeigt sich u. a. auch darin, daß er auf seinem Grundstück einen medizinischen Garten nebst Anatomiegebäude anlegen ließ. Nach der Aussage der beiden ersten Zeilen ist die Inschrift nicht vom Stifter selbst, sondern von den Begünstigten gesetzt worden.