Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 73† St. Stephani 1576

Beschreibung

Tafel zum Gedenken an die Universitätsgründung und die Kirchenrenovierung. Holz1). Beim Besuch Uffenbachs in Helmstedt im Jahre 1709 hing die Tafel im Chor in einer Ecke rechter Hand 2), Meier sah sie 1896 „an der Sakristeiwand“3), also ebenfalls im südlichen Chorbereich. Bei der Kirchenrenovierung 1904–1906 wurde sie entfernt4). Chrysander (1747) und Querner (um 1850) beschreiben sie als schwarz5). Die Schrift war 1709 nach Uffenbach in goldenen, 1850 nach Querner in weißen Buchstaben ausgeführt. Vor 1896 scheint sie erneut überarbeitet worden zu sein, denn Meier spricht von einer „erneuerten Inschrift“.

Inschriften nach Meier.

  1. A

    Notatio temporis introductae scholae Juliae ac renovationis huius templi

  2. B

    Post centum quinquaginta atque decennia septem a partu sextus virginis annus erat cum firmaretur doctis schola Julia musis luce sacram Gallo proxime eunte diem6) ac huius templi paries sub tempore eodem redditus insigni cultior arte fuit

Übersetzung:

Bezeichnung des Datums, als die Juliusschule eröffnet und diese Kirche renoviert worden ist. (A)

Nach einhundertsiebenundfünfzig Jahrzehnten seit der jungfräulichen Geburt war es das sechste Jahr, als die Juliusschule für die gelehrten Musen fest gegründet wurde, am Tage, der dem Fest des Gallus vorangeht, und die Wand dieser Kirche wurde mit außerordentlicher Kunstfertigkeit um dieselbe Zeit geschmückter hergerichtet. (B)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Kommentar

Das in Inschrift B genannte Datum 15. Oktober 1576 bezeichnet den Tag der feierlichen Eröffnung der Universität in der Stephanikirche (vgl. Nr. 72). Diese Kirche diente seitdem bis zur Einrichtung der Kollegienkirche zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Universitätskirche. Der im zweiten Teil von Inschrift B mitgeteilten Renovierung der Kirchenwände folgten weitere Verbesserungen der Kirchenausstattung (vgl. Nrr. 86, 87 und 96). Daß Inschrift B im Kontext einer protestantischen Universitätsgründung die traditionellen Datierungsformeln a partu virginis und sacram Gallo .. diem verwendet, dürfte hier zum einen durch die Notwendigkeit begründet sein, das Datum im Vers auszudrücken. Darüber hinaus gilt, daß die Gewohnheit, nach dem Heiligenkalender zu datieren, nur sehr allmählich im protestantischen Raum aufgegeben wurde7).

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 6 In tabula lignea.
  2. Uffenbach, Reisen, S. 189.
  3. Meier, Kunstdenkmäler, S. 63.
  4. Bartels, Stephanikirche, S. 22 „bisher befindliche Inschrift“.
  5. Chrysander, Ministri, S. 5, Querner 1, Typoskript, S. 8.
  6. 15. Oktober. Gallustag ist der 16. Oktober.
  7. Vgl. dazu E. Koch, Die Wittenberger Reformation und das Gedenken an die Heiligen. In: Kat. Goldschmiedekunst, S. 73ff.

Nachweise

  1. Meier, Kunstdenkmäler, S. 63.
  2. Böhmer, Inscriptiones, S. 6.
  3. Uffenbach, Reisen, S. 189.
  4. Chrysander, Ministri, S. 5.
  5. Querner 1, Typoskript, S. 8, Ms., S. 7.
  6. Bartels, Stephanikirche, S. 22.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 73† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0007309.