Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 19 St. Marienberg 1465?, 1494

Beschreibung

Sakramentshaus. Sandstein, Holz mit Metallbeschlägen (Tür). Unter dem nordöstlichen Chorfenster. Auf vor Anhebung des Fußbodenniveaus mehrstufigem, heute einstufigem Podest gedrehte Säule, die das Gehäuse trägt. Dessen mit gotischen Ornamenten bemalte Tür wird gerahmt von zwei ebenfalls gedrehten Säulen. Im querrechteckigen Aufbau in Fortsetzung der beiden seitlichen Säulen zur Mitte hin sich schließender Kielbogen. Rechts und links davon Maßwerk und Arkaden, als oberer Abschluß Zinnen. In dem vom Kielbogen gebildeten Giebelfeld ein Schild. Darauf vor Kreuz Herz Jesu mit den Arma Christi. Das Herz von Lanze durchbohrt, dem Kreuz Dornenkrone umgehängt und Nägel aufgesetzt. Den beiden Kreuzbalken schräg vorgesetzt Hände und Füße. Links und rechts unterhalb der Hände Inschrift A. Inschrift B auf zweitem Schild, angebracht am Übergang der unteren Säule zu der das Gehäuse tragenden Querplatte. Über Inschrift B Marke des Bildhauers (Anhang 2, M1). Auf der Innenseite der Tür, oberhalb des unteren Scharnierbeschlags Inschrift C in moderner Überarbeitung. Darunter links Reste einer älteren Ausführung der Inschrift C. Erhabene Buchstaben (A, B), Inschrift gemalt (C).

Maße: Bu.: 3 cm (A), 2,5 cm (B), 2 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), mit Versalien (B), Minuskel mit Versalien (C).

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    ih(esus) // ih(esu)sa)

  2. B

    An(n)o d(omi)ni / M° cccc° xciiii°

  3. C

    Fr. Krahe / Donator. / 1465b)

Übersetzung:

Fr. Krahe als Stifter 1465. (C)

Kommentar

Inschrift B bleibt bei den Minuskelformen im Zweilinienschema. Von den Versalien ist A mit breitem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken der frühhumanistischen Kapitalis entnommen; das geschlossene, gerundete, unziale M trägt einen Querstrich auf dem Mittelschaft. Inschrift C bietet weder in der jetzigen noch in der älteren Fassung (vgl. Anm. b) Buchstabenformen, die sich mit dem angegebenen Jahr 1465 vereinbaren ließen. Ablesbar ist indes, daß die ursprüngliche Inschrift in Minuskel mit Versalien ausgeführt war und daß die zweite Ziffer eine 4 darstellte. In beiden Versionen der Inschrift C erscheint die 4 in charakteristischer Weise als schlingenförmige 4 mit flachem, also dreieckigem oberen Teil.

Inschrift A hat hier die Funktion einer Namenbeischrift und dient dem Verständnis des Bildes. Das Herz-Jesu-Bild, im 15. und 16. Jahrhundert verbreitete Form der Christusverehrung, symbolisiert auch das Altarsakrament1). Es steht also hier in innerem Zusammenhang mit dem im Gehäuse aufbewahrten Gegenstand. – Ein Schild als Inschriftenplatz findet sich auch verwendet an der links darüber befindlichen Konsole, vgl. Nr. 26.

Inschrift C dürfte im Wortlaut auf eine Stifterinschrift zurückgehen, deren Ausführung im Laufe der Jahrhunderte nach ihrem derzeitigen Erscheinungsbild mindestens zweimal erneuert worden ist. Der genannte Fr. Krahe läßt sich nicht identifizieren. Möglicherweise gibt die jetzige Kopie der Inschrift die ursprüngliche Namensform falsch wieder. Schwer erklärbar sind auch die beiden letzten Ziffern der deutlich lesbaren gemalten Jahresangabe 1465, wird doch das steinerne Gehäuse selbst durch Inschrift B unzweifelhaft auf 1494 datiert. Geht man davon aus, daß die Zahl 1465 richtig überliefert ist, handelt es sich möglicherweise um eine Zweitverwendung der Tür am jetzigen Platz.

Textkritischer Apparat

  1. ih(esus) // ih(esu)s] h jeweils mit Querbalken im oberen Teil des Schafts = Kreuz. So auch in Nr. 58, vgl. ebenda, Anm. a.
  2. Reste einer älteren Ausführung der Inschrift links vom Platz der jetzigen bieten F[ – – – ] / Do[.]ator / 1465. – Vgl. dazu Kommentar.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu LCI 2, Sp. 250ff.

Nachweise

  1. Meier, Kunstdenkmäler, S. 42 (A, B).
  2. Lutz, Marienberg, S. 22 (B).

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 19 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0001902.