Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 61: Stadt Helmstedt (2005)
Nr. 10 St. Marienberg 1358
Beschreibung
Epitaph der Sophia von Homburg, verheiratete von Warberg. Sandstein. Im westlichen Kreuzgang in die Wand eingelassen. Inschrift A auf der rahmenartig hervortretenden, zum Mittelfeld größtenteils abgeschrägten Steinkante beginnt links oben und ist von innen zu lesen. Im tief eingesenkten Bildfeld unter zwei Kielbogen im Relief links gekrönte Maria mit Kind (Oberteil abgeschlagen) auf dem linken Arm und Pflanzenstengel (z. T. abgebrochen) in der rechten Hand1). Rechts die kleine Figur der Verstorbenen, kniend und die Hände im Gebet zu Maria erhoben. Um ihren verschleierten Kopf gelegtes Spruchband mit Inschrift B. Darüber Wappenschild, unter der Figur weiterer Wappenschild. Die eingehauenen Buchstaben sind bei Inschrift A mit einer roten Masse ausgefüllt.
Maße: H.: 150 cm; B.: 95 cm; Bu.: 4–4,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
- A
+a) A(N)NO · D(OMI)NI · M° · C° · C° · C° · L · VIII° · I(N) · DIE · B(EA)TI · / MATHIE · AP(OSTO)LI2) · O(BIIT) · SOPHIA · VXOR · D(OMI)NI · CO(N)R/·ADI · DE · WERBERGHE · / NOBILIS · C(VIVS) · A(N)I(M)A · REQVIESCAT · I(N) · PACE
- B
ORA · PRO · ME ·
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1358 starb am Tag des seligen Apostels Matthias Sophia, die Gemahlin Konrads, Edelherrn von Warberg. Ihre Seele ruhe in Frieden. (A)
Bitte für mich! (B)
Homburg3), Warberg4) |
Textkritischer Apparat
- Die linke Hälfte des Kreuzes fehlt.
Anmerkungen
- Diese Beschädigungen sind bereits auf einem Photo von vor 1896 zu erkennen, vgl. Meier, Kunstdenkmäler, Tafel VIII.
- 24. Februar.
- Wappen Homburg: Löwe in gestückter Einfassung. Vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, 1. Abt., ND Bd. 1, S. 27f.
- Wappen Warberg: mit Wurzeln ausgerissener Haselwurzstamm, oben mit zwei aufgerichteten Blättern. Vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 6, 6. Abt., ND Bd. 21, S. 178.
- Europäische Stammtafeln, N. F. Bd. 8, 1980, Tafel 129.
- Europäische Stammtafeln, Bd. 4, 1961, Tafel 72 und dass., N. F. Bd. 19, 2000, Tafel 21 unter „Werberg“. Zur Konventualin Agnes von Warberg vgl. die zitierte Urkunde UB Marienberg, Nr. 183 von 1301 und Strauß, Marienberg, S. 172.
- Vgl. dazu Strauß, Marienberg, S. 77.
- Vgl. Strauß, Marienberg, S. 159 und Register, S. 235.
- Vgl. die Liste von Grabdenkmälern der Edelherren von Warberg bei Meier, Kunstdenkmäler, S. 141ff.; vgl. auch Hartmann, Edelherren zu Warberg, S. 58f. Hier ist statt „Marienberg“ „Mariental“ zu lesen.
- Meier, Kunstdenkmäler, S. 142. Text der Marientaler Inschrift bei Wehking/Wulf, Inschriften und Graffiti, Nr. 14. Die These von Meier stützt sich auf zwei schwer überprüfbare Voraussetzungen, 1. daß der von ihm gesehene „heraldische Gegenstand“ tatsächlich der Warberger Helm gewesen ist. Der Warberger Helm zeichnete sich durch reichen und markanten Federschmuck aus, vgl. Siebmacher, wie Anm. 4, mit Tafel 116; 2. daß die hier interessierende Eheverbindung die einzige zwischen den Familien der Herren von Homburg und der Edelherren von Warberg war. Die freilich nicht Vollständigkeit beanspruchenden Stammtafeln, wie Anm. 5 und 6, bieten in der Tat kein weiteres Beispiel.
- Körner, Grabmonumente, S. 171f.
- So A. Dettmers, Steinskulptur des 14. Jahrhunderts im Elbe-Saale-Gebiet. Dissertation Technische Universität Berlin, Typoskript Berlin 1998, Nieders. Landesbibliothek Hannover, Sign. 98/21692, S. 172ff. Dettmers ordnet es einer überwiegend im Raum Magdeburg-Halberstadt-Erfurt verbreiteten Skulpturengruppe zu, für die er eine gemeinsame Werkstatt vermutet.
Nachweise
- Meier, Kunstdenkmäler, S. 51 (Abb. Tafel VIII).
- Lutz, Marienberg, S. 31 (teilweise, Abb.).
Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 10 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0001002.
Kommentar
Das Erscheinungsbild der sorgfältig gearbeiteten gotischen Majuskel wird bestimmt von ausgeprägten Bogenschwellungen und keilförmig verbreiterten Schaftenden. Pseudounziales A erscheint überwiegend mit verkürztem rechten Schaft und hat in PACE linksschrägen, sonst rechtsschrägen Mittelbalken. C und unziales E sind geschlossen, der Bogen des unzialen H ist sehr hoch am Schaft angesetzt, symmetrisches unziales M ist offen mit beidseitig nach außen umgelegten Bogenenden.
Die Verstorbene ist die Tochter des Heinrich von Homburg aus dessen erster Ehe mit Agnes von Mansfeld5). Der inschriftlich genannte Ehemann Konrad von Warberg wird dem auf der Sommerschenburg, Bördekreis, zeitweilig ansässigen Familienzweig zugeordnet als Sohn Konrads von Warberg und Bruder der Agnes von Warberg, deren Aufnahme in das Kloster St. Marienberg in einer Urkunde von 1301 behandelt wird6). Die Verbindung zwischen den Edelherren von Warberg und dem Kloster St. Marienberg war nach der Zahl der Stiftungen und der von Familienmitgliedern besetzten Klosterstellen sehr eng7). Neben der genannten Agnes ist eine Luckard von Warberg von 1344 bis 1366, also zu der Zeit, als der Stein im Kloster gesetzt wurde, als Priorin belegt8). Ob Sophia von Warberg, die nicht dem Konvent angehörte, auch im Kloster beigesetzt wurde, steht nicht zweifelsfrei fest. Bevorzugte Grablege der Edelherren von Warberg, auch der Sommerschenburger Linie, war das Kloster Mariental9). Ein Doppelgrabstein dort, der zum einen das Homburger Wappen trägt, im übrigen aber stark beschädigt ist, wird von Meier ebenfalls mit Sophia von Warberg in Verbindung gebracht. Meier wollte nicht ausschließen, daß es sich bei einem zweiten, schon 1896 schwer zu identifizierenden „Gegenstand von heraldischer Bedeutung“ auf dem Marientaler Stein um den Warberger Helm handelt, und vermutet daraus, daß die beiden dargestellten Verstorbenen das Ehepaar Sophia von Homburg und Konrad von Warberg wiedergeben, die dann Seite an Seite – darauf würden auch Bruchstücke der Inschrift mit coniugis associato deuten – im Kloster Mariental beigesetzt wären10). Der Helmstedter Stein wäre somit ein bloßes Gedächtnismal zu Ehren der Sophia von Warberg. Die Helmstedter Inschrift trägt zwar als von innen zu lesende Umschrift ein typisches Merkmal der einer Beisetzungsstätte aufliegenden Grabplatte. Es folgt indes daraus nicht zwingend, daß darunter eine Beisetzung stattgefunden haben muß. Ausnahmen, d. h. vertikal angebrachte steinerne Grabdenkmäler mit einer auf dem Kopf stehenden Inschrift, sind bekannt11). Auch die fehlende Abnutzung der Oberfläche spricht für die Annahme, daß der Helmstedter Stein von Anfang an als Epitaph in einer Wand eingelassen war. Das Werk dürfte nicht in Helmstedt angefertigt worden sein12).