Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 332† Armenhaus 1642

Beschreibung

Bauinschriften des Duveschen Armenhauses am Steintor. Die Wappentafel mit den Inschriften A–D wurde später in das Armenhaus Ecke Neue Straße / Bockstraße übernommen. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Auf der Tafel befanden sich zwei von einem Rankenornament eingefaßte Wappenschilde, in beiden Initialen (A). Seitlich der Wappenschilde die Jahreszahl B, darunter die Inschrift C. In der unteren linken Ecke die Initialen des Bildhauers Ludolf Witte (D). Redecker und Reiche/Heiliger überliefern noch eine weitere Inschrift (E); nach Redecker befand sie sich wie die Wappentafel ursprünglich über dem Eingang des Armenhauses.

Inschriften nach Photographie bei Schuchhardt (A–D) und nach Redecker (E).

Maße: H.: 75 cm; B.: 144 cm.1)

Schriftart(en): Fraktur (C).

  1. A

    J. D. · E · K ·

  2. B

    16 42

  3. C

    Johan Duve: Gotschalck Duven Sohn und sein fraw / Eliesabet Kolvenrott Haben Gott Zu Ehren dieß Armen haus / Bauwen Lassen und den armen verrehrdt

  4. D

    L. W.

  5. E

    Armmen undt Whesenhaus.

Wappen:
Duve (Taube auf Zweig)2)
Kolvenrott (Halbfigur eines Mannes mit Spitzhacke)

Kommentar

Mit dem Bau des Armen- und Waisenhauses trat Johann Duve 1642 erstmalig an die Öffentlichkeit. Der „erste Hannoversche Unternehmer“, auf dessen Biographie hier verzichtet werden kann, da sie bereits mehrfach aufgearbeitet wurde3), war zu diesem Zeitpunkt seit neun Jahren in Hannover als Kaufmann tätig und dies offensichtlich so erfolgreich, daß er dem Rat der Stadt 1642 das Angebot machte, auf eigene Kosten ein Armenhaus beim Steintor zu errichten, wenn die Stadt das Gelände dafür zur Verfügung stellte. Zur Erbauung und Einrichtung des Armenhauses liegt ausführliches Aktenmaterial vor4), dem zu entnehmen ist, daß Johann Duve sich mit seinem Vorschlag zunächst anonym an den Rat wandte. Namentlich nannte er sich erst, als der Rat seinem Plan zugestimmt hatte. In der Gründungsurkunde5) ist festgelegt, daß das Haus sechzig Waisenkindern und vierzig in Armut lebenden alten Menschen Platz bieten sollte. Darüber hinaus sollten vorübergehend auch durchreisende Arme aufgenommen werden. Die von Duve in der Gründungsurkunde angestellte umfangreiche Erörterung seiner Beweggründe läßt darauf schließen, daß er einen Blick für die sozialen Verhältnisse seiner Zeit hatte. Duve konstatierte die Zunahme von Bettlern und Waisen in Hannover vor allem als Folge des Dreißigjährigen Krieges. Erklärtes Ziel seiner Gründung war, diese Personen von der Straße zu holen. Wieweit er die Insassen des Armen- und Waisenhauses für seine eigenen Zwecke einspannte, wie Röhrig6) ohne Beleg, aber mit deutlicher moralischer Abwertung behauptet, muß dahingestellt bleiben. Der Steinmetz der Wappentafel, Ludolf Witte, gehörte zur angeheirateten Verwandtschaft des Johann Duve.7)

Anmerkungen

  1. Maßangaben bei Schuchhardt, Bildhauer, S. 109, Nr. 74.
  2. Das Wappen ist nicht identisch mit dem Wappen auf dem Grabdenkmal des Gottschalk Duve und seiner Frau, der Eltern von Johann Duve (Nr. 353).
  3. S. u.a. Altendorf, Johann Duve u. Röhrig, Johann Duve.
  4. Gedr. bei Altendorf, Johann Duve, S. 79-92.
  5. Ebd., S. 83ff.
  6. Röhrig, Johann Duve, S. 236.
  7. Vgl. Zimmermann, Bildhauer, S. 299f.

Nachweise

  1. Redecker, Bd. 2, fol. 53v – Schuchhardt, Bildhauer, S. 109, Nr. 74, Abb. ebd.
  2. Reiche/Heiliger, fol. 18r – Altendorf, Johann Duve, S. 55.
  3. Nöldeke, Kunstdenkmäler I, S. 672, Abb. 478.

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 332† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0033207.