Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 319 Kreuzkirche 1638

Beschreibung

Epitaph der Mintha Paxmann. Sandstein. Das Epitaph ist als Gegenstück zu dem ebenfalls in der Kreuzkirche befindlichen Epitaph des Ehemanns der Mintha Paxmann, Hermann Westenholz, (Nr. 321) konzipiert. Es hängt heute innen an der Westwand der Kreuzkirche. Früher befanden sich beide Epitaphien an der Außenseite der Kirche. Bei der Umsetzung ins Kircheninnere wurden dem Epitaph zwischen Bekrönung und Gesims Teile eingefügt, die von einem anderen Stück stammen müssen, da alte Aufnahmen zeigen, daß die Bekrönung mit zwei von Rollwerk umgebenen Wappenschilden dem Gesims direkt auflag.1) Unter den Wappenschilden Schriftbänder (A, B). Unterhalb des Gesimses auf dem von zwei Säulen getragenen Fries oben die Inschrift C, unten die Inschrift D. Die Säulen rahmen ein Relief im Mittelteil ein, das zwischen zwei stark plastischen Bäumen Christus und die kniende Magdalena in der Szene des Noli me tangere zeigt, links das offene Grab mit einem Engel darin, im Hintergrund die drei Frauen auf dem Weg zum Grab. Seitlich vor der Säule steht links eine Christusfigur mit Kreuz, rechts stand die Figur der Verstorbenen, die nicht erhalten ist. Außen wird das Epitaph beidseitig durch Rollwerk mit je einem Engelskopf abgeschlossen. Der Mittelteil ist durch ein Gesims von dem unteren Teil getrennt. Auf den Vorsprüngen des Gesimses, die die Sockel für die beiden Figuren bilden, die Inschriften E und F. Auf dem Fries unterhalb des Gesimses die Inschrift G. Links außen die Marke des Bildhauers (M7) mit seinen Initialen (H), rechts das Jahr der Herstellung des Epitaphs (I); ebenfalls auf dem Fries an den Innenseiten der Vorsprünge links eine weitere Marke (M14), rechts Initialen (K). Unter dem Gesims eine von zwei vorspringenden Köpfen eingerahmte Tafel mit der Inschrift L, darunter im Rollwerk eine Kartusche mit der Inschrift M. Den unteren Abschluß des Epitaphs bildet ein Engelskopf.

Maße: H.: 430 cm; B.: 190 cm (heute 170 cm); Bu.: 2,5 cm (A, B), 4 cm (C, G), 3 cm (D–F), 5 cm (H, I, K), 3–4 cm (L), 3,5 cm (M).

Schriftart(en): Kapitalis (C, G, H, K, L, M), Fraktur (A, B, D, E, F).

Sabine Wehking [1/4]

  1. A

    [Westenholts]a)

  2. B

    [Paxmans]a)

  3. C

    UT SURGENS PLACIDA RESPEXTIb) FRONTE MARIAM /SIC ANIMAM PLACIDE RESPICE CHRISTE MEA

  4. D

    Nach dir mein Herr Vorlanget mich sehr psal. 25c)2)

  5. E

    Sihe hier bin Jch Esai(a)s 83)

  6. F

    Ich suche dich Ps. 274)

  7. G

    SIS PAULLUM PATIENS ADERIS MEA FILIA MECUM /IN CELIS MERITIS IAM FRUITURA MEIS

  8. H

    L. W.

  9. I

    1638

  10. K

    C. S.

  11. L

    MINTHA PAXMANNI / NATA 10 AVGVSTI ANNO 1577 / NUPTA HERMA NNO WESTENHOLT 16. NOVEMB(RIS) 1600d) / DENATA DIE 23 IUNII 1636 / MATRONA OMNIIUGA UIRTUTE MULIEBRI / PRAEDITA

  12. M

    VIVE UT VIVAS5)

Übersetzung:

Wie du bei deiner Auferstehung mit sanftem Blick auf Maria (Magdalena) geschaut hast, so schaue sanft auf meine Seele, Christus. (C)

Gedulde dich ein wenig, meine Tochter, du wirst mit mir in die himmlischen Regionen kommen und bald meine Wohltaten genießen. (G)

Mintha Paxmann wurde am 10. August 1577 geboren, heiratete Hermann Westenholz am 16. November 1600 und starb am 23. Juni 1636. Sie war eine Ehefrau versehen mit vielfältiger weiblicher Tugend. (L)

Lebe, damit du leben wirst. (M)

Versmaß: Elegische Distichen (C, G).

Wappen:
Westenholz (zwei Äste)
Paxmann (drei Hundeköpfe)

Kommentar

Das von dem Hannoverschen Bildhauer Ludolf Witte angefertigte und signierte Paxmann-Epitaph ist sowohl was die bildhauerische Ausführung des Bildprogramms als auch den Bezug von Inschriften und Bildprogramm aufeinander betrifft, als das qualitätvollste der im Berichtszeitraum überlieferten Grabdenkmäler Hannovers anzusehen. Seine Wirkung wird noch verstärkt durch die Korrespondenz zu dem Westenholz-Epitaph (Nr. 321), das allerdings von geringerer bildhauerischer Qualität ist und in sich kein derart ausgefeiltes Programm aufweist. Die beiden Figuren vor den Säulen, Christus und die Verstorbene, halten durch die Bibelzitate der Inschriften D–F, wie auch durch die Versinschriften C und G Zwiesprache miteinander. Zugleich stehen die Inschriften in engem Bezug zu der Darstellung des auferstandenen Christus im Mittelteil. Die Inschrift der Kartuschen des Paxmann- wie des Westenholz-Epitaphs thematisieren in Spruchform das ewige Leben, die eine unter dem Aspekt des Lebens, die andere unter dem Aspekt des Todes.

Textkritischer Apparat

  1. Heute nicht mehr zu lesen. Ergänzt nach dem Epitaph des Hermann Westenholz.
  2. RESPEXTI] Aus metrischen Gründen kontrahierte Form für RESPEXISTI.
  3. Unsichere Lesung.
  4. 1600] Die Jahreszahl ist über der Zeile durch einen Schlängel eingefügt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Schuchhardt, Bildhauer, Tafel XXII.
  2. Ps. 25, 1.
  3. Jes. 8, 18.
  4. Nach Ps. 27, 8.
  5. Vgl. Walther, Proverbia Sententiaeque, Bd. 9, S. 818, Nr. 44414d4.

Nachweise

  1. Schuchhardt, Bildhauer, S. 106 (D, G, F, I, K), Abb. Tafel XXII.
  2. Wüstefeld, Kreuzkirche, fol. 12 (E, F, G, L, M).

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 319 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0031901.