Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 292† Marktkirche (1628)

Beschreibung

Gedenktafel für Hans Michael von Obentraut. Nach Ising1) war das epitaphium Obentrauts zusammen mit dessen Helm, Panier, Schwert und Wappen im Chor der Marktkirche angebracht. Bei dem Wappen wird es sich um den von Nöldeke2) erwähnten Totenschild Obentrauts gehandelt haben, der im 19. Jahrhundert in der Turmhalle aufgehängt und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Es geht aus den Angaben bei Ising nicht klar hervor, ob es sich bei dem deutschen Text um die Inschrift des Epitaphs für Obentraut handelt, so daß leichte Zweifel an der Ausführung der Inschrift bleiben müssen.

Inschrift nach Ising.

  1. Von Obentraut Hans MichaelBestattet ist an dieser Stell.Ein auffricht teutscher EdelmanFromm, redlich, tapffer, lobesahm.Keck, freudig, treu, klug, unverzagtWelches Ihn zu hohen Ehren bracht.Auß der Churfürstlichen Pfaltz bey ReinSein Ursprung war, mit hellem Schein.Adlicher Tugend gezieret reinDaher der löbliche Nahme sein.Mit Ruhm durchwandert manche LandSeim Churfürsten in Gefahr beystand.War ihm getreu biß in den TodtUnd schäuet weder Feind noch Noth.Den Edlen Herren von VenedigWar Er verwand in Eydes Pflicht.Hat hoch Bestallung von selben HerrenWorzu sie Sein waren begehren.Hat sich erzeigt als ein Fest=MannKein Tück noch Falschheit zugethan.Wie für alters die Teutschen warenRedlich, kühn, thätig, und Ehrbar.Der königlichen MayestädtAuß Dennemarck gedienet hat.Er auch, mit Hand und klugem RathSich praesentiret mit kühner That.Als unser liebes VaterlandGeplaget war mit Schwerdt, mit Brand.Als ein Felß da, stand dieser MannFür seinem Feind wol auff dem Plan.Bey dem Edlen Fürsten FriedrichZu Sachsen, welche dann zugleich.Bey Hannover am WasserflußDer Laine, gefochten ohn Verdruß.Biß sie wie starcke Lewen und HeldenEin seeliges Ende nahmen im Felde.Der Leib nun hie begraben leitDie Seel für Gottes Angesicht steit.Sein löblich Nahme füllet gantz TeutschlandUnd zieret schön sein Adel=Stand.So lang die Welt fort stehen kanDa rühmt man diesen herrlichen Mann.a)

Kommentar

Hans Michael von Obentraut stammte aus einer in der Rheinpfalz ansässigen Familie. Er wurde 1574 geboren und trat 1610 erstmals als Rittmeister in Erscheinung. 1619 begab er sich in den Dienst des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz. 1625 wurde er Generalleutnant im Heer König Christians IV. von Dänemark, in dessen Dienst er am 25. Oktober 1625 bei einem Gefecht gegen die Truppen Tillys in der Nähe von Seelze fiel.3) Dort wurde ihm ein von dem Hannoverschen Bildhauer Jeremias Sutel (vgl. Nr. 299) angefertigtes Denkmal in Form eines Obelisken gesetzt.4) Die Leiche Obentrauts wurde zunächst auf den Calenberg gebracht, später – zusammen mit der Leiche Herzog Friedrichs von Sachsen-Anhalt im Austausch gegen einen gefangenen Obristen – feierlich nach Hannover überführt, wo sie vorübergehend in der Ägidienkirche beigesetzt wurde.5) Am 4. März 1628 wurde Obentraut in einem Grab im Chor der Marktkirche bestattet.6) Ein Verwandter des Verstorbenen, Konrad Michael von Obentraut, hatte am 28. Februar mit der Marktkirche einen Kontrakt geschlossen, durch den er gegen Zahlung von 250 Talern das Recht auf einen Begräbnisplatz im Chor, die Niederlegung eines Grabsteins und die Errichtung eines steinernen, von der Erde aufzuführenden Epitaphs erwarb.7) Über diese beiden im Kontrakt erwähnten Grabdenkmäler ist nichts bekannt. Es läßt sich daher nur vermuten, daß es sich bei dem Text in deutschen Reimversen um die Inschrift des Epitaphs gehandelt hat.

Textkritischer Apparat

  1. Die von Ising gesetzten Virgeln sind hier als Kommata wiedergegeben.

Anmerkungen

  1. Ising, S. 49.
  2. Nöldeke I, S. 113.
  3. Zur Biographie Obentrauts ADB 24, S. 85f.
  4. Schuchhardt, Bildhauer, S. 98, Nr. 60.
  5. Jürgens, Chronik, S. 408f.
  6. Ebd., S. 466.
  7. LkA, Hannover, Marktkirche, HS. 1, p. 11.

Nachweise

  1. Ising, S. 53f.
  2. Scheibe, Marktkirche, S. 52f.

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 292† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0029203.