Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 271 Nikolaifriedhof 1619

Beschreibung

Grabplatte des Bartold von Anderten. Sandstein. Die Platte befindet sich im vorderen Teil des Nikolaifriedhofs bei der Kapelle. Sie trägt eine umlaufende Inschrift (A). Im Innenfeld ein großes Wappen im Relief, darunter die Inschrift B, in den Ecken des Innenfeldes vier weitere Wappen.

Inschrift B ergänzt nach Mahrenholtz und Ludewig.

Maße: H.: 222 cm; B.: 137 cm; Bu.: 5,5 cm (A), 3,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    ANNO [D](OMI)NI 1619 DEN 29 APRIL / IST DER ERNVESTER VND ACHTBAR BARTOLD VON ANDERT/EN PATRICI(VS) VND BVRGER ZV HANNOVER / SEINES ALTERS 44 IAHR AVS DIESER WELDT ABGESCHIEDEN D(ER) S(EELE) G(OTT) G(NEDICH) S(EI)

  2. B

    BARTOLDVS DE AN[DERTEN ERAT] DE SEMINE NATVS /ANTIQVO HAC TEGITVR SEMISEPVLT(VS) HVMO / QVEM POST FATA FIDES VIRTVS ARGENTEA PENNIS /VECTAT IN EOASa) OCCIDVAS(QVE) PLAGAS /ILLE SVAE SE FOR[TE] DOMVS DE MANE CAVERNAS /SOBRIVS ABMI[TTENS] MORTE PERIT SVBITA /IN STATIONE [SVA QVI] SANCTE OCCVMBIT OBITQVE /NON POTV[IT PR]AVE LECTOR AMICE MORI

Übersetzung:

Bartold von Anderten stammte aus einer alten Familie. Von dieser Erde wird er – mit der (sterblichen) Hälfte beigesetzt – bedeckt, den nach dem Tod seine silberne Treue und Tugend auf Flügeln in den Osten und in den Westen trägt. Er starb einen plötzlichen Tod, als er sich zufällig des Morgens nüchtern in den Keller seines Hauses begab. Wer auf seinem Posten schuldlos stirbt und vom Tod ereilt wird, der, lieber Leser, hat keinen bösen Tod erleiden können. (B)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Wappen:
Mitte:von Anderten (drei Löwenköpfe balkenweise)
links:von Anderten
Freitag (Mondsichel)
rechts:von Berkhusen (ein Querbalken)
von Wintheim (drei ineinandergreifende Ringe, der obere offen)

Kommentar

Bartold von Anderten war der Sohn des Ludolf von Anderten und der Margaretha Freitag (vgl. deren Grabstein Nr. 200). Im Jahr 1600 heiratete er Anna von Berkhusen.1) Er wird seit 1606 als Mitglied der Hannoverschen Kaufmannschaft genannt.2) Nach Angabe der Hannoverschen Chronik erstickte Bartold von Anderten in seinem Keller durch das „Stöhmen des Broihans“3). Der von Rupert Erythropel verfaßten Leichenpredigt zufolge starb Bartold von Anderten bei dem Versuch, seine Frau zu retten. Er wurde am 1. Mai 1619 auf dem Nikolaifriedhof beigesetzt.4)

Textkritischer Apparat

  1. VECTAT IN EOAS] VERTAT IN LOCOS Mahrenholtz.

Anmerkungen

  1. Biographische Angaben in der Leichenpredigt: SuUB Göttingen, Conc.fun., 4° N.I.5, gedruckt Hildesheim 1620.
  2. StaH, B 8426, fol. 11r.
  3. Jürgens, Chronik, S. 350. Was unter diesem Vorgang genau zu verstehen ist, konnte nicht ermittelt werden. Das Deutsche Wörterbuch verzeichnet unter ‚stümen‘ die Bedeutungen ‚wehen‘, ‚toben‘ und allgemein eine heftige Bewegung in verschiedener Form (DWb 20, Sp. 377f.). Um welchen Vorgang es sich im Zusammenhang mit dem Bierbrauen handelt, bleibt unklar.
  4. Leichenpredigt (wie Anm. 1).

Nachweise

  1. Mahrenholtz, Grabsteininschriften, S. 13.
  2. Ders., HG NF 15, 1961, S. 246 (ergänzt nach den Aufzeichnungen Georg Ludewigs).

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 271 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0027109.