Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 266† Aktäonbrunnen 1619

Beschreibung

Drei Platten vom Aktäonbrunnen. Sandstein. Der 1619 errichtete Brunnen wurde 1719 umgebaut, so daß keine Beschreibung von seinem ursprünglichen Zustand gegeben werden kann. 1907 fand man im Keller des Brauergildehauses drei Platten des alten Brunnens und brachte sie am Haus Osterstr.83 an. Dort wurden sie im Zweiten Weltkrieg zerstört. Zwei der Platten trugen Reliefs: in rundbogig abgeschlossenen Nischen Halbfiguren der Amphitrite mit Pflanzen und der Kallirhoe mit Spiegel und Wassereimer. Über dem Relief der Amphitrite im Rundbogen die Inschrift A, unter der Nische die Inschrift B, unter dem Relief der Kallirhoe die Inschrift C. Die dritte Platte trug auf einem Schild mit seitlich herabhängendem Früchtedekor die Inschrift D, die sich unten auf zwei abhängenden Schriftbändern fortsetzte. Die Buchstaben auf dem Schild standen in Halbzeilen mit schraffiertem Hintergrund, über die die Ober- und Unterlängen hinausragten, die nicht erhaben, sondern nur in ihren Konturen eingeritzt waren.

Inschriften nach den Abbildungen bei Siedentopf.

Maße: H.: 92 cm; B.: 62 cm (Reliefplatten). H.: 93 cm; B.: 61 cm (Inschriftenplatte).1)

Schriftart(en): Kapitalis (A–C), Fraktur und Kapitalis (D).

Historisches Museum, Hannover [1/2]

  1. A

    AMPHITRITE

  2. B

    NEPTVNIA CONI(VX)

  3. C

    CALLIRHOE

  4. D

    Anno 1619 / Ist dieser brun/ne RENOVIRT und / in diese form / gesetzet / durch / Jonata) / Wuluesb)

Kommentar

Der Bildhauer Jonas Wulf wurde von der Stadt seit dem August 1619 für seine Arbeiten an dem neuen Brunnen entlohnt.2) Ab dem 20. November 1619 erhielt seine Witwe die wöchentlichen Lohnzahlungen. Jonas Wulf starb demzufolge Mitte November. Den baldigen Tod Wulfs hatte der Rat der Stadt schon bei der Schließung des Vertrags mit dem Bildhauer im Mai 1618 einkalkuliert und seine Erben verpflichtet, den Brunnen zu vollenden, woferne er für vorfertigung des Brunnen nach Gottes gnedigen willen diese Weldt gesegenen würde.3) Während von Wulf im Borngüldenregister der Stadt nur allgemein als „Meister“ die Rede ist, der zusammen mit einem Sohn und zwei Gesellen am Brunnen tätig war, verzeichnen die Register zugleich eine Ausgabe uff den Bildthawer Jeremiassen Suteln, der sich verpflichtet hatte, zwei menschen große bilder zu fertigen4). (Zu Sutel vgl. Nr. 299.) Der Annahme Leonhardts und Nöldekes5), Sutel sei als Gehilfe Wulfs nach Hannover gekommen, widerspricht das Borngüldenregister, in dem die Ausgaben für die Gesellen – getrennt von denjenigen für Sutel – unter den Zahlungen an den Meister Jonas Wulf aufgeführt sind. Ebensowenig spricht für die Annahme Leonhardts, bei den Tafeln mit den Darstellungen der Kallirhoe und Amphitrite handle es sich um die von Sutel gefertigten menschen großen Bildnisse.

Textkritischer Apparat

  1. Jonat] Jonas Siedentopf, Nöldeke. Möglicherweise steht Jonat für Jonat(han). In den einschlägigen Archivalien wird Wulf jedoch durchgängig als Meister Jonas bezeichnet.
  2. Wulues] Das s besteht lediglich aus einem Schaft und einem jeweils oben und unten angesetzten kleinen Haken.

Anmerkungen

  1. Abgaben nach Nöldeke, Kunstdenkmäler I, S. 736f., und Siedentopf, Alte Steine, S. 10.
  2. Zum folgenden das Borngüldenregister 1618/19, StaH, B 6946, fol. 1–27.
  3. Der Vertrag zwischen Jonas Wulf und der Stadt Hannover ist gedruckt in HG 2, 1899, S. 278f. Das Original ist im Stadtarchiv zur Zeit nicht auffindbar.
  4. StaH B 6946, fol. 14v.
  5. Leonhardt, Bildhauerschule, S. 82f., und Nöldeke, Kunstdenkmäler I, S. 735.

Nachweise

  1. Siedentopf, Alte Steine, S. 10 u. Abbildungsteil Nr. 14.
  2. Nöldeke, Kunstdenkmäler I, S. 735f., Abb. 518, S. 735.
  3. Leonhardt, Straßen und Häuser 1926, S. 51.

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 266† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0026608.