Inschriftenkatalog: Stadt Hannover
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 36: Stadt Hannover (1993)
Nr. 263† Marktkirche 1617
Beschreibung
Epitaph des Heinrich Müller. Das Epitaph hing am ersten nordöstlichen Pfeiler des Kirchenschiffs.1)
A und B nach Redecker, C und D nach Meier.
- A
JESU CHRISTO DEO OPT(IMO) MAX(IMO) et Redemptori nostro.Morte tua solum et generoso sanguine JesuNon alio precio est nostra parata salus.Morte tua exundata) plenissima gratia quae meMortis ab aeternae liberat interitu.Sanguine quem fundis terebrato e pectore JesuAbluor: hunc credo justitiam esse meam.
- B
Hic post multijugosb) perdifficilesquec) laboresQuos ego in hacd) celebri sustinui urbe diuAtque alibi: Nunc facta mei est terra atra cubileTranquillum infirmi corporis ac fragilis.Sed meliorie) hominis sum parte superstes in aulaCoelesti vita et pax ubi perpetua est.Vita hominum in terraf) misera est brevis atqueg) caducah)Pacis in hoc mundo perpetis estque parum.Proinde Deo ingentes ago liber pectore gratesExhibita large pro bonitate mihi.Vos facietis item o chari post fata propinquiExemptii) curis omnibus atque malisPergatisj) colere ex toto modo corde JehovamAc sitis vestro seduli in officio.Vivere discatisk) pie in Domino atque beateCujus crux lux est mors nova vita piis.
- C
Unsere Buergerschafft ist im Himmel von dannen wir auch warten des Heylandes Jesu Christi welcher den Leib unserer Nichtigkeit verklaeren daß er aehnlich seyn wird dem Leibe seiner Klarheit.
- D
Henricus Mullerus consul Hannoveranus vivus sibi hoc monumentum posuit ne haeredes de sepulcro ejus forte solliciti essent neque vivorum negligentia mortuo obesset. Anno Christi 1617. Mense Majo.
Übersetzung:
Jesus Christus, dem höchsten und größten Gott und unserem Erlöser.
Durch deinen Tod allein und durch dein edles Blut, Jesus, um keinen anderen Preis ist unser Heil erwirkt. Aus deinem Tod strömt die Fülle der Gnade, die mich von der Vernichtung im ewigen Tod befreit. Durch das Blut, das du aus deiner durchbohrten Brust strömen läßt, Jesus, werde ich reingewaschen. Ich glaube, daß dies meine Rechtfertigung ist. (A)
Hier nach vielfältigen und sehr schweren Mühen, die ich in dieser berühmten Stadt und anderswo lange Zeit erduldet habe, ist nun die schwarze Erde zum ruhigen Lager meines schwachen und zerbrechlichen Körpers geworden. Aber ich lebe mit dem besseren Teil des Menschen im Himmelssaal, wo das Leben und der Frieden ewig dauern. Das Leben der Menschen auf Erden ist elend, kurz und vergänglich, in dieser Welt gibt es zu wenig beständigen Frieden. Daher danke ich – nun befreit – Gott vielmals und von Herzen für die mir reichlich gewährte Güte. Ihr werdet es nach dem Tode genauso machen, liebe Nächsten, befreit von allen überstandenen Sorgen und Übeln. Fahrt jetzt nur fort, mit ganzem Herzen Gott zu verehren, und seid eifrig in eurer Pflichterfüllung. Lernt, fromm und selig im Herrn zu leben, dessen Kreuz Licht und dessen Tod neues Leben für die Gottesfürchtigen ist. (B)
Heinrich Müller, Hannoverscher Bürgermeister, hat sich dieses Denkmal zu Lebzeiten gesetzt, damit den Erben nicht etwa durch sein Begräbnis Ungelegenheiten entstehen möchten und die Nachlässigkeit der Lebenden dem Toten nicht schaden möge. Im Jahr Christi 1617 im Monat Mai. (D)
Versmaß: Elegische Distichen (A, B).
Textkritischer Apparat
- exundat] exundant Meier, Redecker.
- multijugos] multi jugos Meier, Redecker, Ising.
- perdifficilesque] per difficilesque Meier, Ising.
- hac] fehlt bei Meier.
- meliori] meliore Meier, Ising.
- terra] terra hac Meier, Redecker, hac terra Ising.
- atque] et Redecker.
- caduca] ceduca Ising.
- Exempti] Exempli Redecker, Ising.
- Pergatis] Pergratis Meier, Redecker, Ising.
- discatis] discatisque Redecker.
Anmerkungen
- Ising, S. 66.
- Zur Biographie Müllers dessen Leichenpredigt SuUB Göttingen, Conc.fun., 4° Fun.IV.24, verfaßt von David Meier, gedr. Helmstedt 1624.
- Kirchenbuch Marktkirche, S. 24.
- Matrikel Wittenberg, Bd. 2, S. 289b.
- Vgl. Zimmermann, Bürgermeister, S. 203.
- Ebd., S. 209.
Nachweise
- Redecker, Bd. 2, fol. 32r/v (A, B).
- Meier, Reformation, Vorrede, S. 31f.
- Ising, S. 66f. (hs.; A, B).
Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 263† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0026307.
Kommentar
Heinrich Müller war der Sohn des Bürgermeisters von Pattensen, Christoph Müller.2) 1577 übernahm er die Stelle eines Subkonrektors an der Lateinschule in Hannover.3) Im Mai 1580 immatrikulierte sich Müller an der Universität Wittenberg4), um dort Jura zu studieren. 1583 übernahm er in Hameln das Amt des Rektors der dortigen Schule, 1584 kehrte er nach Hannover zurück, um dort das Amt des Schulrektors zu übernehmen. 1592 heiratete Müller Anna Blome, die Enkelin der Bürgermeister Hans Blome d.J. (Nr. 55) und Anton von Berkhusen.5) 1595 übernahm er das Amt des Sekretärs der Stadt, 1598 wurde er in den Rat gewählt. Als Bürgermeister der Stadt Hannover fungierte Müller von 1612 bis 1623.6) Er starb am 8. Oktober 1623 und wurde am 16. Oktober in der Marktkirche beigesetzt.