Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 68† Marktkirche 1540

Beschreibung

Epitaph des Herzogs Erich I. von Braunschweig-Lüneburg (Calenberg). Das Epitaph befand sich im Chor der Marktkirche, es wurde vermutlich bei der Umgestaltung des Kircheninnern in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entfernt.

Inschrift nach Redecker.

  1. Illustriss(imo) Bruns(wicensi) et Luneb(urgensi) Principi Erico S(enatus) M(onumentum) dedita)Jam ter quinque ierant post natum secula ChristumLustra octo, cum Dux clarus Eric obiit.Hunc norunt Veneti, Moravi, Phrysii atque BohemiAustria cumque tuo Carole novit avo.Imprimis bellax erit Hildesheimia testisQuae variis auxit regna paterna bonis.Alvi proluvie cecidit non Martis in armisb)Post tot victrici parta trophea manu.Nupta Sigismundo quondam Catharina marito,Huic est connubii foedere juncta prior.Altera Marchionum claro de stemmatec) nostraeHaeredem patriae dulcis Elysa dedit.Cui pater auxit opes et struxit EricoburgumHunc populo serves Christe benigne tuo.

Übersetzung:

Dem erlauchtesten Braunschweigischen und Lüneburgischen Fürsten Erich hat der Rat das Denkmal gewidmet.

Schon dreimal fünf Jahrhunderte und 40 Jahre nach Christi Geburt waren vergangen, als der berühmte Herzog Erich starb. Diesen kennen die Venezier, Mähren, Friesen und Böhmen, und mit deinem Großvater, Karl, Österreich. Vor allem wird das kriegerische Hildesheim Zeuge sein, welches die Herrschaft des Vaters um mannigfaltige Güter vermehrt hat. Er starb an Diarrhoe und nicht im Kampf nach so vielen mit siegreicher Hand errungenen Siegen. Einstmals dem Ehemann Sigismund angetraut, wurde Katharina durch einen Ehevertrag zuerst mit diesem vermählt, als zweite Frau schenkte die liebliche Elisabeth aus dem berühmten Geschlecht derer von Brandenburg unserem Vaterland einen Erben. Für diesen hat der Vater den Reichtum gemehrt und die Erichsburg gebaut. Gütiger Christus, bewahre diesen für dein Volk.

Versmaß: Elegische Distichen.

Kommentar

Erich I. von Braunschweig-Lüneburg (1470–1540) wurde am Hof Albrechts von Bayern erzogen und trat dann in den Dienst Kaiser Maximilians.1) Darauf nimmt die Inschrift mit der Nennung Karls V. Bezug, dessen Großvater Maximilian Erich I. eng verbunden blieb. Er nahm an verschiedenen Feldzügen des Kaisers teil und kämpfte in der Fehde gegen den Grafen Edzard von Ostfriesland auf kaiserlicher Seite. Auch nach dem Tod Maximilians setzte sich Erich I. für die habsburgischen Interessen ein und hielt am alten Glauben fest. In erster Ehe war er mit Katharina, der Tochter Albrechts von Sachsen, der Witwe des Erzherzogs Sigismund von Österreich verheiratet, in zweiter Ehe mit Elisabeth von Brandenburg (vgl. Nr. 110).

Daß Erich I. im Kirchenstreit die kaiserliche Partei vertrat, führte in den Jahren 1533/34 zu Auseinandersetzungen mit der Bürgerschaft Hannovers, die gegen den erklärten Willen ihres Landesherrn die Durchführung der Reformation in der Stadt zu erreichen suchte.2) Nach dem Bürgerschaftsschwur vom 26. Juni 1533, mit dem die Hannoveraner ihr Bekenntnis zur Reformation ablegten, sperrte Erich I. die Straßen für die Lieferung von Brennholz und Lebensmitteln in die Stadt. Im Juli 1534 schloß die Stadt ein Abkommen mit dem Landesherrn, der ihr gegen die Zahlung von 4000 Gulden die freie Religionsausübung zusicherte. Danach blieb das Verhältnis zwischen der Stadt Hannover und Erich I. friedlich. Hierfür spricht auch, daß ihm der Rat in der Marktkirche mit dem Epitaph ein Denkmal setzte. Begraben ist Erich I., der am 30. Juli 1540 starb, in der Kirche St.Blasii in Hannoversch Münden.3)

Textkritischer Apparat

  1. S(enatus) M(onumentum) dedit] S. et dedit Redecker, A. dedit Ising, S. M. dedic. Mithoff.
  2. armis] armit Ising.
  3. stemmate] stemate Ising.

Anmerkungen

  1. Zur Biographie Erichs I.: NDB 4, S. 584, und Hoppe, Geschichte, S. 58ff.
  2. Hierzu Bahrdt, Reformation, passim.
  3. Die von Cordt Mente gegossene Bronzegrabplatte Erichs I. sowie das Epitaph für ihn und seine beiden Frauen in der Kirche sind erhalten.

Nachweise

  1. Redecker, fol. 244v.
  2. Ising, S. 36.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 70.

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 68† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0006802.