Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 17 Landesgalerie 1. V. 15. Jh

Beschreibung

Altar. Eichenholz, außen bemalt, innen geschnitzt und farbig gefaßt. Der Altar stammte aus der Kirche des Minoritenklosters. 1863 gelangte er in den Besitz des Welfenmuseums. Die bemalte Außenseite zeigt Szenen aus der Passion Christi. Die dargestellten Personen tragen Namensbeischriften in den Nimben, die zum Teil beschädigt sind. Links und rechts je zwei Szenen übereinander: Geißelung (A), Dornenkrönung (B), Grablegung (C: 2.-5. Person von links hinter dem Grab, Christus selbst ohne Nimbeninschrift), Auferstehung (D). Im großen Mittelbild eine Darstellung der Kreuzigung, das Kreuz mit Titulus (E), unter dem Kreuz Maria und Johannes; Namensbeischriften in den Nimben (F). Auf der Innenseite der Altarflügel und im Mittelteil unter Maßwerkgiebeln, die von schlanken Säulen getragen werden, vierzehn Heilige als Standfiguren, in der Mitte thronen Maria und Christus, beide mit Kronen. Auf dem linken Seitenflügel: Bischof mit Mitra, Buch und Brustwunde; Matthias mit Beil und Beutelbuch; Jacobus mai. mit Pilgerstab und Muschel; Matthäus mit dem Schwert im Rücken und mit einem aufgeschlagenen Buch. Im Mittelteil: eine bartlose Figur (Johannes), die Attribute fehlen; Bartholomäus mit Buch und Messer; Paulus mit Buch und Schwert, von dem nur noch der Griff erhalten ist; Maria und Christus; Petrus mit Buch und Schlüssel; Apostel mit Beutelbuch (Andreas?); Thomas mit Buch und den Resten eines Winkelmaßes. Auf dem rechten Flügel: Apostel mit Schwert (Simon?); Jacobus min. mit Buch und Walkerstange; Judas Thaddäus mit Buch und Keule; Philippus mit Buch und Kreuz mit doppeltem Querbalken. Unterhalb der Standfiguren auf den Flügeln und im Mittelteil ein Fries mit Medaillons, darin Halbfiguren. Die männlichen Figuren auf den Flügeln tragen Spruchbänder mit Inschriften, die weiblichen im Mittelteil Attribute. Auf dem linken Flügel: Moses (G); David (H); Micha (I). Auf dem rechten Flügel: Jesaia (K); Salomon (L); Ioel (M). Im Mittelteil: Barbara mit Monstranz und Palmzweig; Dorothea mit Rosenzweig und Früchten; Katharina mit Schwert und Rad; Maria mit Kind; Gertrud von Nivelles mit Palmzweig und Kirchenmodell; Margarethe mit Drachen und Kreuz; Agnes mit Agnus Dei und Palmzweig.

Maße: H.: 144 cm; B.: 215 cm (geschlossen); Bu.: 2 cm (A–E, G–M); 2,5 cm (F).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Sabine Wehking [1/6]

  1. A

    ihesus

  2. B

    [ihesu]s

  3. C

    maria · clc · fca)maria · m(ate)rs(anctus) · iohanesmaria · sa(lo)me

  4. D

    ihesus

  5. E

    i·n·r·i

  6. F

    maria · mater · maria[ihes]us cri(stus)b)[s]anctus · iohannes · evangel(ista)c)

  7. G

    · moyses · lucet · et · ignescit · (et)c1)

  8. H

    · david · Rore · madet · uellus · (et)c2)

  9. I

    · mycheas · mater · amoris · (et)c · (...)d)

  10. K

    · ysayas · Ecce · v(ir)go · (con)cipiet · (et)c · gote) · N(omen)3)

  11. L

    · Salo(mo)n · Celica · flam(m)a · venit · (et)c4)

  12. M

    · yohel · Casta · pace · m(ate)r · horf) · (et)c ·

Übersetzung:

Moses: (Der Dornbusch) leuchtet und gerät in Brand. (G) David: Das Fell ist voll von Tau. (H) Micha: Mutter der Liebe (...) (I) Jesaia: Siehe, die Jungfrau wird (einen Sohn) empfangen (und gebären) und ihr werdet (ihn) mit dem Namen (Immanuel) rufen. (K) Die himmlische Flamme kommt. (L)

Kommentar

Die Inschriften G, H und L zitieren leoninische Hexameter an, die der Biblia Pauperum entnommen sind. Möglicherweise enthalten auch die Inschriften I und M anzitierte Hexameter, die sich jedoch anhand der Biblia pauperum nicht nachweisen lassen.

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Entstellt aus maria cleofe.
  2. Die Lesung ist unsicher, die Buchstaben cri könnten auch als m gelesen werden.
  3. Am Wortende überdeckt der Kopf den Nimbus.
  4. Der Kopf verdeckt die weitere Inschrift. Vor dem Kopf sind noch vier Schäfte zu erkennen, dahinter drei Schäfte, die als m oder ni gelesen werden können. Das Zitat konnte bisher nicht identifiziert werden.
  5. got] Sic! Entstellt aus voc(abitis).
  6. hor] mit Kürzungsstrich. Da das Zitat noch nicht nachgewiesen werden konnte, ist die Kürzung bislang nicht sinnvoll aufzulösen.

Anmerkungen

  1. Cornell, Biblia Pauperum, S. 19: Der Vers entstammt der Aurora des Petrus von Riga. Der vollständige Hexameter lautet: Lucet et ignescit sed non rubus igne calescit.
  2. Cornell, Biblia Pauperum, S. 17. Der vollständige Hexameter lautet: Rore madet vellus remanet tamen arida tellus.
  3. Ies. 7, 14.
  4. Cornell, Biblia Pauperum, S. 47. Der vollständige Hexameter lautet: Celica flamma venit et plebis pectora lenit.

Nachweise

  1. Von der Osten, Katalog der Bildwerke, Nr. 46, S. 65f., Abb. S. 66.
  2. Wolfson, Gemälde, Nr. 50, S. 149 (A–E), Abb. S. 150.

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 17 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0001705.