Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 3 Kreuzkirche 1332

Beschreibung

Grabplatte des Johannes de Stenhus und seiner Ehefrau. Sandstein. Die Grabplatte findet in der älteren Literatur keine Erwähnung, stammt aber mit einiger Wahrscheinlichkeit aus der Nikolaikapelle (vgl. Kommentar). Sie ist vor allem auf der linken Seite stark abgetreten. An der unteren Kante des Steins ist ein dreieckiges Stück – vermutlich zum Zweck einer anderweitigen Verwendung der Platte – herausgehauen. Um die Platte verläuft zwischen zwei Linien die Inschrift A, die an der oberen Seite in der Mitte beginnt und teilweise stark beschädigt ist. Der zweite Teil dieser Inschrift wurde offenbar – wie die unterschiedlichen Schriftformen zeigen – nach dem Tod der Ehefrau nachgetragen. Im Mittelfeld sind die Verstorbenen in Ritzzeichnung dargestellt, die Konturen der linken Gestalt sind kaum noch erkennbar. In Kopfhöhe zwischen den Figuren ein Wappenschild, dessen Inhalt sich nicht mehr ausmachen läßt. Im unteren Teil des Innenfeldes trennt ein Schriftband mit der – am Anfang zerstörten – Inschrift B ein kleineres Bildfeld ab, das ebenfalls in Ritzzeichnung eine Gruppe von Frauen auf der linken und eine Gruppe von Männern auf der rechten Seite zeigt. Im Innenfeld oben ergänzt die Inschrift C den zweiten Teil der Umschrift. Die eingehauenen Buchstaben sind ebenso wie die Ritzlinien mit dunkler Farbe ausgefüllt.

Maße: H.: 198,5 cm; B.: 106 cm; Bu.: 5 cm (A), 2 cm (B), 3 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    + ANNO D(OMI)NI · M · / CCC · XXXII · FE(R)IA · QVI(N)TA · POST · FEST[V(M) PE(N)T]ECOSTES1) · (OBIIT) · IOH(ANN)ES / · DE STENHVS + 〈A[NNO D(OMI)NI M CCC] / XXXV · (OBIIT) · HILLE[....]DIS [..]IA[..]PIES[........]S D(OMI)NI ORATE / PRO EIS〉

  2. B

    [..........] · PROLE · EORVM · FIDELI[V]Ma)

  3. C

    〈VXOR · IOHA(NN)IS SENIORIS〉

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1332 starb am Donnerstag nach Pfingsten Johannes de Stenhus. Im Jahr des Herrn 1335 starb Hille[...]dis [...] des Herrn. Betet für sie. (A) [... und für die?] Nachkommenschaft dieser Gläubigen. (B) Die Ehefrau Johannes des Älteren. (C)

Kommentar

Die Inschrift A weist zwei deutlich voneinander zu unterscheidende Ausprägungen der gotischen Majuskel auf. Dies läßt darauf schließen, daß die Grabplatte 1332 angefertigt wurde und der untere linke Teil der Rahmenleiste und ihre linke Seite zunächst frei blieben. Die Inschrift B wurde aller Wahrscheinlichkeit nach bereits 1332 ausgeführt, denn sie steht in Beziehung zum Bildteil des Grabsteins. Da sie jedoch ebenso wie der Nachtrag C in wesentlich kleineren und weniger ausgeformten Buchstaben ausgeführt ist, bleibt sie hier bei der Schriftbeschreibung unberücksichtigt.

In beiden Schriften der Umschrift A überwiegen runde Buchstabenformen. Lediglich T tritt ausschließlich in kapitaler Form, F in der ersten Schrift einmal in eckiger und einmal in runder Form auf. E, H, N und M erscheinen nur als runde Buchstaben; E und M sind – ebenso wie C – immer abgeschlossen. In beiden Schriften finden sich als Zierelemente Nodi an den Hasten. Damit enden die gemeinsamen Merkmale. Während die Buchstaben im ersten Teil der Umschrift A Hasten mit bereits in der Hastenmitte ansetzenden keilförmigen Verbreiterungen und starke, teilweise spitz zulaufende Bogenschwellungen aufweisen, finden sich diese Merkmale an den Buchstaben im zweiten Teil nicht. Die Bogenschwellungen sind hier schwach ausgeprägt, die Hasten haben nur keilförmige Enden. Auffällig sind vor allem die verschiedenen Formen des X in beiden Schriften, die im ersten Teil mit stark keilförmigen Hastenenden gestaltet sind, im zweiten Teil mit geschwungenen Hasten. Als besonderes Merkmal der zweiten Schrift ist noch der bis über die Buchstabenmitte hinausgezogene keilförmige Sporn am Balken des L zu erwähnen.

Die für einen Grabstein des 14. Jahrhunderts ungewöhnliche Darstellung im unteren Teil des Mittelfelds könnte auf eine besonders zahlreiche Nachkommenschaft des verstorbenen Ehepaars Bezug nehmen. Johannes de Stenhus ist seit 1299 urkundlich nachweisbar. In diesem Jahr wird er erstmalig als Ratsmitglied genannt.2) Zusammen mit Dietrich von Rinteln und dessen Bruder Hermann saßen Johannes de Stenhus und sein Bruder Helmold 1308 im Rat der Stadt, ein Jahr bevor der Rat die gleichzeitige Tätigkeit von Verwandten ersten Grades als Ratsherren verbot. In Urkunden aus den Jahren 1311 und 1316 ist Johannes de Stenhus ebenfalls als Ratsherr aufgeführt.3) 1323 erteilte der Rat die Einwilligung, daß Johannes de Stenhus d.Ä. und seinen Erben das Patronatsrecht über den von ihm dotierten Hochaltar in der Nikolaikapelle zustehen solle.4) Da Stenhus und seine Familie somit eine enge Beziehung zur Nikolaikapelle hatten, spricht einiges dafür, daß die Grabplatte aus der Nikolaikapelle stammt.

Textkritischer Apparat

  1. Die Lesung des letzten Wortes ist unsicher, da die Buchstaben an dieser Stelle stark abgeschliffen sind und Bestandteile einzelner Buchstaben fehlen.

Anmerkungen

  1. 11. Juni 1332.
  2. HUB, Nr. 72.
  3. HUB, Nr. 105, 108, 109, 130. 1311 wird Johannes de Stenhus bereits wie in Inschrift C Johannes der Ältere genannt.
  4. HUB, Nr. 147.

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 3 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0000301.