Inschriftenkatalog: Stadt Hameln

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 28: Hameln (1989)

Nr. 29 Papenstr. 6 1493 (?)

Beschreibung

Hausinschrift. Bei dem Haus Papenstr. 6 handelt es sich um eine ehemalige Stiftskurie. Die nur noch in Resten erhaltene Inschrift befindet sich auf dem Schwellbalken des 1. Obergeschosses an der dem Münsterkirchhof zugewandten Seite. Sie ist erhaben ausgeführt und durch farbige Fassung vom Untergrund abgehoben. Neben der Inschrift befand sich nach Mithoff eine Haus- oder Meistermarke, bestehend aus Winkelmaß und Zirkel, „letzterer an einem Schenkel durch einen Querstrich gekreuzt“.1)

Maße: Bu.: ca. 10 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. Jn den iaren unsesa) heren M cccc xciiib) [sand . . . n ek erbuwede dussen bow]c)

Kommentar

Die heute sichtbare Datierung der Inschrift auf 1493 hat Spanuth in Zweifel gezogen2). Seine Bedenken gründen sich auf die bei Rothert überlieferte Lesung M cccc xvi (vgl. Anm. b) und auf einen Stiftungsbrief von 1418 (HUB II, 77), in dem ein Bürger Sander Roteke für einen aus Lemgo stammenden Studenten namens Konrad Floreke ein Stipendium aussetzt. Die Summe stammt aus dem infra emunitatem ecclesie Hamelensis gelegenen Haus des Sander Roteke. Damit ist die am Münsterkirchhof im Bereich der Stiftsfreiheit befindliche Kurie gemeint. Spanuth berücksichtigt in seiner Argumentation nicht, daß der Name Sander Roteke in Hamelner Urkunden von 1418 bis 1549 auftaucht und daher mit wenigstens drei Trägern dieses Namens gerechnet werden muß. Im Jahr 1490 erhalten Sander Roteke (II.) und sein Sohn Berthold vom Stift ein nicht näher bezeichnetes Anwesen, bei dem es sich, wie aus dem anschließenden Text der Urkunde deutlich wird, um die obengenannte Kurie handeln muß. Die Übernahme verpflichtet die neuen Besitzer zum Abbruch des alten Hauses und zum Bau eines neuen (HUB II, 597). Offenbar ist Sander Roteke dieser Auflage nachgekommen, denn in der von 1525 datierenden Erneuerung eines alten Stiftsstatuts über die Pflicht der Kanoniker, die optierten Stiftskurien in gutem Zustand zu erhalten, heißt es dominus Albertus Stygh secundus subdiaconus (also der Inhaber der neuen Kurie) possidet curiam angularem ad aquilonem cimiterii, quam Sander Roteken edificavit (HUB II, 708). Folglich ist das Baudatum für die Stiftskurie zwischen 1490 und 1525 anzusetzen. Die von Mithoff überlieferte Lesung 1496 und die heute sichtbare Jahreszahl 1493 sind daher wahrscheinlicher als Spanuths Frühdatierung.

Das Ratsherrenregister (HUB II, S. 796) weist einen Sander Roteke für 1520 als Ziegelherrn, für 1534 als Feuerherrn aus. Im Jahr 1549 ist er als Testamentsvollstrecker benannt (HUB II, 764). Es ist aber zweifelhaft, ob der in den Jahren 1520 bis 1549 bezeugte Sander Roteke mit dem Erbauer der Kurie von 1490 identisch ist.

Textkritischer Apparat

  1. unses] unsers Mithoff; unseres Rothert.
  2. M cccc xciii] M ccccoxvio Rothert; M cccco xcvi Mithoff; M CCCCXLIII Meissel. – Das heute sichtbare Ziffernbild ist Ergebnis einer oder mehrerer Restaurierungen, die ursprüngliche Jahreszahl ist aus dem inschriftlichen Befund nicht mehr zu ermitteln.
  3. Ergänzung nach Mithoff, bo[w] bei Mithoff.

Anmerkungen

  1. Vgl. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 54.
  2. Vgl. Heinrich Spanuth, Hamelner Gotik. In: Klüt 1949, S. 61–67, spez. S. 64.

Nachweise

  1. Rothert, S. 25.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 54.
  3. Meissel, Inschriften, S. 48.

Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 29 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0002908.