Inschriftenkatalog: Stadt Hameln

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 28: Hameln (1989)

Nr. 21 St. Bonifatii 1431

Beschreibung

Grabstein des Kanonikers Hermann Collemann, hochrechteckig. Kalksandstein. Heute neben dem Aufgang zur Orgelempore an der Wand angebracht, ehemals im Kreuzgang (vgl. Einleitung Kap. 3.1.2. Standorte der Grabmäler um 1760, Übersicht Nr. 15)1). Im Innenfeld des Steins Kreuzigungsdarstellung, unter dem Kreuz Maria und Johannes mit Buch. Links auf der Seite der Maria Stifterfigur mit Tonsur und Kutte in Bethaltung. Die Köpfe der Marien-, Christus- und Johannesfiguren sind mit Bohrungen versehen, die vielleicht zur Anbringung metallener Nimben gedacht waren. Solche Bohrungen finden sich ebenfalls an dem der Stifterfigur zugehörigen Spruchband ohne Inschrift, auf das vielleicht ehemals eine Metalleiste mit einer heute verlorenen Inschrift aufgenietet war. Das Kreuz trägt am oberen Abschnitt des Längsbalkens auf einem gerollten Schriftband den Titulus A. Inschrift B vierseitig umlaufend. Reste der alten polychromen Fassung des Grabsteins erkennbar, heute in neuer farbiger Gestaltung. Die Inschrift ist schwarz ausgelegt.

Maße: H.: 213 cm; B.: 110 cm; Bu.: 7,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Christine Wulf [1/1]

  1. A

    I · n · r · i2)

  2. B

    + Annoa) · domini · mo · ccccoxxxi / · ip(s)o die · b(ea)ti · b(e)n(e)dicti · abbatis3) · obiit dominus · herman/nus Collemanb) Canonicus / hui(us) ecclesiec) cuius anima requiescat in / pace amen

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1431 am Tage des heiligen Abts Benedikt starb Hermann Colleman, Kanoniker dieser Kirche. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen.

Kommentar

Hermann Colleman4) ist seit 1391 als Kanoniker bezeugt5), etwa um dieselbe Zeit nennt ihn eine Urkunde (HUB I, 699) als päpstlich bestimmten und prokuratorisch vereidigten Dekan. Da Colleman erst 14216) die Priesterweihe erhalten hat, ist diese Einsetzung in das Amt des Dekans merkwürdig früh. Er ist als Dekan in keiner weiteren Urkunde benannt, bereits im Jahr 1393 hat er dieses Amt nicht mehr bekleidet, wie die Nennung Hinricus decanus, die sich auf Heinrich Corrigiatoris (vgl. Nr. 16) bezieht, belegt (HUB I, 709 vom 28. Juli 1393).

Collemans Kanonikat und seine Majorpräbende am Bonifatiusstift wurden ihm am 28. Mai 1399 von Papst Bonifaz IX. bestätigt7), er wird in diesem Zusammenhang als Vikar der Kapelle Rohrsen genannt. Vor 1422 hatte er die Marienkapelle vor der Weserbrücke abgegeben, er hielt sie aber noch 1422 widerrechtlich in Besitz und wurde dafür als ungehorsamer Kanoniker bestraft (HUB II, 109)8). Er starb am 21. März 1431, seine Memorie ist unter dem 19. August eingetragen9).

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner paragraphenförmig im oberen Teil der Umschrift, punktförmig an der rechten Seite.
  2. Colleman] Beim zweiten l ist der linke Ast der gegabelten Oberlänge sehr weit nach links gezogen, so daß der Eindruck eines Schaft-s entsteht. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Zierstrich oder aber um einen Fehler, der bei der Auslegung der Inschrift mit schwarzer Farbe gemacht wurde. Ein Bild dieses Grabsteins aus dem Jahr 1834 (Sta Hameln, Alt-Hamelner Bildersammlung) zeigt nur eine normale gegabelte Oberlänge. Der Lesung als Schaft-s steht außerdem entgegen, daß die übrigen Schaft-s der Inschrift den weit nach links gezogenen Ast der Oberlänge nicht aufweisen.
  3. ecclesie] ecclesiae Herr, Sonnenberg.

Anmerkungen

  1. Der Stein hat nach Abbruch des Kreuzgangs als Brücke über einen Graben gedient, bis er am Anfang des 20. Jahrhunderts wieder in die Münsterkirche zurückgebracht wurde (vgl. Annemarie Ostermeyer, Althamelner Grabdenkmäler. In: Klüt 1963, S. 72−76, spez. S. 73).
  2. Io 19, 19.
  3. 21. März.
  4. Die biographischen Daten nach Naß, Diss., S. 307.
  5. UB Goslar, Bd. V, 8616, nachgewiesen bei Naß (wie Anm. 4).
  6. Rep. Germ. IV, Sp. 3269, nachgewiesen bei Naß (wie Anm. 4).
  7. Rep. Germ. II, Sp. 502, nachgewiesen bei Naß (wie Anm. 4).
  8. Siehe auch: Rep. Germ. IV, Sp. 3333, nachgewiesen bei Naß (wie Anm. 4)
  9. HSTA Hannover, Hann. 75, Nr. 1862 Vikarien- und Memorienverzeichnis 1570/71, fol. 20r.

Nachweise

  1. Herr, S. 222.
  2. Sonnenberg, S. 6.

Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 21 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0002105.