Inschriftenkatalog: Stadt Hameln

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 28: Hameln (1989)

Nr. 8† St. Bonifatii 1395

Beschreibung

Epitaph des Stiftsseniors Johann von Pohle. Ehemals an der Ostseite des Kreuzgangs (vgl. Einleitung Kap. 3.1.2. Standorte der Grabmäler um 1760, Übersicht Nr. 13). Nach Herrs Ausführungen trug der Stein eine lebensgroße Darstellung des Verstorbenen.

Inschrift nach Herr.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. Anno domini MCCCXCV in die b(ea)ti berivardia) episcopib)1) obiit dominus Johannes de Polte canonicus huius ecclesiae cuius anima requiescatc) in pace

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1395 starb am Tag des hl. Bischofs Bernward Herr Johannes von Polte, Kanoniker dieser Kirche. Seine Seele ruhe in Frieden.

Kommentar

Johann von Pohle, benannt nach dem Ort Pohle im alten Amt Lauenau, hat die »Legenda de ordinacione S. Bonifacii« und die »Cronica ecclesie Hamelensis« vom Jahr 1384 verfasst2). Wahrscheinlich stammen von ihm auch vier lateinische Hymnen auf den hl. Bonifatius. Seit 1351 ist er als Kanoniker bezeugt , eine Urkunde von 1365 weist ihn als Magister aus . Im Jahr 1384 war er Senior3), da er in der in diesem Jahr geschriebenen »Cronica«, die wohl als Autograph anzusehen ist, als Johannes de Polde canonicus huius ecclesiae Hamelensis etate et gradu senior4) signiert. Bei den Aufzeichnungen Johanns von Pohle handelt es sich um die älteste Hamelner Chronik, die sich insbesondere der Geschichte des Stifts St. Bonifatii widmet5). Bemerkenswert ist, daß Johann nur hundert Jahre nach dem Auszug der Hamelner Kinder, der auf das Jahr 1284 datiert wird, das Ereignis in seiner Darstellung mit keinem Wort erwähnt6).

Textkritischer Apparat

  1. berivardi] Berwardi HUB. Nach Auskunft von Klaus Naß ist die Schreibung berward, berivard für Bernward in Hamelner Quellen häufig anzutreffen.
  2. episcopi] itecoris Herr; fehlt HUB. – Das bei Herr überlieferte Wortbild erlaubt auch die Konjektur translationis. Aus Gründen der Wortstellung ist episcopi jedoch im vorliegenden Fall eher wahrscheinlich, da translationis in der Regel dem Namen voransteht. Im Falle von translationis wäre der 16. August als Todesdatum anzunehmen.
  3. requiescat] reb quiescat HUB.

Anmerkungen

  1. 20. November.
  2. Beide Texte herausgegeben von Otto Meinardus, In: Zs. Hist. Ver. Nieders. 1882: Legenda S. 22–29; Cronica S. 29–40. Separatdruck: O. M. Hameler Geschichtsquellen. Festschrift zur Feier des Besuchs des Hansischen Geschichtsvereins und des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung in Hameln am 1. Juni 1882, Hannover o. J.
  3. Vgl. Naß, Diss., S. 324.
  4. Zitat nach Meinardus (wie Anm. 2), Separatdruck, S. 37.
  5. Ausführlich zu Johann von Pohle und dessen Cronica vgl. Naß, Untersuchungen, S. 14–24 u.ö.
  6. Zu Johann von Pohle: Meinardus (wie Anm. 2), S. 1–22; Heinrich Spanuth, Johann von Pohle, ein mittelalterlicher Chronist. In: Jahrbuch 1967, S. 42–45.

Nachweise

  1. Herr, S. 221.
  2. HUB I, 801.

Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 8† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0000802.