Inschriftenkatalog: Stadt Hameln

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 28: Hameln (1989)

Nr. 159 Alte Marktstr. 7 1646

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Wappensteine über der Toreinfahrt des ehemals an dieser Stelle befindlichen Kiepehofs1), eines Adelshofs, der als traufenständiges steinernes Wohngebäude ähnlich dem gegenüberliegenden Redenhof angelegt war. Der Kiepehof wurde 1646 als mehrgeschossiges Gebäude mit massiven Außenwänden aus Bruchsteinen genaut mit Einfassungen aus Sandstein an den Ecken sowie an den Fenster- und Türöffnungen. 1936 wurde dieser Adelshof abgebrochen, nachdem er unter anderem als Getreidespeicher gedient hatte. Nur die beiden Wappensteine mit Beischriften, die sich früher an den Torpfeilern befunden haben, sind erhalten.

Maße: H.: ca. 100 cm; B.: ca. 75 cm; Bu.: ca. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Christine Wulf [1/1]

  1. BEATA ANNA VON CAMPENa) 1646JOST KIPE 1646

Wappen:
Kiepe(Wappenschild durch Querbalken geteilt, Querbalken mit zwei Kleeblättern belegt, darüber Sonne, darunter Halbmond mit aufgerichteten Hörnern)2)
Campen(rechter Arm ein Schwert haltend, um das sich eine Schlange windet)

Kommentar

Justus von Kiepe wurde am 25. Dezember 1588 in Hameln geboren als Sohn des Marcus Kiepe, Amtmanns in Moringen und Ohsen, und dessen Frau Margareta Girsewald3). Nach dem Studium der Rechte in Helmstedt4), das er 1612 begann und mit dem Doktorgrad abschloß, wurde er juristischer Vertreter des Grafen von Holstein-Schaumburg und Syndikus in Hameln. Eins seiner wesentlichen Verdienste um die Stadt war, daß er den Verdacht entkräften konnte, der Rat wäre an einer Verschwörung gegen Tilly beteiligt gewesen. 1627 wurde er als Hofrat zu Fürst Friedrich Ulrich von Calenberg nach Hannover berufen, wo er an der Reformierung der Landesverwaltung wesentlich beteiligt war5). Nach dem Tod des Fürsten zog sich Kiepe kurzfristig nach Hameln zurück, trat aber bereits 1636 wieder als herzöglicher Rat in die Dienste Herzog Georgs. Unter Herzog Christian Ludwig wurde er Kanzler6). Kiepes politisches Handeln richtete sich auf Stärkung des fürstlichen Absolutismus auf Kosten der Landstände und der Städte7).

Im Jahr 1624 heiratete er am 8. November Beata Anna von Campen. Aus der Ehe gingen zwei Töchter und drei Söhne hervor. 1636 hat er von Kaiser Friedrich III. mit der Erhebung in den Reichsadelsstand das Wappen verliehen bekommen. Justus von Kiepe starb am 6. November 1664 und wurde am 29. November begraben8).

Textkritischer Apparat

  1. Lesung des Namens unsicher.

Anmerkungen

  1. Die Angaben zum ehemaligen Kiepehof folgen Hans Härtel, Die Bauten der alten Kloster- und Adelshöfe Hamelns. In: Jahrbuch 1971, S. 1–17.
  2. Vgl. Spießen, Wappenbuch, S. 27 (Tafel 68) und S. 30 (Tafel 75).
  3. Vgl. Leichenpredigt des Heinrich Sannemann, Die unbewegliche Grund=feste (. . .) Bey sehr ansehnlicher und Volckreicher Begraͤbnis/Des Hoch=Edelen Gestrengen Hn. Justus Kipen (. . .). Rinteln 1666. (Sta Hameln, XII, 2 b SAN 67 a), S. 36f.
  4. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 225, Nr. 116. Sein akademischer Lehrer war der Humanist Johannes Caselius.
  5. Friedrich Uhlhorn, Justus Kipe, Hameln 1909, S. 2ff.
  6. Uhlhorn (wie Anm. 5), S. 10–13.
  7. Uhlhorn (wie Anm. 5), S. 18f.
  8. Die Angabe des Todesdatums folgt Uhlhorn (wie Anm. 5). Die Leichenpredigt nennt dagegen als Todesjahr 1665; da Kiepe 1588 geboren wurde und in seinem 76. Lebensjahr starb, ist das von Uhlhorn genannte Jahr korrekt.

Nachweise

  1. Meissel, Inschriften, S. 13.
Addenda & Corrigenda (Stand: 22. Juni 2020):

Gemälde mit einer Darstellung des Justus Kiepe. Öl auf Leinwand. Das Gemälde befindet sich seit dem Jahr 2000 als Leihgabe im Museum Rinteln (Lkr. Schaumburg),1) stammt aber möglicherweise aus dem Kiepe-Hof in Hameln. Es zeigt Justus Kiepe in Dreiviertelfigur, schwarz gekleidet mit Spitzenmanschetten und einem Spitzenkragen sowie einer quer über die Brust gelegten Goldkette mit einem Medaillon. In seiner linken Hand hält er ein Tuch, in der rechten einen Stab. Neben ihm auf einem Tischchen liegen ein Buch und ein schwarzer Hut mit einer umlaufenden goldenen Kette. Die Inschrift ist seitlich rechts neben dem Kopf unterhalb eines Vollwappens in hellbraun auf braunem Grund aufgemalt.

Maße: Mit Rahmen H.: 121,5 cm; B.: 99,5 cm; Bu.: ca. 1,5 cm.

Schriftart(en): Minuskeln mit Versalien und Kapitalis.

  1. Justus Kipius J(uris) c(onsul)t(us)a) ser(enissi)mi / DUCIS Christiani LVDOVICI / B(runvicensis) C(alenbergensis) et L(unaeburgensis) Cancellari(us)b) A(nn)o 1645 . / AEtat(is) suac) 57.

Übersetzung:

Justus Kiepe, Rechtsgelehrter, Kanzler des durchlauchtigsten Herzogs Christian Ludwig von Braunschweig, Calenberg und Lüneburg im Jahr 1645, im 57. Jahr seines Alters.

 
Wappen:
Kiepe2)

Justus Kiepe immatrikulierte sich am 31. August 1612 an der Universität Helmstedt, 1616 wurde er in Marburg promoviert. Bereits 1614 lehrte er als Professor der Institutionen in Stadthagen und auch 1617/18 ist er im Vorlesungsverzeichnis genannt. Anschließend wurde er Stadtsyndikus in Hameln, stand aber gleichzeitig in Diensten des Grafen zu Holstein-Schaumburg. 1624 heiratete er Beata Anna von Campen. 1627 ging er an den Hof des Herzogs Friedrich Ulrich von Braunschweig-Lüneburg in Wolfenbüttel. 1638 nahm Kaiser Ferdinand III. ihn in den Reichsadelsstand auf. Zwischen 1641 und 1661 fungierte Kiepe als Kanzler des Fürstentums Calenberg. 1661 legte er seine Ämter nieder. Justus Kiepe starb 1664 in Hannover und wurde in Hameln begraben.3)

Textkritischer Apparat

  1. Befund: Icto (o wohl Ergebnis einer Fehlrestaurierung)
  2. Befund: Cancellanio (wohl Ergebnis einer Fehlrestaurierung).
  3. Statt suae.

Anmerkungen

  1. 1.Für den Hinweis auf dieses Gemälde ist Herrn Dr. Stefan Meyer, Museum Rinteln zu danken.
  2. 2.Wappen Kiepe (Wappenschild durch Querbalken geteilt, Querbalken mit zwei Kleeblättern belegt, darüber Sonne, darunter Halbmond mit aufgerichteten Hörnern). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 30 und Tafel 75.
  3. 3.Hänsel, Catalogus Professorum Rintelensium, S. 22f.; Zimmermann, Paul, Album Academiae Helmstadiensis, Bd. 1, Abt. 1, S. 225, Nr. 116 (http://diglib.hab.de/drucke/f4f-211-1b/start.htm). Er wird in der Matrikel als Hofrat „Consiliarius aulae“ bezeichnet; s.a. Köcher, Adolf: Kipius, Justus, in: ADB 15 (1882), S. 785f. [Onlinefassung] (http://www.deutsche-biographie.de/pnd120047322.html?anchor=adb.) – Weitere Literatur zu Justus Kiepe: Kipius, Justus. In: Joachim Rückert, Jürgen Vortmann: Niedersächsische Juristen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, S. 370; Wolfgang Lent: Kiepe (auch Kipius, Kipp, von Kipe), Justus. In: Horst-Rüdiger Jarck, Dieter Lent u.a. (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon: 8. bis 18. Jahrhundert. Appelhans Verlag, Braunschweig 2006, S. 394.

Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 159 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0015901.