Inschriftenkatalog: Stadt Hameln
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 28: Hameln (1989)
Nr. 149 Museum nach 1642
Beschreibung
Grabstein des Gerhard von Benthe. Kalksandstein. Die Herkunft des Steins ist unbekannt, möglicherweise ist er nicht Stadt-Hamelner Provenienz. Der hochrechteckige Stein ist heute in der Wand des Museumshofs eingemauert. Im Innenfeld ist der Verstorbene in Lebensgröße im Halbrelief dargestellt, bekleidet mit Wams und Koller. Neben dem Kopf der Figur auf jeder Seite ein Wappen. Inschrift A läuft vierseitig in zwei Zeilen um. Inschrift B befindet sich in der unteren Hälfte des Bildteils zur Rechten und zur Linken der Darstellung jeweils parallel zur Umschrift verlaufend. Der Grabstein ist am Rand beschädigt, dadurch ist die Lesung der Umschrift beeinträchtigt. Im 19. Jahrhundert wurden weitere Inschriften auf dem Stein angebracht: Am Schluß der 2. Zeile der Umschrift und oberhalb der Figur1), fortgesetzt unterhalb der Figur; außerdem eine Inschrift auf dem Wams2), zwei weitere unterhalb der beiden Wappen3). – Die Inschriften fehlen in Herrs Sammlung.
Maße: H.: 187 cm; B.: 95 cm; Bu.: 3,7 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
ANNO 1613 DEN 5 MARTY IST DER ERNVESTER / VNDT [M]ANH[AF]TER [G]ERHART VON BENTHE: SEHL4) BURCHART VON BENTHE BVRGER VNDT PATRICIVS IN HANNO[VER] / [. . .]ICHEN [. . . . . . .] WELT GEBAREN / ANNO 16[. .]5) DEN DINGSTAG VOR MARTINI: WAHR DEN [. .] NOVEMBRIS ALHIR : BV OSEN6) : VAN IOHAN / MEVRMAN AVS HAMELEN MORDTLICHER/WEISE : ERSTOCH[E]N WORDEN : GOT : SEI : SEINER : SEHLEN : GNEDIG : VNDT VERLEIHNE IHME AM / [IV]NGSTEN T[AG] [EINE FROEL]ICHE AVFER/STEHVNGE : SEINES ALTERS : IM 26 IAHRE
- B
IOH I DAS BLVT IESV CHRISTI SEINES SOHNS / MACHET VNS REIN VON ALLER SVNDE7)
Benthe | (Einhorn) |
Beneke | (in der rechten Hälfte zwei Rücken an Rücken stehende F, links zwei Sterne pfahlweise gestellt8) |
Anmerkungen
- Wortlaut der nachgetragenen Inschrift: Wachet, Betet den es kan für Abend anderst werden (vgl. Mt. 26, 41).
- Oberhalb der Figur: das zeigte der 6 W Juli 57.
- Twick zu EMMERN. Ein Denkmal der Vorzeit im Jahr 1835 hier durch mich errichtet.
- Unter dem Wappen Benthe steht: Der Mensch denket wol zuviel, unter dem Wappen Beneke: aber Gott lenket es oft anderst (nach Spr. 16, 9).
- SEHL] ‚seligen‘; aufgrund des voraufgehenden Doppelpunkts als Attribut zu dem nachstehenden Namen Burchart von Benthe aufzufassen.
- Zu ergänzen ist 37, vgl. Kommentar.
- BV OSEN] ‚bei Kirchohsen‘.
- Nach Joh. 1, 29 und 36.
- Vgl. Hannoversche Geschichtsblätter NF Bd. 2, H. 5/6, 1933, S. 260, Wappen Nr. 49 und 52, nachgewiesen bei Sander (wie Anm. 9).
- Vgl. Alfred Sander, Ein Mordgedenkstein im Hamelner Museum. In: Jahrbuch 1985, S. 6–9.
- Stadtarchiv Hannover, V. Han. 161, 1611–1685 IV. Catalogus Defunctorum 1637, November 12.
- Vgl. 2Sprenger, S. 73 Fußnote.
Nachweise
- Sander (wie Anm. 9), S. 6.
Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 149 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0014905.
Kommentar
Das Grabmal ist wahrscheinlich nach 1642 errichtet worden, da der in der Inschrift mit dem Attribut SEHL versehene Burchart von Benthe in diesem Jahr gestorben ist. Sein Gedenkstein befand sich an der Kreuzkirche in Hannover.
Der in der Inschrift genannte Gerhard von Benthe stammt aus einer Hannoveraner Patrizierfamilie. Aus dem in der Inschrift genannten Geburtsdatum (5. März 1613) und dem Lebensalter des Getöteten (26 Jahre) wäre 1639 als Todesdatum zu ermitteln. Die erkennbaren Reste der Ziffern deuten aber eher auf 1637 hin. Diese Jahreszahl stimmt mit einem von Alfred Sander9) nachgewiesenen Eintrag im Kirchenbuch der Marktkirche Hannover überein: Borchart von Benthen Sohn Gebhardten, do im Kriege plötzlich erstochen, hie geläutet10). Offenbar ist bei der Angabe des Lebensalters Gerhards von Benthe in der Umschrift ein Fehler unterlaufen. Er war zum Zeitpunkt seiner Ermordung nicht 26, sondern erst 24 Jahre alt. Die näheren Umstände seiner Ermordung konnten nicht geklärt werden, sie sind wahrscheinlich in den Wirren des 30jährigen Kriegs zu sehen. Der als Mörder genannte Johann Murmann ist in Hameln im Zusammenhang einer Verschwörung gegen Tilly im Jahr 1628 mit der Berufsbezeichnung „Schneider“11) erwähnt. Da die Familie Murmann im 17. Jahrhundert in Hameln weit verzweigt war, ist es allerdings nicht auszuschließen, daß sich beide Nennungen nicht auf dieselbe Person beziehen.