Inschriftenkatalog: Stadt Hameln

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 28: Hameln (1989)

Nr. 74 Münsterkirchhof 2 1570

Beschreibung

Epitaph der Katharina Vogedes. Kalksandstein. Der Stein ist heute in die Ostwand des Wohnhauses Münsterkirchhof 2 eingemauert, er befand sich früher außen an der Nordseite der Kirche St. Bonifatii, dem Kruzifix (vgl. Nr. 41) gegenüber1). Der Bildteil zeigt die Verstorbene in bürgerlicher Kleidung. Sie kniet in einer Bogenarchitektur unter dem Kreuz mit Titulus A. Zu Füßen der Figur rechts und links je ein Wappen. Auf dem Kniekissen die Jahreszahl B. Unter dem Bildteil zwischen den mit Löwenköpfen verzierten Säulenbasen Inschrift C. Die den Bogen mit Inschrift D tragenden Säulen sind mit Blattornamenten und korinthischen Kapitellen verziert. Rechts und links des Bogens je ein posauneblasender Engel2).

Maße: H.: 200 cm; B.: 140 cm; Bu.: 2,5 cm (A), 3,5 cm (C), 4–5 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [1/1]

  1. A

    INRI3)

  2. B

    1570

  3. C

    ASPICE FOEMINEV(M) PRAESTA(N)Sa) PROBITATISb) αγαλμαc)QVAE CATARINA SIBI VOGEDES NOMEN HABETIOANNI QVONDAM FVERAT CONNVBIO IVNCTAAMELV(N)G · HOC TVMVLO SVAVITER OSSA CVBANT ·HAECd) POSTQVA(M) BI(N)AS PVLCHRAS PARERETQ(VE) PVELLASATQ(VE) VNVM PVERVM PESTE NECATAe) FVITCVIVS IN HACf) SE(M)PER PIETAS CIVITATE REFVLSITg)CORPVS HIC RECVBAT SPIRITVS ASTRA TENET

  4. D

    OBIIT HORA SEXTA A MERIDIE 30 AVGVSTI ANNO CHRISTI 1566

Übersetzung:

Sieh das vorzügliche Bild weiblicher Rechtschaffenheit. Sie heißt Katharina Vogedes. Einst war sie mit Johann Amelung ehelich verbunden. In dieser Grabstätte ruhen sanft ihre Gebeine. Nachdem sie zwei schöne Mädchen und einen Jungen geboren hatte, wurde sie von der Pest ums Leben gebracht. Ihre Frömmigkeit erstrahlte immer in dieser Stadt. Hier liegt ihr Körper, die Seele ist bei den Sternen. (C)

Sie starb am 30. August im Jahr Christi 1566 um sechs Uhr nachmittags. (D)

Versmaß: Distichen (C).

Wappen:
Amelung(aus einem liegenden Stamm sprießender Eichenzweig mit zwei Blättern und drei Eicheln, darüber zwei Sterne)4)
Vogedes(zwei gekreuzte Pfeile)

Kommentar

Katharina Vogedes stammt aus dem gleichnamigen Hamelner Patriziergeschlecht. Sie wurde um 1535 in Hameln geboren und heiratete 1561 Johann Amelung. Mitglieder der Familie Amelung waren mehrfach Bürgermeister, Johann Amelung war seit 1556 Mitglied der Kaufmannsgilde. Die Familie bewohnte das Haus Am Markt 4, das im 17. Jahrhundert Festungskommandantur wurde5).

Textkritischer Apparat

  1. PRAESTA(N)S] PRAESTAM Wolf.
  2. PROBITATIS] pietatis Herr, Meissel; PROBITATE Wolf.
  3. Die Textstelle ist im Original unleserlich, Ergänzung nach Herr. Wolf (wie Anm. 4) rekonstruiert den Text in griechischen Großbuchstaben, was jedoch mit den noch erkennbaren Schriftresten des Originals nicht vereinbar ist.
  4. HAEC] Hoc Herr; Hac Meissel.
  5. NECATA] meccata Meissel.
  6. HAC] hoc Herr, Meissel.
  7. REFVLSIT] revulsit Herr, reculsit Meissel.

Anmerkungen

  1. Vgl. Herr, S. 168.
  2. Hinsichtlich der Gestaltung dieses Epitaphs sind Parallelen mit dem des Rudolf von Holle (vgl. Nr. 65) festzustellen. Vgl. Neukirch, S. 67.
  3. Io. 19, 19.
  4. Weitere Ausführungen zum Wappen bei Armin Wolf, „Peststein“ 400 Jahre alt. Das Grabmal der Katharina Amelung aus dem Jahre 1570. In: Jahrbuch 1970, S. 47–54, spez. S. 48.
  5. Vgl. Johannes Meyer, Aus der Geschichte der Amelungs. Braunschweig 1930, S. 6 (Sta Hameln, XII 2 b Mey 5/1). – Ausführliche biographische Angaben auch bei Wolf (wie Anm. 4).

Nachweise

  1. Herr, S. 168.
  2. Meissel, Inschriften, S. 32.
  3. Wolf (wie Anm. 4), S. 48.
  4. Neukirch, Tafel 7 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 74 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0007406.