Inschriftenkatalog: Stadt Hameln

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 28: Hameln (1989)

Nr. 23 St. Bonifatii 1451

Beschreibung

Glocke. Die Glocke hing bis 1860 im nördlichen Schalloch des Vierungsturms und wurde bei Beerdigungen geläutet1). Im Jahr 1860 wurde das gesamte Hauptgeläut herabgenommen2), heute steht die Glocke, deren Aufhängung beschädigt ist, neben der Treppe zur Krypta im nördlichen Seitenschiff. Inschrift A verläuft einzeilig zwischen geraden Stegen um die Glockenschulter, das letzte Wort ist in eine zweite Zeile darunter gesetzt. Die einzelnen Wörter der Inschrift sind meistens durch rosettenartige Worttrenner voneinander getrennt, nach fecit und maria je drei Zweige mit Blüten als Worttrenner.

Auf der Flanke an zwei gegenüberliegenden Seiten eine männliche Figur, einen Stab mit einer Rosette haltend, und eine weibliche Figur. Über den Figuren je eine Wappenrose. Auf der dritten Seite ein kleines Kruzifix, die vierte Seite war mit zwei aufeinander zu schwebenden Engeln verziert3). Zwischen der Inschrift A und den Verzierungen an der Glockenflanke mehrere Prägemarken. Inschrift B am Schlagring zwischen zweizeiligen Stegen.

Maße: H.: 61 cm; Dm.: 73 cm; Bu.: 2,5 cm (A), 2,6 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [1/2]

  1. A

    + anno d(omi)ni + moccccoli xv die decembris + hartma(n)nvsa) · me · fecit · ihe[svs]b) + maria + S(anctvs) bonifacius / m[a]rtir

  2. B

    ioh(an) [. .] zylenc)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1451 am 15. Dezember hat Hartmann mich gemacht. Jesus. Maria, Sankt Bonifatius der Märtyrer.

Kommentar

Der in der Inschrift genannte Glockengießer hartmannvs ist bei Walter nur für diese Glocke nachgewiesen4).

Sofern die Lesung der Inschrift B zutrifft, ist Johannes de Zylen als Stifter der Glocke anzusehen. Er ist von 1425 bis 1463 als Kanoniker und Inhaber einer Majorpräbende an St. Bonifatii bezeugt5). Seit dem 2. Dezember 1461 ist er als notarius publicus (HUB II, 371), seit dem 15. Juni 1455 als Senior nachgewiesen (HUB II, 325, 379). Außerhalb Hamelns hatte er weitere Pfründen in der Diözese Paderborn: am 30. November 1424 wurde er von Papst Martin V. mit der Pfarrkirche in Borgentreich providiert6), vor dem 9. März 1426 war er Inhaber des Katharinenaltars im Peterskloster Marsberg. Seine Glockenstiftung ist urkundlich nicht belegt.

Textkritischer Apparat

  1. hartma(n)nvs] Hartmanns Kittel.
  2. ihe[svs]] jesus christus Kittel.
  3. ioh(an) [. .] zylen] io len Kittel.

Anmerkungen

  1. Vgl. Hans Kittel, Glocken des Münsters und der Marktkirche. In: Jahrbuch 1966, S. 38–42, spez. S. 39.
  2. Vgl. den Nachtrag Reitzensteins in 2Sprenger, S. 206.
  3. So bei Kittel (wie Anm. 1), die Darstellung der Engel ist nur noch in Resten erhalten.
  4. Vgl. Walter, Glockenkunde, S. 758.
  5. Die folgenden biographischen Angaben nach Naß, Diss., S. 325, dort ausgewertet: Rep. Germ. IV, Sp. 2555; HUB II, 391 und die im folgenden genannten Urkunden.
  6. Rep. Germ. IV, Sp. 1810, Sp. 2555.

Nachweise

  1. Kittel (wie Anm. 1), S. 38f.

Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 23 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0002309.