Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 509† Stadtgottesacker 1647 (?)

Beschreibung

„Ein schön Epitaphium des sel(igen) H(err)n Tob(ias) Oesterlings“ in der Bogenkammer 59, „daran Er nebst seiner sel(igen) Hausfrau“ Elisabeth Becker „in Lebensgrösse abgebildet und in Stein gehauen, auch mit Farben ausgemahlt und allerhand Zierrath umbgeben. Umher“ Sterbevermerke und Segenswünsche (A, C), Memento mori (B) und eine Bibeldichtung (D). „Zu öberst ist in ein Hertz eingeschrieben“1) ein Bibelzitat (E). Die Schriftform und die Art der Schriftausführung auf dem heute verlorenen Epitaph nicht überliefert.

Nach Olearius.

  1. A

    Den 18. May Anno 1647. ist in GOtt selig entschlaffen der Ehrenveste und vornehme H(err) Tobias Oesterling E(ines) E(hrenwerten)a) Raths gewesener Worthalter und Cramermeister in Halle, Seines alters 73. Jahr, 3. Monat und 3. Wochen. GOTT verleihe ihm eine fröliche Auferstehung zum ewigen Leben, Amen.b)

  2. B

    Gedenck O Mensche früh und spatc) /Dein End und deins HErrn CHristi todt, /Auf Erde ist Angst und elende Zeit, /Im Himmel Freud und Herrligkeit /Wird anfahend), wann der Seelen=Hirt /Uns vom Tod auferwecken wird.b)

  3. C

    Den 18. April(is) 1639. ist in GOtt selig entschlaffen die Erbare und Tugendsame Fr(au) Elisabeth Beckerin, des hierbeystehenden H(err)n Tobiä Oesterlinges ehel(iche) Hausfrau, ihres Alters 69. Jahr 9. Monat und 6. Tage, der GOtt eine fröliche Auferstehung verleihen wolle, Amen.b)

  4. D

    CHristus die Wahrheit und das Leben /Die Auferstehung dem wird geben /Der an Jhn gläubt gwise) leben wird /Ob er auch gleich hier zeitlich stirbt /Wer lebt und gläubt, thut ihm die Ehr, /Wird gewislich sterben nimmermehr.b)2)

  5. E

    Psalm. 90. Unser Leben währet etc.3)

Versmaß: Zwölf Reimverse (B, D).

Kommentar

Die Beschreibung scheint darauf hinzudeuten, daß es sich um ein Epitaph für beide Ehegatten handelte, das vielleicht erst nach dem Tod Tobias Oesterlings geschaffen wurde.

Tobias Oesterling (1574–1647) gehörte seit 1614 dem Rat an und amtierte seit 1618 als Worthalter. Außerdem war er nach 1614 zeitweilig Hospitalvorsteher.4) Das Ratsamt Oesterlings bekleidete auch sein Sohn Tobias, der allerdings schon 1636 an der Pest gestorben war. Die beiden anderen Söhne, Samuel und Christian, wie auch deren Söhne Ernst Christian, Christoph Gustav und Joachim Christian schlugen eine militärische Laufbahn im Dienste verschiedener deutscher und ausländischer Höfe ein.5)

Textkritischer Apparat

  1. Eines Ehrenwerten] Ergänzung in moderner Schreibweise.
  2. Schrägstriche bei Olearius wurden durch Kommata ersetzt.
  3. spat] Sic!
  4. anfahen] Sic! Ältere Form für anfangen; vgl. DWB 1, 1854, Sp. 321 f.
  5. gwis] Sic!

Anmerkungen

  1. Alle Zitate nach Olearius 1674, S. 62 f.
  2. Nach einer Bibeldichtung Luthers nach Jh 11,25–26; Luther WA 35, S. 482.
  3. Ps 90,10.
  4. StAH H A 14, S. 53; StAH H B 2, S. 109–112, 114 f., 117 f., 121 f., 125; siehe auch Nr. 400, 404.
  5. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 109 („Geschlechts-Register derer Oesterlinge“).

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 59).
  2. Olearius 1674, S. 63 f.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 509† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0050908.