Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 486 Dom 1642

Beschreibung

Grabplatte (oder Epitaph?) aus Sandstein für August Konrad Carpzow, an der nördlichen Innenwand aufgestellt. Reliefplatte mit umlaufender Schriftzeile, darauf der Sterbevermerk (A). Im Binnenfeld ein Kleinkind, geführt von zwei Putten und bekränzt von einem dritten Putto, der auf einer Wolke über dem Kind schwebt. Das Kind von einem ganz flachen Rundbogen überfangen, dessen Grund vegetabile Ornamentik ziert. Die Figuren erhöht ein Podium, an das ein Bibelzitat angeschrieben ist (B). Beiderseits des Podiums und an den Bogenzwickeln Vollwappen. Alle Inschriften eingehauen; Wappen und Inschriften partiell schlecht erhalten.

Maße: H.: 138 cm; B.: 95–95,5 cm; Bu.: 3,5–4 cm (A), 2 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    AVGVSTVS CONRADVS CO[NRADI] / CARP[ZOVII]a) [- - -]b) ARCHIEP(ISCOPATVS) MA[G]DEB(VRGENSIS) CANCELLARII [- - -]c) / [- - -]d) / [ANN]O MDCXLII, NATVS [D](IE) [- - -]e) D(IE) XVIII. MARTII DENATVS

  2. B

    Marci Cap: X / La[sz]t die kindlein zuf) mir kom/men vnd wehret ihnen nicht / Denn [sol]cher ist dasz Reich Gottes.1)

Übersetzung:

A August Conrad, Conrad Carpzows, des Kanzlers des Erzstifts Magdeburg (Sohn) (...) ist im Jahr 1642, am (...) Tag (...) geboren und am 18. Tag des März gestorben.

Wappen:
Konrad Carpzow2) Cramer von Clausbruch3)
Fluth4) unbekannt5)

Kommentar

Die Inschrift A weist ein zweibogiges E, ein M mit halbhohem Mittelteil und geraden Schäften sowie ein R mit einer unter die Grundlinie hinabschwingenden Cauda auf. Die erste Zeile von B ist zentriert; Kürzungen sind durch Punkte auf der Grundlinie oder Doppelpunkte gekennzeichnet.

Konrad Carpzow (1593–1658) war ein Sohn des kursächsischen Kanzlers Benedikt Carpzow und der Anna Fluth aus Wittenberg. Unter seinen Brüdern war der berühmte Leipziger Jurist Benedikt (II.) Carpzow. Konrad studierte seit 1610 in Wittenberg, Leipzig und Jena und wurde 1619 in Wittenberg zum Juris Utriusque Doctor promoviert. Nach zweijähriger Tätigkeit am herzoglich-pommerschen Hof erhielt er einen Ruf nach Wittenberg und wurde außerdem 1628 Assessor des Landgerichts der Markgrafschaft Niederlausitz. Als er mit einer kursächsischen Gesandtschaft 1637 in Regensburg weilte, erhob ihn Ferdinand II. in den Adelsstand und ehrte ihn und seinen ältesten Sohn Benedikt mit der Würde eines kaiserlichen Hofpfalzgrafen. 1638 berief ihn der Administrator August von Sachsen als Geheimen Rat und Kanzler nach Halle.6)

August Konrad und seine ältere Schwester Dorothea Christina (s. Nr. 491) entstammten Carpzows zweiter, 1633 geschlossener Ehe mit Christina Elisabeth Cramer von Clausbruch (1609–1671) auf Meuselwitz (Thüringen).7)

Das Grabmal ist eine qualitätvolle Bildhauerarbeit.

Textkritischer Apparat

  1. CONRADI CARPZOVII] Ergänzt nach dem Vorbild der Nr. 491.
  2. [- - -] Vielleicht weitere Buchstaben (ICTI?).
  3. [- - -] Weitere Buchstabenfragmente, die sich nicht in einen sinnvollen Zusammenhang bringen lassen. Als zweiter und dritter Buchstabe vielleicht IC.
  4. [- - -] Es ist unsicher, ob die Fußleiste überhaupt beschriftet war.
  5. DIE [- - -] Der erste Buchstabe noch zu erahnen, die übrigen Buchstaben nach dem Vorbild des folgenden Wortes DIE ediert. Auf dem beschädigten Teil der Zeile ist wohl noch ein V zu erkennen.
  6. zu] Der erste Buchstabe ragt über das Mittelband der Schriftzeile hinaus.

Anmerkungen

  1. Mk 10,14.
  2. Siehe Nr. 491.
  3. Ebd.
  4. Ebd.
  5. Ebd.
  6. Olearius 1658, fol. Er–Fv; Dreyhaupt 2, 1750, S. 601; Schieckel 1966, S. 312 f., 318; Thiele 2011, S. 427. Die von Schieckel zugeschriebenen Ämter eines „Assessors am Hofgericht und Konsistorium“ sowie „Mitglieds des Appellationsgerichts in Dresden“ sind bei Olearius nicht nachgewiesen. Von Franck 1, 1967, S. 161 führt irrtümlich „Bernhard“ von Carpzow an.
  7. Olearius 1658, fol. Eiijv; August Konrad und Dorothea Christina bei Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 26 („Geschlechts-Register derer Carpzove“) nicht namentlich genannt. Zu Cramer von Clausbruch auf Meuselwitz s. auch Kneschke 2, 1860, S. 346 f.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 486 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0048603.