Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 462† Stadtgottesacker 1636

Beschreibung

Grabmal für Christoph Steinkopf in der Nähe der 7. Bogenkammer, heute verschwunden. Darauf eine Weiheformel, biographische Angaben und der Sterbevermerk (A), religiöse Spruchdichtung (B) und ein Stiftervermerk (C). Die Gesamtgestaltung, Schriftform und Art der Schriftausführung nicht bezeugt.

Nach Olearius.

  1. A

    C(hristo) S(acrum) Monumentum CHRISTOPHORI STEINKOPFS, Qvi Hallis Saxonum A(nno) AE(rae) Christianaea) MDCXI IX. Kal(endas) Febr(uarii) Patre Balthasare, Matre Blandina Ockelia natus per diversas Germaniae Bataviae Britanniae Galliaeqve Academias (et)b) Provincias Studiorum (et)b) itinerum cursu confecto, redux nuper in Patriam, Unica familiae suae spes, AE(ra) Chr(istiana) MDCXXXVI. 16. Kal(endas) Mart(ii) lenta phtisi humanis ereptus, vixit annos 26. d(ies) 20.

  2. B

    Wandersmann ich seh du feilest,c) /Der du in dein Vaterland /Und nach Hauß begierlich eilest, /Sieh mich an, in diesem Sand, /Der ich auch also gedacht, /Als mein Reisen war vollbracht. /Nein, ich muste weiter gehen, /Und in meiner Kranckheit=Stand, /Zwar ein hartes überstehen, /Bis ich kam zum Vaterland /Bis ich wie ich wünscht und dacht, /Meinen Lauff wohl hab vollbracht.d)

  3. C

    Inverso naturae ordine, Filio unico desideratissimo moestissima mater F(ieri) F(ecit)

Übersetzung:

A Christus geweiht. Das Grabmal des Christoph Steinkopf, der in Halle in Sachsen im 1611. Jahr des christlichen Zeitalters, am 9. (Tag) vor den Kalenden des Februar vom Vater Balthasar (und) der Mutter Blandina Ockel geboren (und), nachdem er im Verlauf (seiner) Studien und Wege verschiedene Akademien und Provinzen Deutschlands, der Niederlande, Britanniens und Frankreichs besucht hatte, vor kurzem in die Heimat zurückgekehrt – die einzige Hoffnung seiner Familie –, im christlichen Zeitalter 1636, am 16. (Tag) vor den Kalenden des März durch anhaltende Schwindsucht den Menschen geraubt worden ist. Er lebte 26 Jahre (und) 20 Tage.

C In umgekehrter Ordnung der Natur ließ dem sehr vermißten einzigen Sohn die überaus betrübte Mutter (dieses) errichten.

Versmaß: Zwölf Reimverse (B).

Datum: 1611 Januar 24, 1636 Februar 15.

Kommentar

Inschrift A skizziert die Studienreisen und -aufenthalte, die Blandina Steinkopf ihrem einzigen überlebenden Sohn Christoph gewährt hatte; der Vater Balthasar war bereits 1619 verstorben (s. Nr. 409). Ihre Weitläufigkeit ist nicht ungewöhnlich für junge Männer bürgerlicher oder niederadliger Herkunft, die eine höfische oder akademische Laufbahn anstrebten. Frankreich und die Niederlande gehörten zu den immer wiederkehrenden Reisezielen.1) Wenige Monate nach dem Tod Christophs mußte Blandina Steinkopf auch noch das Sterben Justina Stützings, des letzten ihrer fünf Kinder, erleben.2)

Textkritischer Apparat

  1. AErae Christianae] Auflösung analog Nr. 471A.
  2. et] Olearius: et-Ligatur.
  3. feilest] Sic! Vermutlich im Sinn von „fehlen“, „irren“; vgl. DWB 3, 1862, Sp. 1423.
  4. Schrägstriche bei Olearius wurden hier durch Kommata ersetzt.

Anmerkungen

  1. Vgl. z. B. die Studienreisen des Wilhelm Rudolph Megbach (s. Nr. 332) und Balthasar Brunner (s. Nr. 362).
  2. Vgl. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 174 („Geschlechts-Register derer Stützinge“).

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 3, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 101 f.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 462† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0046203.