Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 460† Barfüßerkirche † 1635

Beschreibung

Grabplatten (?) aus Stein für Johannes und Barbara Scheffer, „mitten in der Schulkirche“, spätestens bei Abbruch der Kirche 1828 verlorengegangen. Über die Gestaltung der Grabplatten nichts überliefert; die Weiheformeln, biographischen Angaben, das Totenlob und die Sterbevermerke (A, B) sowie ein Stiftervermerk (C) „in Stein gehauen“.1)

Nach Olearius 1674.

  1. A

    JESU Mortis Victori S(acrum) / Qvod mortale habuit JOH(ANNES) SCHEFFERUS J(uris) U(triusqve) D(octor) Archiep(iscopi) Magdeb(urgensis) Consiliarius (et)a) Salinarum Hall(ensium) Comes, Provinciis laudabiliter gestis de patria (et)a) Republ(ica) universa longe meritissimus, pietate in DEum, Consilii gravitate, in proximum liberalitateb) notissimus, Natus Halae Sax(onum) A(nno) 1570. 26. Dec(embris)c) Patre Petro, Matre Anna Beneritzia, Parentibus honestissimis. De Barbara Baueria ad latus posita, Filiorum trium, Filiarum septem Parens, Nepotum qvinqvaginta (et)a) unius Avus factus, in Domino mortuus, A(nno) M DC XXXV. 4. Dec(embris)d) aetat(is) 65. / Hic situm est; Spiritui immortali, qvi ad Deum rediit gloriose uniendum. / Qvem viduata dolent, Fora, Curia, Templa, ScheferiOssa tenet Templum, Curia Coeli animum.

  2. B

    CHRISTO Vitae Autori S(acrum) / Hic conditur BARBARA Leonhardi BAUERI Civis Senatoris (et)a) Chrysurgie) Argentinensis, Barbaraeqve Steteliae, Parentum Optimorum Filia, Foemina Matronaliumf) Virtutum laude decoratissima, primum Joachimi Bütneri, qvem trium, dein D(octoris) Joh(annis) Schefferi, cui adjacet, qvem decem liberorum Patrem fecerat, Conjux desideratissima, Nata Argentinae M D LXV. 18. Jan(uarii) pie denascitur Halae, 1616. 2. Febr(uarii) aet(atis) LI. Magno Mariti, prolis (et)a) Bonorum luctu, laetam carnis resurrectionem in apparitione Magni DEI expectans.g) /Barbara dicebar, qvae nomine rustica terris,In coelis Christi civis amica vocor.

  3. C

    JOH(ANNES) SCHEFFERUS Reip(ublicae) Hall(ensis) Consul (et)a) Dicasterii ibidem Assessor, Parentibus meritissimis extremum gratitudinis pignus, cum lacrymis P(osuit) A(nno) M DC XXXV.

Übersetzung:

A Jesus, dem Besieger des Todes, geweiht. Was Johannes Scheffer – Doktor beider Rechte, Rat des Erzbischofs von Magdeburg und Salzgraf von Halle, der gemäß löblicher Verrichtung (seiner) Amtsgeschäfte bei weitem verdienstvollste (Mann) der Heimat und des gesamten Staates, hochangesehen durch (seine) Frömmigkeit gegenüber Gott, (seine) Ratswürde und (seine) Freigiebigkeit gegenüber dem Nächsten, geboren im sächsischen Halle, am 26. Dezember im Jahr 1570 (als Sohn) des Vaters Peter (und) der Mutter Anna Beneritz, der ehrenhaftesten Eltern, von Barbara Bauer, die ihm (ehelich) zur Seite gelegt war, zum Vater von drei Söhnen und sieben Töchtern (sowie) Großvater von 51 Enkeln gemacht, im Herrn verschieden am 4. Dezember im Jahr 1635, im 65. (Jahr seines) Alters – an Sterblichem besaß, liegt hier, um mit der unsterblichen Seele, die zu Gott zurückkehrte, ruhmvoll vereinigt zu werden. Die Gebeine Scheffers, den die verwaisten öffentlichen Plätze, die Rathäuser (und) Kirchen betrauern, verwahrt die Kirche, (seine) Seele das Himmelshaus.

B Christus, dem Schöpfer des Lebens, geweiht. Hier ist Barbara beigesetzt, die Tochter Leonhard Bauers, des Bürgers, Ratsverwandten und Goldschmieds aus Straßburg, und der Barbara Stetel, eine mit dem Lob der ehefraulichen Tugenden reich geschmückte Frau, der besten Eltern, zunächst die innig geliebte Ehefrau Joachim Büttners, den sie zum Vater von drei, dann diejenige Doktor Johannes Scheffers, neben dem sie begraben liegt (und) den sie zum Vater von zehn Kindern machte, geboren in Straßburg am 18. Januar 1565, fromm gestorben in Halle am 2. Februar 1616, (ihres) Alters 51 (Jahre), zur großen Trauer des Ehemannes, der Nachkommenschaft und der Rechtschaffenen, in Erwartung der fröhlichen Auferstehung des Fleisches bei Erscheinen des großen Gottes. Barbara wurde ich genannt, die ich auf Erden dem Namen nach eine Bäuerin war, als Bürgerin im Himmel werde ich eine Freundin Christi gerufen.

C Johannes Scheffer, Bürgermeister der Stadt Halle und Beisitzer des Schöffengerichts daselbst, setzte (dies) mit Tränen als letzten Unterpfand der Dankbarkeit seinen hochverdienstvollen Eltern im Jahr 1635.

Versmaß: Zwei elegische Distichen (jeweils die letzten beiden Zeilen von A und B).

Kommentar

Die Übereinstimmungen in Inhalt, Umfang und Gliederung der Texte lassen vermuten, daß die Inschriften A und B auf zwei gleich gestalteten Teilen ein und desselben Grabmals angebracht waren.

Johannes Scheffer studierte an den Universitäten Wittenberg und Marburg und immatrikulierte sich 1591 an der Universität Basel, um ebenda 1593 als Jurist promoviert zu werden. 1602 war er Oberbornmeister, 1604 nahm er im hallischen Schöffenstuhl Platz. Seit 1615 Hofrat des Administrators Christian Wilhelm, wurde er 1632 Mitglied des neugegründeten evangelischen Kirchenkonsistoriums des Erzstifts Magdeburg und ein Jahr vor seinem Tod Salzgraf von Halle.2) Johann Christoph von Dreyhaupt überliefert in einem biographischen Abriß Scheffers dieselben Geburts- und Sterbedaten wie Gottfried Olearius 1667,3) in seiner Abschrift der Inschriften aber dieselben wie Johann Gottfried Olearius 1674.

Der erste Ehemann der Barbara Bauer war vermutlich der 1591 getötete Apotheker Joachim Büttner gewesen (s. Nr. 273). Ihr Sohn Johannes (1600–1655), der das Grabmal errichten ließ, war Schüler des Stadtgymnasiums, dann Student der Universitäten von Wittenberg (1617), Helmstedt (1620) und Leipzig (1623). Erfolg seiner gründlichen juristischen Ausbildung war die schnelle Berufung in den hallischen Schöffenstuhl 1627, dem er seit 1654 als Senior vorstand. Im Jahr 1634 sowie im üblichen dreijährigen Wechsel von 1640 bis 1652 wurde Johannes Scheffer zum Ratsmeister gewählt.4)

Textkritischer Apparat

  1. et] Olearius 1674: et-Ligatur.
  2. liberalitate] libertate Dreyhaupt.
  3. 26. Decembris] d. 26. Octob. Olearius 1667.
  4. 4. Decembris] d. 4. Sept. Olearius 1667.
  5. Chrysurgi] Lateinische Flektion des griech. Chrysurgos, Goldschmied.
  6. Matronalium] matrimonialium Dreyhaupt.
  7. expectans] Sic! Für exspectans.

Anmerkungen

  1. Sämtliche Zitate nach Dreyhaupt 2, 1750, S. 706.
  2. StAH H B 2, fol. 96v; Ockel 1700, S. 207; Dreyhaupt 1, 1749, Beylage A, S. 90, 121; Dreyhaupt 2, 1750, S. 453, 706 und Beylage B, S. 141 („A. Continuatio II. des Schäfferischen Geschlechts-Registers“); Toepke 1881, S. 218; Jacobs 1897, S. 207.
  3. Vgl. Olearius 1667, S. 105; Dreyhaupt 2, 1750, S. 706.
  4. StAH H B 2, S. 119, 121 f., 125 f., 128; Dreyhaupt 2, 1750, S. 344 f., 707 und Beylage B (wie Anm. 2); Thiele 2011, S. 458, 468. Als Schöffe aber weder in den Listen bei Ockel 1700, S. 205–209 noch bei Dreyhaupt 2, 1750, S. 452–455 selbst verzeichnet.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S.
  2. Olearius 1667, S. 105 (A auszugsweise).
  3. Olearius 1674, S. 178 f.
  4. Dreyhaupt 2, 1750, S. 706.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 460† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0046009.