Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 458 Dom 1635

Beschreibung

Totenschild aus Holz für den böhmischen Offizier Johann Bubna. Auf umlaufendem erhöhten Rahmen eingetiefte Schriftzeile mit Sterbevermerk, der sich im Binnenfeld parallel zum Rahmen einzeilig fortsetzt. Sämtliche Buchstaben und Zahlen aus papierähnlichem Material ausgeschnitten und aufgeklebt. Im Binnenfeld ehemals ein Vollwappen.

Maße: D.: 107–108 cm; Bu.: 3–3,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur, Versalien der Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. Der HochEdlgebor(n)e,a) Gestreng, Vest, vnd Manhaffte, Herr JOHAN BVBNA, Vnter der Löblichen Böheimischen Stende Armeen gewesener General Wachtmeister, ist in dem 64 // Jahrs vnd sechst(en)b) monats seines alders allhier zv Halle den 2/12c) Junij des 1635. ihares in dem Herrn seeliglich entschlaffend)

Wappen:
Bubna1)

Kommentar

Die Inschrift enthält zahlreiche Varianten der Frakturgemeinen; m und n in Armeen sind der humanistischen Minuskel angenähert. Dadurch und durch die Verwendung von Versalien, die aus kapitalen Großbuchstaben entwickelt wurden, sind die Worte Armeen und General als fremdsprachige Begriffe herausgehoben.

Johann Bubna entstammte altem böhmischen Adel.2) Er war am Prager Aufstand 1618 beteiligt und diente als Generalwachtmeister im Heer der protestantischen Stände Böhmens. Nach der Zerschlagung des Heeres in der Schlacht am Weißen Berg 1620 und der Unterwerfung der böhmischen Stände durch die katholisch-habsburgische Partei mußte er aus der Heimat fliehen.3) Sein Sterbetag wurde sowohl im Alten als auch im Neuen Stil angegeben (2. bzw. 12. Juni), weil in der böhmischen Heimat Bubnas schon seit 1584 der neue Gregorianische Kalender, an seinem Sterbeort Halle aber immer noch der um zehn Tage nachhängende, alte Julianische Kalender galt.4)

Textkritischer Apparat

  1. HochEdlgeborne] Kürzung durch überschriebenen Strich.
  2. sechsten] Kürzung durch Doppelpunkt.
  3. 2/12] Die Ziffern mit Trennstrich übereinander gestellt.
  4. entschlaffen] Davor kein Wortabstand. Es folgt ein Zierstrich.

Anmerkungen

  1. Nach Fotografie LDA, Format 6/6, Neg.-Nr. 19670; vgl. Siebmacher IV, 9, Taf. 33.
  2. Kneschke 2, 1860, S. 115 f.
  3. Gauhe 1, 1740, Sp. 200.
  4. In den protestantischen Territorien des deutschen Reiches galt der Julianische Kalender noch bis 1700; Grotefend 1991, S. 27.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 163.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 458 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0045809.