Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 454 Stadtgottesacker 1632

Beschreibung

Epitaph aus Sandstein für Johann Heinrich und Barbara Dürfeld, in die Rückwand der Bogenkammer 82 eingelassen. Hochrechteckige Platte mit Weiheformel, Sterbevermerk, biographischen Angaben und Stiftervermerk mit Widmung (B), eingefaßt von einem Knorpelwerkrahmen mit kleinen Seitenhängen. Im oberen und unteren Rahmenteil kleine Kartuschen mit einem Glaubensbekenntnis (A) bzw. einer Jahreszahl (C) eingefügt. Sämtliche Inschriften eingehauen. An den Ecken vier Medaillons mit Vollwappen.

Maße: H.: 200 cm; B.: 177 cm; Bu.: 2,5–3 cm (A), 2,5–3 cm (B), 3,5 cm (B, 1. Zeile), 6–7 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis, kursive humanistische Minuskel mit Versalien der Kapitalis

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    Symboluma) / SPESb) . MEA . CHR(IST)VSc)1) .

  2. B

    DEOd) TRINVNI SACRVM / Conjugibus olim amantissimis / Jam Coeli incolis uno anno factis / Viro honoratissimo et prudentissimo / D(omi)n(o)e) IOHANNI HEINRICO DVRFELDTf) / Senatori apud Halenses primario, ut et Sa=/lario apud eosdem autoritate conspicuo / NEC NON / Honestissimae Faeminae / BARBARAEg) / Olim Philippi Weseneri civis Halensis et Sala=/riorum primarij Filiae / Parentibus suis desideratissimis / Sempiternae memoriae ac decentis pietatis in / pios ipsorum Manes declarandae gratia, / Ex priori conjugio durante octennium (et)h) semest=/re, Cum Blasij Winckelmannj Co(nsuli)s Oschatz=/ensis Filia, de susceptis liberis 8. filijs 6. / (et)h) Filiabus 2. superstes / Filia unica / Ex posteriori, durante 28. annos (et)h) 4. menses, / ex supra dicta Weseneriana, de liberis vn=/decim, filijs 4. (et)h) filiabus 7. superstites / Filij 4. totidemq(ue) filiae / Hoc Monumentum erigi curaverunt. / Nat(us) est ille An(n)oi) Christi 1563 Junij 23 (et)h) mortu(us) 1631 Oct(obris) 7. / Nata vero haec An(n)oi) 1585 Jan(uarii) 26. ac iterum denata 1631 Julij 7. / Vitae summa / Mariti fuit An(nos) LXVIII Mens(es) 4. Dies 4. / Maritiae An(nos) XLVI Mens(es) 5. hebd(omadas)j) 3.

  3. C

    1632

Übersetzung:

A Bekenntnis: Christus ist meine Hoffnung.

B Dem dreieinigen Gott geweiht. Für die einst liebsten Eheleute, die nunmehr in einem Jahr zu Bewohnern des Himmels gemacht wurden, dem hochgeehrten und sehr klugen Herrn Johann Heinrich Dürfeld, einem der vornehmsten Ratsherren der Hallenser, ebenso Pfänner und unter denselben für sein Ansehen bekannt, und auch für seine sehr ehrsame Frau Barbara, Tochter des Philipp Wesener, einst Bürger von Halle und einer der vornehmsten Pfänner, ihren sehr vermißten Eltern, ließen wegen des ewigen Gedenkens und der öffentlich zu bekundenden gebührenden Ehrfurcht gegenüber deren seligen Seelen die einzige überlebende Tochter von acht empfangenen Kindern – sechs Söhne und zwei Töchter – aus der ersten, achtundeinhalb Jahre währenden Ehe mit der Tochter des Ratsherrn Blasius Winckelmann aus Oschatz und vier Söhne und ebensoviele Töchter, die von elf Kindern der schon genannten Wesenertochter – vier Söhne und sieben Töchter – aus der letzteren, 28 Jahre und vier Monate währenden Ehe, überlebten, dieses Grabmal errichten. Geboren ist jener am 23. Juni 1563 und gestorben am 7. Oktober 1631. Diese ist am 26. Januar 1585 geboren und dann gestorben am 7. Juli 1631. Die Lebensdauer des Ehemannes betrug 68 Jahre, vier Monate und vier Tage, die der Ehefrau 46 Jahre, fünf Monate und drei Wochen.

Wappen:
Dürfeld2)Wesener3)
Witzleben4)Seifart5)

Kommentar

Die Kapitalisbuchstaben in B sind bis auf NEC NON größer als alle übrigen Buchstaben. Die Buchstabengröße nimmt in Inschrift B nach unten hin allmählich ab. Die Versalien wurden kursiv eingehauen. Fast der gesamte Text von B ist zentriert; nur die beiden letzten Zeilen sind in kleinerem Schriftgrad übereinander geschrieben und schließen sich, durch eine geschweifte Klammer verbunden, auf derselben Zeile unmittelbar an Vitae summa an. Kürzungen sind durch verschiedenartige Zeichen markiert.

Johann Heinrich Dürfeld gehörte seit 1594 dem Stadtrat an und wurde 1602 erstmals zum Worthalter der Vierherrn gewählt. Außerdem war er Rat und Verwalter der hallischen Tallehen der Grafen von Schwarzburg.6) Sein Schwiegervater Philipp Wesener (1554–1625) wirkte als Lehrer der fünften Klasse (Collega quintus) am Stadtgymnasium,7) zugleich als Kantor an der Moritzkirche und seit 1583 als „Schlos-Cantor“ an der Schloßkapelle, der Maria-Magdalenen-Kapelle.8)

Dürfelds erste Gemahlin kam aus Oschatz in Sachsen.

Textkritischer Apparat

  1. Symbolum] Über dem zweiten Buchstaben zwei Punkte.
  2. SPES] Der erste Buchstabe überhöht.
  3. CHRISTVS] Der erste Buchstabe überhöht.
  4. DEO] Der erste Buchstabe überhöht.
  5. Domino] Kein Kürzungszeichen.
  6. IOHANNI HEINRICO DVRFELDT] Die Versalien überhöht. Über V zwei Schrägstriche, um den Lautwert Ü zu kennzeichnen.
  7. BARBARAE] Der erste Buchstabe überhöht.
  8. et] Befund: et-Ligatur.
  9. Anno] Das o hochgestellt.
  10. hebdomadas] Auflösung unsicher; auch hebdomades möglich.

Anmerkungen

  1. Vgl. Löbe 1883, S. 29.
  2. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, Taf. XXVII.
  3. Ebd., Taf. XXX.
  4. Siebmacher II, 2, S. 455, Taf. 494 (Witzleben auf Wendelstein).
  5. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, Taf. XXIX.
  6. StAH H B 2, S. 99–101, 103 f., 107 f., 110 f., 113 f.; Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 38 („Geschlechts-Register derer Dürfelde“).
  7. Mittag 3, 1748, S. 30; Dreyhaupt 2, 1750, S. 199 und Beylage B, S. 194 („A. Continuation des Wesenerischen Geschlechts-Registers“) – 1577 und 1583 jedoch nach Serauky 1, 1935, S. 266, 269 Collega sextus.
  8. Ebd., S. 239, 243, 266, 269.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 82).
  2. Olearius 1674, S. 91 f. (A, B).

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 454 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0045401.