Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 414† Stadtgottesacker 1620

Beschreibung

Grabmal für Jeremias Keller „um diese Gegend“, „vorm LXIII. Bogen“, heute verloren. „Dessen schöne Schrifft“, schreibt Johann Gottfried Olearius, „ich (...) mit Fleis abgeschrieben“: eine Weiheformel, biographische Angaben und den Sterbevermerk (A), ein Epigramm als Segenswunsch (B) und ein Stiftervermerk mit Widmung der Hinterbliebenen (C). Die Schriftform und die Art der Schriftausführung nicht überliefert. „In den 4. Ecken stunden vier Wapen und umher ein Gesprenge mit saubern Laubwerck.“1)

Nach Olearius.

  1. A

    D(eo) O(ptimo) M(aximo) S(acrum) Paululum est Hospes, qvod te volo. HIEREMIAS KELLER Matthiae Filius, natus Halis Sax(onum) pridie non(as) (Decembris)a) 10. antemerid(iei) M.D.LV. e casca prosapia Kellerorum, matre Baussia, Illustrissimor(um) Pr(incipum)b) Anh(altinorum)c) Primar(ius) Secretar(ius) dein aerarii Praestes, demum Consiliarius, relictis ex Anna Taschebergia filio un(ico) filiabus III. Deincipe cum Ursula Drachstedia improle matrimon(io) qvum vixisset ann(os) LXIV. m(enses) 2. d(ies) 2. hor(as) totidem, animam, mortalitatis nesciam, immortali concredens, homo esse desiit, ac, qvam viv(us) haud qv(a)lit(er) denat(us) obfendit qvie(te)m, XII. Eidus Jun(ii) h(ora) 12. merid(iei) Anni Juliani MDCXX.

  2. B

    Cui sine nocte diem, vitam sine morte, qvietem /Det sine fine, Dies, Vita, Qviesqve DEUS!

  3. C

    Cippum hunc, puri in maneis adfectus monimentum,d) (et)e) exilumf) meritorum redhostimentum, diurnandae memoriae Patris Soceriqve meritissimi, desideratissimi, crever(unt)g) P(osuerunt)h) erex(erunt)i) creperae viduertatis humanae meminentes, Ac, qveis praeter mortem de eopse dolitum est nihil, Filius ac Generi.

Übersetzung:

A Gott, dem Besten und Höchsten, geweiht. Eine Kleinigkeit ist es, Fremdling, was ich von dir will. Jeremias Keller, der Sohn des Matthias, geboren im sächsischen Halle 1555, am Tag vor den Nonen des Dezember, zur 10. (Stunde) des Vormittags, aus dem uralten Geschlecht der Keller, von der Mutter, einer Bauße, der durchlauchtigsten Fürsten von Anhalt Erster Sekretär, danach Kämmerer, endlich Rat, der einen Sohn (und) drei Töchter von Anna Tascheberg hinterläßt, und danach mit Ursula Drachstedt in kinderloser Ehe lebte, der, als er 64. Jahre, 2 Monate, 2 Tage (und) ebensoviele Stunden gelebt hatte, (seine) unsterbliche Seele dem Unsterblichen anvertrauend, aufhörte, ein Mensch zu sein, und im Tod den Frieden fand, den er lebend nicht hatte, am 12. (Tag) vor den Iden des Juni, zur 12. Stunde mittags, des 1620. Julianischen Jahres.

B Gott, der der Tag, das Leben und der Friede ist, gebe ihm einen Tag ohne Nacht, ein Leben ohne Tod und Frieden ohne Ende.

C Diesen Grabstein, ein Denkmal reiner Zuneigung zu den Seelen der Verstorbenen und ein Dank für die Verdienste der Dahingeschiedenen, haben zum dauernden Andenken an den hochverdienten und vielgeliebten Vater und Schwiegervater und eingedenk der menschlichen Hinfälligkeit beschlossen, gesetzt und aufgerichtet der Sohn und die Schwiegersöhne, denen er mit nichts außer seinem Tod irgendeinen Schmerz bereitet hat.

Versmaß: Elegisches Distichon (B).

Datum: 1555 Dezember 4, 1620 Juni 2.

Kommentar

Bemerkenswert ist der ausdrückliche Hinweis auf die Fortgeltung des Julianischen Kalenders (A), der ja im größten Teil des katholischen Reichsgebiets bereits 1583 durch den reformierten Gregorianischen Kalender abgelöst worden war.2) Dieser Hinweis gleicht einem protestantischen Glaubensbekenntnis. Über die Familie Keller ist bislang nichts weiter bekannt.

Textkritischer Apparat

  1. Decembris] Olearius: Xbr.
  2. Principum] Olearius: Prr.
  3. Anhaltinorum] Ergänzung nach Nr. 327.
  4. monimentum] Sic! Für monumentum.
  5. et] Olearius: et-Ligatur.
  6. exilum] Sic! Wohl für exulum.
  7. creverunt] Olearius: creverr.
  8. Posuerunt] Olearius: P.P.
  9. erexerunt] Olearius: erexx.

Anmerkungen

  1. Alle Zitate nach Olearius 1674, S. 122 f.
  2. Vgl. Grotefend 1991, S. 24–28.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 3, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 123.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 414† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0041407.