Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 374† Reithaus † 1611

Beschreibung

„Eiserne Tafel“,1) darauf Bauinschrift und Stiftervermerk mit Widmung am sogenannten Reithaus, das an der Nordseite der Reitbahn, direkt an der Stadtmauer lag. Das Gebäude bzw. die Nachfolgebauten desselben 1895 für die Anlegung des Moritzburgrings abgerissen;2) die Tafel zu einem unbekannten Zeitpunkt verlorengegangen. Die Art der Schriftausführung ist nicht überliefert.

Nach Knauth.

Schriftart(en): Kapitalis (?).3)

  1. D(EI) G(RATIA) CHRISTIAN(US)a) WILHELM(US) DE . SERENISS(IMA) ELECTORALI . BR=/ANDENB(URGENSI) FAMILIA . PRINCEPS . ECCLESIAE MAGDEB(URGENSIS) IN GERMANIA / PRIMARIE . ARCHIPRAESUL . DUX . BORUSS(IAE) PACIS ET BELLI STU=/DIA POST PIETATEM REGNOR(UM)b) FULCRA FOVENDI CUPIDISS(IMUS) / STRUCTURAM HANC SUMPTU MAGNIFICO ERECTAM / EQUESTRIB(US) EXERCITYS DICATAM VOLUIT ANNO M D.C.XI.

Übersetzung:

Von Gottes Gnaden, Christian Wilhelm, Fürst aus der durchlauchtigsten kurfürstlichen Familie von Brandenburg, der Magdeburger Kirche, der erstrangigen in Deutschland, Erzbischof, Herzog von Preußen, der Pflege der Friedens- und der Kriegskunst, (die) nächst der Frömmigkeit die Stützen der Königreiche sind, leidenschaftlich ergeben, begehrte im Jahr 1611, daß dieser Bau mit großem Aufwand errichtet und Reiterübungen gewidmet würde.

Kommentar

Kürzungen sind durch Punkte auf der Grundlinie markiert. Darüber hinaus stehen auf der ersten bis dritten Zeile der Inschrift weitere Punkte auf der Grundlinie, deren Zweck sich nicht erschließt.

Die Funktion dieses offenbar unter dem Administrator Christian Wilhelm erbauten Gebäudes ist nicht abschließend geklärt. Es wird eine jener Reithallen gewesen sein, die zu den Funktionsbauten fürstlicher Hofhaltungen gehörten und mitunter erhalten blieben, z. B. in Zerbst und Köthen unweit von Halle.4) Sie dienten dazu, auch bei schlechtem Wetter Reitübungen durchführen zu können, worauf in Halle die Formulierung EQUESTRIBUS EXERCITYS DICATAM hinweist. Die Reithalle erstreckte sich parallel zur Stadtmauer und lag etwa anstelle des östlichen der vor 1721 erbauten drei Reitbahngebäude,5) die bis zur Anlegung des Moritzburgringes 1895–1898 bestanden. Eines dieser Gebäude wurde noch im 19. Jh. als Reithaus bezeichnet.6)

Textkritischer Apparat

  1. CHRISTIANUS] Kein Kürzungszeichen.
  2. REGNORUM] Kein Kürzungszeichen.

Anmerkungen

  1. So Knauth 1857, S. 859; vom Hagen 1, 1867, S. 256. Es könnte sich auch um eine stark korrodierte und deshalb Eisen gleichende Bronze- oder Messingtafel gehandelt haben.
  2. Schultze-Galléra 1920, S. 165 f.
  3. Die Inschrift bei Knauth 1857, S. 859 in Großbuchstaben wiedergegeben.
  4. 1724–1730 bzw. 1821 erbaut; Dehio 1999, S. 388, 940.
  5. vom Hagen 1, 1867, S. 256. Nach dem Stadtplan bei Olearius 1667 jedoch anstelle des westlichen der 1721 erstmals abgebildeten drei Gebäude; vgl. Thiele 2004, S. 130–132; Thiele 2011, S. 120.
  6. So bei Knauth 1857, S. 859 und vom Hagen 1, 1867, S. 256.

Nachweise

  1. Knauth 1857, S. 859.
  2. vom Hagen 1, 1867, S. 256 f.
  3. Schultze-Galléra 1920, S. 170 (Anm. 32a).

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 374† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0037408.