Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 352(†) Stadtgottesacker (1608)

Beschreibung

Epitaph (?) für M. Johannes Puchbach, eine Reliefplatte aus Sandstein, an der Rückwand der Bogenkammer 75 aufgestellt. Auf dem umlaufenden, erhöhten Rand der quergeteilten Platte ein Ornament, das einem Flechtband ähnlich ist. Im oberen Teil der Platte die Halbfigur eines kostbar gekleideten, bärtigen Mannes, der unter einer Schaube zwei (Gold-)Ketten, eine mit Medaillon, und mehrere Fingerringe trägt. Seine linke Hand hält ein Paar Handschuhe, die rechte ist auf einem Buch abgelegt. Das Bild des Verstorbenen überfängt ein Rundbogen, der von Pfeilern mit Kapitellen und Kämpfern getragen wird. In den Bogenzwickeln Engelsflüchten. Im unteren, mit Roll- und Beschlagwerk gerahmten Teil der Platte eine tiefe Aussparung (H.: 54,5 cm; B.: 57,8 cm), in der sich wahrscheinlich jene heute verlorene „Meßingen Taffel“ befand, die eine Weiheformel, einen Sterbevermerk mit umfangreichen biographischen Angaben sowie einen Stiftervermerk mit Widmung trug. Auf der oberen Rahmenleiste drei Vollwappen nebeneinander. Die Schriftform und die Art der Schriftausführung nicht überliefert.

Nach Olearius.

Maße: H.: 189 cm; B.: 98,5 cm.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. D(eo) O(ptimo) M(aximo) S(acrum). Viro Clarissimo (et)a) Consultiss(imo) D(omino) M(agistri) JOHANNI BUCHBACHIO Northusano, nato anno 1538. d(ie) 8. Dec(embris) Parentibus Mart(ino) Buchb(achio) (et)a) Anna Mosendorffia Ottonis Mosendorffii Consulis Northusani filia, Poetae coronato, duobus illustrissimis Principibus ac Dominis D(omino) Sigismundo Archi=Praesuli, (et)a) D(omino) Joachimo Friderico Administratori Magdeb(urgensi) primum a secretioribus, deinde publicis curiae consiliis, demum salinis Saxonicis Praefecto, Duarum uxorum, primae Catharinae a Scheniz alterius Margaretae Jenitziae D(omini) Filiae Rudolphi J(uris) U(triusque) D(octoris) (et)a) Cancellarii qvondam Dicasterii Zizensis relictae viduae, marito, annos cum moteretur die 8. Febr(uarii) anni 1618.b) habenti sexaginta novem, mensem unum, (et)a) viginti duos dies, aetatem prope humanam, jam omnibus curis (et)a) anxietatibus humanis soluto, mortuorum resurrectionem (et)a) vitam aeternam praesto utic), hoc qvod extat, qvo(d)qve potuere in ipsius gratissimam (et)a) dignissimam memoriam posuerunt haeredes, patrueles (et)a) Sobrini monumentum.

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Höchsten, geweiht. Dem hochberühmten und rechtskundigsten Mann, Herrn Magister Johann Puchbach aus Nordhausen, im Jahr 1538, am 8. Tag des Dezember von (seinen) Eltern Martin Puchbach und Anna Mosendorf, Tochter des Otto Mosendorf, des Bürgermeisters von Nordhausen, geboren, dem gekrönten Poeten, der den beiden durchlauchtigsten Fürsten und Herren, Herrn Erzbischof Sigismund und Herrn Joachim Friedrich, dem Administrator von Magdeburg, zuerst (einer) der geheimeren, dann (einer) der öffentlichen Räte des Hofes, endlich Präfekt der sächsischen Salinen, dem Gemahl zweier Ehefrauen – der ersten, Katharina von Schenitz, der zweiten, der Margareta Jenitz Tochter (und) des Herrn Rudolph, Doktors beider Rechte und einstigen Kanzlers des Zeitzer Schöffenstuhls, hinterbliebene Witwe –, der am 8. Tag des Februar des 1618. Jahres, nachdem er, der 69 Jahre, einen Monat und zweiundzwanzig Tage nach menschlichem Alter (gelebt) hatte, hin und her gestoßen worden war, nunmehr von allen menschlichen Sorgen und Ängsten erlöst worden ist, da sein wird, die Auferstehung der Toten und das ewige Leben zu genießen, errichteten dieses Denkmal, das sich hier zeigt, zu seiner dankbaren und würdigen Erinnerung die Erben und Vettern väterlicherseits.

Wappen:
Schönitz1)Puchbach2)Jenitz (?)3)

Kommentar

Johannes Puchbach war ein Sohn Martin Puchbachs d. Ä. und ein Bruder Martins d. J. (s. Nr. 208, 329). Er wird mit seinem Bruder als Erbauer der Bogenkammer genannt (Anhang 1, Nr. 75). Das Amt des „Praefectus salinarum Saxonicarum“ war das des Salzgrafen von Halle, das er seit 1588 bekleidete.4) Sein Lebensalter ist mit 69 Jahren, einem Monat und 22 Tagen auch dann unverständlich berechnet, wenn man annimmt, daß sich der Kopist verschrieben und auf dem mutmaßlichen Epitaph als Sterbejahr nicht 1618, sondern 1608 gestanden hat, Puchbach also tatsächlich im siebzigsten Lebensjahr gestorben ist. Daß er im Jahr 1608 oder davor gestorben sein muß, beweist die Grabinschrift für Puchbachs zweite Ehefrau Margareta (1555–1608), in der Johannes als verstorben, „selig“, und sie selbst als seine „nachgelassene Witbe“ bezeichnet wird (vgl. Nr. 353).

Margareta Jenitz (oder Jesnitz?) war in ihrer ersten Ehe mit Dr. Heinrich Rudolph, von 1592 bis zu seinem Tod 1598 Kanzler der Stifte von Naumburg und Zeitz, verheiratet gewesen.5) Die Formulierung Margaretae Jenitziae Filiae ist vermutlich so zu verstehen, daß sie Tochter ihrer gleichnamigen Mutter war. Johann Christoph von Dreyhaupt zufolge ist die zweite wie auch die erste Ehe Puchbachs mit Katharina von Schenitz (gestorben 1598), der Nichte des berühmten Hans von Schenitz,6) kinderlos geblieben.

Das porträthafte Epitaph ist eines der qualitätvollsten Grabmäler auf dem Stadtgottesacker. Der Bildhauer ist leider unbekannt.

Textkritischer Apparat

  1. et] Olearius: et-Ligatur.
  2. 1618] Sic! Siehe Kommentar.
  3. praesto uti] Lesung unsicher; diese Stelle in der benutzten Ausgabe des Olearius verderbt.

Anmerkungen

  1. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, Taf. XXIX; Siebmacher VI, 6, Taf. 99.
  2. Schwan, auf Wellen schwimmend, mit offenem Flug und Buch im Schnabel; Hz.: Schwan mit offenem Flug und Buch im Schnabel; vgl. Nr. 248.
  3. Schräggeteilt, in 1 ein Löwe, in 2 drei Lorbeerkränze; Hz.: zwei Hasenohren (?), von einem Lorbeerkranz umschlossen.
  4. Dreyhaupt 1, 1749, Beylage A, S. 121; Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 24 („Geschlechts-Register der Buchbache“).
  5. Zu H. Rudolph s. DI 52 (Zeitz), Nr. 204.
  6. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 146 („Geschlechts-Register derer von Schönitz“); zu Hans v. Sch. s. Nr. 132.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 75).
  2. Olearius 1674, S. 87 f.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 352(†) (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0035202.