Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 320† Alter Markt 36 † 2. H. 16. Jh.

Beschreibung

„Ein mit kunstreichen Arabesken verzierter Pfeiler“ im Erdgeschoß des zweigeschossigen Hauses, „der außerdem ein antikes Brustbild mit einer Krone auf dem Haupte und (...) Umschrift (...) trägt. Am obern Knauf des Pfeilers erblickt man überdies zwei Wappen, wahrscheinlich Halleschen Patriziern angehörig.“1) Der Pfeiler spätestens bei Abbruch des Hauses 1971 verlorengegangen.2) Schriftform und Art der Schriftausführung nicht überliefert.

Nach Knauth.

  1. Augustus

Kommentar

Der Pfeiler im Haus am Alten Markt könnte jenem flachen Wandpfeiler mit aufliegender Konsole geglichen haben, der heute noch im Haus Große Märkerstraße 10 erhalten ist.3) Ihn ziert ein feingliedriges Rankenwerk, wie es wohl mit der Formulierung „kunstreiche Arabesken“ gemeint ist und wie es Nickel Hofman und Antonius Pauwart im Inneren der Marktkirche und an den Bögen des Stadtgottesackers geschaffen haben.4) Entsprechend dieser Vergleichsstücke wird hier der Pfeiler mit Inschrift im Haus Alter Markt 36 datiert.5) Das „antike Brustbild“ entsprach sicherlich jenen porträthaften Bildnissen römischer oder deutscher Kaiser, wie sie in der Ikonographie repräsentativer Profanräume des 16. Jh. verbreitet waren.6)

Die seit 1562 bekannten Eigentümer des Hauses gehörten den angesehensten und wohlhabendsten Familien der Stadt an und kommen allesamt als Auftraggeber der anspruchsvollen Raumdekoration in Betracht. 1588 ging das Haus dauerhaft in den Besitz der Familie von Dieskau über.7) 1591 wurde Jakob und 1597 Hieronymus von Dieskau Eigentümer. Sie sind möglicherweise mit den bei Dreyhaupt als Vater und Sohn verzeichneten gleichnamigen Familienmitgliedern identisch, denn der bei Dreyhaupt genannte Jakob starb 1597, als dem Ratslehenbuch zufolge Hieronymus mit dem Haus am Alten Markt belehnt wurde.8)

Anmerkungen

  1. Knauth 1857, S. 622. Die Wappen werden leider nicht blasoniert. Zur Datierung s. Kommentar.
  2. Der Standort war an der Nordseite des Alten Marktes an der ursprünglichen Einmündung der Zapfenstraße, wahrscheinlich im Bereich der Häuser Alter Markt 34 und 35 oder noch weiter nördlich. Die gesamte Straßenseite ist in den 1980er Jahren neu parzelliert und bebaut und die Einmündung der Zapfenstraße nach Norden verschoben worden; freundliche Mitteilung von Herrn Peter Breitkopf, Halle (Saale).
  3. Vgl. Harksen 1961, S. 1095 f. und Abb. 4.
  4. Vgl. Nr. 152, 181 und Anhang 1.
  5. Vgl. BKD Prov. Sachsen NF 1, S. 397.
  6. Vgl. z. B. die Ausmalung des Fürstensaales des Rathauses von Lüneburg oder des Huldigungssaales des Rathauses von Goslar; s. Grote/van der Ploeg 2001, S. 85–87 (Nr. 109), 153–155 (Nr. 184). Zu Goslar s. auch DI 45 (Stadt Goslar), Nr. 59.
  7. StAH H C 39,1, fol. 79r (Wolf von Drachstedt, Lazarus Zoch, Daniel von Dieskau).
  8. Vgl. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 204 („II. Continuation des Dießkauischen Geschlechts-Registers. B.“); zu Hieronymus v. D. s. auch Nr. 468.

Nachweise

  1. Knauth 1857, S. 622.
  2. vom Hagen 1, 1867, S. 180.
  3. Schultze-Galléra 1920, S. 27.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 320† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0032000.