Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 301† Stadtgottesacker 1598

Beschreibung

Grabmal für Dr. Johann Katzsch mit Weiheformel und Sterbevermerk (A), Grabbezeugung, biographischen Angaben, Totenlob (B) und Stiftervermerk (C), einst in der Nähe der Bogenkammer 46, heute verloren. Die Gesamtgestaltung, Schriftform und Art der Schriftausführung nicht bekannt.

Nach Olearius.

  1. A

    DEO Ter Optimo Maximo. / Memoriae Clarissimi V(iri) D(OMI)N(I) JOHANNIS KATZSCHI Doct(oris) Med(icinae) in Rep(ublica) Hal(ensi) Experientissimi, pie defuncti 4. Sept(embris) paulo ante h(oram) 6. mat(utinam) ann(o) MDXCIIX. Cum vix(isset) Ann(os) L. m(enses) 1. d(ies) 8.

  2. B

    Mole sub hac KATSCHI sunt ossa reposta JOHANNIS /Corpore mens subiit libera qvando polum. /Patre Johanne fuit medicam Doctore per artem, /Drachstedia Catharaa) sed Genitrice satus. /Hala ortum, Sophiae titulum inclyta Lipsia summum, /Doctoris nomen sed Basilea dedit. /Margarisb) huic thalamo data Paussia cum trieterin /Lustraqve sex septem mensibus addiderat. /Octo bis adjecit qvinis (et)c) mensibus annos /Conjugii sena prole beante Patrem. /Unica nata qvidem, sed mascula pignora qvinqve /Tota DEO (et)c) proles dante superstes agit: /Qvae Pater (ut Vir erat vere optimus)d) aemula Patris /virtute, arte, fide, moribus esse studet. /Hic pietatis apex, candoris regula, norma /justitiae, Dux hic integritatis erat. /Hic nocuit nullis, cunctis sed profuit ille /Dilexitqve bonos, pertulit atqve malos. /Cumqve decus virtuti absit, Patientia qvando /Defuit, in vita sedulus hanc coluit. / Tuncqve magis cum qvatuor immedicabllee) ferme /Hunc annos premeret corriperetqve malum: /Me cruciat (dixit)f) morbus, tu sola salutis, /Spes, freto solo Te mihi, CHRISTE manes. /Perpetuam mihi credenti da CHRISTE qvietem, /Lux tua (Lux siqvidem es,)g) luceat alma mihi. /Dixit (et)c) aeterna CHRISTUS mox luce beavit, /Et lacrymas oculis sustulit ille graves. /Lustra decem, octo dies vixit mensem insuper unum, /Incola nunc celsi vivit in arce poli.

  3. C

    Marito dulciss(imo) Luctuosi desiderii testificandi / ergo Conjux moestiss(ima) F(ieri) F(ecit)

Übersetzung:

A Gott, dem dreifach Besten (und) Höchsten (geweiht). Dem Gedächtnis des hochberühmten Mannes, des Herrn Johann Katzsch, wohlerfahrenen Doktors der Medizin in der Gemeinde von Halle, fromm gestorben am 4. September, kurz vor der 6. Stunde morgens im Jahr 1598, als er 50 Jahre, 1 Monat und 8 Tage gelebt hatte.

B Unter diesem Grabmal sind die Knochen des Johann Katzsch bestattet worden, als sein Geist vom Körper frei zum Himmel emporstieg. Er wurde von seinem Vater Johann, einem Gelehrten in der Heilkunst, (und) von seiner Mutter, der Katharina Drachstedt, gezeugt. Halle verlieh den Ursprung, das berühmte Leipzig den höchsten Titel der Weisheit, Basel aber die Doktorwürde. Margareta Bauße wurde diesem zur Ehe gegeben, als er sieben Monate, drei Jahre und sechs Lustren hinzugefügt hatte. Und er fügte an Ehezeit zweimal acht Jahre (und) fünf Monate hinzu, bis eine sechsköpfige Nachkommenschaft den Vater beglückte; freilich (nur) eine einzige Tochter, aber fünf männliche Kinder. Und weil Gott es gewährt, ist die gesamte Nachkommenschaft noch am Leben. Wie der Vater ein wirklich ausgezeichneter Mann war, (so) strebt diese danach, mit dem Vater in Tugend, Kunstfertigkeit, Glauben und Sitten zu wetteifern. Dieser war die Zierde der Frömmigkeit, die Richtschnur der Aufrichtigkeit, der Maßstab der Gerechtigkeit, dieser war der Fürst der Unbescholtenheit. Dieser schadete niemandem, sondern er nützte allen, und er liebte die Rechtschaffenen und ertrug die Böswilligen. Und obwohl der Tugend die Zierde fehlt und bisweilen die Geduld abhanden kam, hat er dieser im Leben als Fleißiger gedient. Und dann, als ein unheilbares Übel ihn beinahe mehr als vier Jahre bedrängte und verzehrte, sprach er: Mich quält die Krankheit, und du, Christus, bleibst mir, der nur auf dich vertraut, die einzige Hoffnung auf Heil. Gib, Christus, mir Gläubigen die ewige Ruhe; dein erhabenes Licht, da du ja das Licht bist, leuchte mir. So sprach er und bald darauf beglückte Christus ihn mit dem ewigen Licht, und jener hielt die schweren Tränen in den Augen zurück. Er lebte zehn Lustren, überdies einen Monat und acht Tage, nun lebt er als Bewohner der erhobenen Himmelsburg.

C Um dem liebevollsten Ehemann ihre traurige Sehnsucht zu bezeugen, ließ die überaus betrübte Ehefrau (dieses) errichten.

Versmaß: Fünfzehn elegische Distichen (B).

Kommentar

Johann Katzsch (d. M.) (1548–1598), Sohn des Arztes Dr. Johann Katzsch (d. Ä.) und Vetter Andreas Katzschs (s. Nr. 200), war der Stammvater des noch im 18. Jh. blühenden Geschlechts der Katzsch zu Halle. Er wurde in Leipzig 1574 zum Magister Philosophiae und in Basel 1581 zum Doctor Medicinae promoviert.1) Ein Jahr nach seiner Basler Promotion hat Katzsch Margareta aus der alteingesessenen hallischen Familie Bauße geheiratet, die aber schon zwei Jahre darauf gestorben sein soll. Seine reiche Nachkommenschaft entstammt angeblich einer zweiten Ehe – wenn sich Dreyhaupt darin nicht irrt.2) Diese zweite Gemahlin wäre die Stifterin des Grabmals gewesen (vgl. C).

Textkritischer Apparat

  1. Cathara] Sic! Für Catharina.
  2. Margaris] Sic! Für Margareta.
  3. et] Olearius: et-Ligatur.
  4. (ut Vir erat vere optimus)] Klammersetzung nach Olearius.
  5. immedicablle] Sic! Für immedicabile.
  6. (dixit)] Klammersetzung nach Olearius.
  7. (Lux siqvidem es,)] Klammersetzung nach Olearius.

Anmerkungen

  1. Olearius 1667, S. 106 f.; Toepke 1881, S. 216.
  2. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 70 („Geschlechts-Register derer Katsche“); nach Dreyhaupt soll Johann Katzsch d. J. bereits 1538 geboren sein.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 3, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 116 f.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 301† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0030105.