Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 265 Salinenmuseum 1589

Beschreibung

Platte aus Stuck mit dem Porträt Luthers im Halbprofil, aus der Moritzkirche, seit 1994 als Leihgabe im Salinemuseum.1) Ein Medaillon und eine darunterliegende, querrechteckige und gerahmte Inschrifttafel durch eine Rollwerkrahmung zusammengefaßt. Auf beiden Seiten im Rollwerk je drei weibliche Figuren. Das mittlere Paar hält das Medaillon, das untere zwei Wappenschilde; darauf – seitlich des Wappenbildes – links Initialen (C) und rechts eine Jahreszahl (D). Das Medaillon mit dem Porträt Luthers umläuft eine durch Perlschnüre abgesetzte Schriftzeile mit einem Lutherzitat aus erhabenen Buchstaben (A); auf der Inschrifttafel ist der in jüngerer Zeit erneuerte Name Luthers aufgemalt (B). Unter dem Stuckrelief eine hölzerne Tafel mit einer aufgemalten Restaurierungsinschrift von 1817. Auf diese Restaurierung geht vielleicht die heutige Fassung des Reliefs und die Ausführung der gemalten Inschriften B–D zurück; sämtliche Buchstaben goldfarbig gemalt bzw. gefaßt.

Maße: H.: 74,5 cm; B.: 63 cm; Bu.: 2–2,7 cm (A), 6,7 cm (B), 1,6 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    PESTISa) · ERAM VIVVSb) · MORIENS · ERO · MORSZc) TVA · PAPAd)2)

  2. B (†)

    D(OCTOR) M(ARTINUS) LUTHER.

  3. C (†?)

    B. // V[.]

  4. D (†?)

    15//89

Übersetzung:

A Eine Krankheit war ich dir im Leben, im Tod werde ich dein Tod werden, Papst.

Versmaß: Hexameter (A).

Wappen:
Bruderschaft der Salzwirker (?)3)(C)
Bruderschaft der Salzwirker (?)4(D)

Kommentar

Die Buchstaben der Inschrift A sind derb, unregelmäßig und ohne Sporen gebildet. Als Worttrenner dienen zumeist Punkte und Quadrangel. Inschrift B ist sehr sorgfältig ausgeführt; ihre Buchstaben sind auffällig schmal proportioniert. Als Kürzungszeichen dienen Doppelpunkte.

Das Medaillon ist die älteste von drei bislang bekannten Nachbildungen jenes Porträtmedaillons, das der Goldschmied Jobst Kammerer 1553 für die Marktkirche angefertigt hat (Nr. 152FC). Abgesehen davon, daß Schrift und Ornamentik vereinfacht und vergröbert sind, entsprechen der Text der umlaufenden Inschrift und die Gesamtgestaltung weitgehend dem Vorbild. Eine zweite Nachbildung des Marktkirchenreliefs wurde aus Pappmaché 1595 (?) für die Kirche im nordthüringischen Wormstedt gemacht. Eine dritte Kopie, zu der auch eine querrechteckige Inschrifttafel gehört, befindet sich an der Kanzel von Luthers Taufkirche, der Annenkirche in Eisleben. Sie stammt wohl aus dem Jahr 1608. Die querrechteckige Tafel entspricht in Rahmung, Proportionierung und Anbringung so weit der Tafel des vorliegenden Reliefs, daß möglicherweise auch dieses für die Eislebener Nachbildung berücksichtigt wurde. Auf der Eislebener Tafel aber ist – in einer Schrift des 20. Jh. – ein Lutherzitat gemalt, wie es ursprünglich auch auf der Tafel aus der hallischen Moritzkirche gestanden haben könnte.5)

Als Wappenfiguren erscheinen Gerätschaften der Salzsiederei,6) wie sie die Bruderschaft der Salzwirker 1626 in ihrem Siegel führte.7) Die Salzwirker der Saline im „Tal“ hatten sich im späten Mittelalter in einer Brüderschaft organisiert,8) die noch heute besteht. Sie könnte der Auftraggeber des Lutherbildnisses gewesen sein.

Textkritischer Apparat

  1. PESTIS ·] Nach dem Wort zwei Quadrangel.
  2. VIVVS ·] Nach dem Wort eine Blüte.
  3. MORSZ] Die Lesung des letzten Zeichens in Form eines spiegelverkehrten Z unsicher. Es ist auf den anderen Nachbildungen des Marktkirchenreliefs nicht zu sehen.
  4. PAPA] Danach ein axialsymmetrisch aufgebautes Rankenornament.

Anmerkungen

  1. Kammer 1996, S. 40.
  2. Luther WAT 1, S. 410 (Nr. 844). Die Übersetzung nach DI 33 (Stadt Jena), Nr. 63.
  3. Befüllter Salzkorb.
  4. Salzschaufel, Salzkrücke.
  5. Sämtliche Reliefs werden vorgestellt und besprochen bei Kammer 1996, S. 38–41, 46 f. Kurze Erwähnung des vorgestellten Reliefs bei BKD Prov. Sachsen NF 1, S. 163.
  6. Vgl. Mager/Just 1995, S. 13 (histor. Abb.).
  7. Vgl. Freydank 1939, S. 54, 56 f.
  8. Freydank 1930, S. 295–297.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 265 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0026504.